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Mercedes S 500 lang im Fahrbericht
Wirklich das beste Auto der Welt?

Mercedes behauptet es, klar. auto motor und sport überprüft es, auch klar: Ist die neue Mercedes S-Klasse wieder der Maßstab in der Luxusliga? Für einen ersten Vergleich nehmen wir als Referenz den BMW 7er mit – ebenfalls mit langem Radstand.

Mercedes S 500 lang, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Kann eine Bodenwelle gleichzeitig da und weg sein? Man könnte sich jetzt in einem paradoxen Gedankenexperiment verlieren. Aber in der neuen Mercedes S-Klasse ist diese Fragestellung real: Die Augen fokussieren die Bodenwelle, die Mercedes S-Klasse fährt drüber – doch man spürt nichts.

Sie scheint einfach atomisiert, in Luft aufgelöst. Das kann kein Maybach, kein Rolls-Royce, kein Bentley – und kein BMW 7er, der hier als Benchmark mitrollt. Mercedes gelang die Revolution in Sachen Komfort, weil diese Entwicklung über das gewohnte Verfeinern weit hinausgeht. Zu Recht heißt sie Magic Carpet, also fliegender Teppich.
Doch nun die Einschränkung: Das Ganze funktioniert nur bei langen Bodenwellen, Tageslicht und bis Tempo 130. Eine Kamera sucht die Straße nach Unebenheiten ab und muss diese ähnlich wie das menschliche Auge wahrnehmen können. Nachts sieht auch die Optik nichts. Und bei höheren Geschwindigkeiten reicht die Rechnerleistung noch nicht aus, um den Hydraulikzylindern an den Federbeinen rechtzeitig die nötigen Anweisungen zum Abfangen der Bodenwelle zu geben.

Kurze Stöße wie Querfugen kann Magic Carpet in der Mercedes S-Klasse dagegen nicht verschwinden lassen – da kommt die Mechanik an ihre Grenzen. Beim Abrollen, also dem Ansprechverhalten aus der Ruhe-Position, sind nur noch jene kleinen Schritte möglich, die schon bislang von Generation zu Generation gegangen wurden. So spricht die Stahlfederung in der Mercedes S-Klasse etwas feiner an als bisher, was verglichen mit dem 7er tatsächlich zu spüren ist – und der federt schon um Längen besser als etwa ein Audi A8.

Mercedes S-Klasse kann alles außer Touchpad

Das übrigens nur für die Achtzylinder-Modelle lieferbare Zauber-Fahrwerk ist die spektakulärste Neuerung der Mercedes S-Klasse, aber bei weitem nicht die einzige. Dem Pressetext ist die Beschreibung 132 DIN-A4-Seiten wert. Selbst eine Zusammenfassung würde den Raum dieses Artikels komplett füllen. Wir beschränken uns deshalb aufs Wesentliche: Die neue Mercedes S-Klasse kommt ohne Glühlampen aus, stattdessen leuchten ausschließlich LED; außerdem wird die Intensität der Bremslichter bei Nacht zurückgeregelt, damit sie den Hintermann nicht blenden.

Ein großer Bildschirm ahmt Tacho und Drehzahlmesser nach, echte Rundinstrumente gehören der Vergangenheit an. Nun lassen sich Zusatzinformationen wie realistisch wirkende Straßenkarten einblenden, was die Aufmerksamkeit des Fahrers weniger ablenkt als der Blick auf den mittigen Monitor. Zudem gibt es jetzt in der Mercedes S-Klasse auch eine berührungsreaktive Telefon-Tastatur und die Möglichkeit, über die Spracheingabe Adressen in einem Zug anzusagen sowie sich SMS-Nachrichten vorlesen zu lassen. Wichtig für alle Handy-Süchtigen: Sie müssen nicht mehr beim Fahren am Smartphone nesteln. Ein Touchpad zum Eingeben per Finger wie im A8 suchen Kommunikations-Verliebte dagegen in der Mercedes S-Klasse vergebens.

Fond der S-Klasse ist einzigartig

Wobei: Wir reden von der Langversion der Mercedes S-Klasse. Agiert man da wirklich noch selbst? In den USA vielleicht – da zeigt man ja gerne, was man hat: je mehr/länger, desto besser. Aber in Europa dürfte der Luxusliner tatsächlich eher ein Chauffeurswagen sein. Wer also hinten in der Mercedes S-Klasse logiert, macht sich über die Bedienung des Multimedia-Systems wohl kaum Gedanken. Der will seine Ruhe, um zu arbeiten oder zu relaxen.

Wie entspannt es sich also im Fond? Am besten in den so genannten Executive-Sitzen, ähnlich dem Sessel in der Lufthansa-Businessclass. Auf Knopfdruck rutscht der Beifahrersitz nach vorn und neigt seine Lehne – bei entfernter Kopfstütze bis ans Armaturenbrett. Das schafft hinten rechts so viel Platz, dass sich der 1,80 Meter große Autor bequem ausstrecken kann.

Eine Spielerei ist dagegen das Parfümieren des Innenraums der Mercedes S-Klasse – dank austauschbarem Flakon im Handschuhfach. Entstressend wirkt eher die Hot-Stone-Massage. In Verbindung mit der äußerst potenten Sitzheizung können 14 getrennt ansteuerbare Luftkissen tatsächlich den Eindruck erwecken, dass man gerade von angewärmten Steinen sanft durchgeknetet wird. So etwas gibt es bei der Konkurrenz nicht – zumindest Audi bietet aber für den langen A8 einen ähnlichen Liegesitz an.

Mercedes S-Klasse mit absoluter Ruhe und viel Sicherheit

Einzig bei Mercedes gibt es das Gefühl, in einer eigenen kleinen Welt durch die Lande zu reisen. Mit dem satten Schließen der Tür sperren wir die Umwelt aus; ihre Einflüsse werden genau so weit durchgestellt, wie es für die Verkehrssicherheit notwendig ist. Belästigungen haben jedoch keinen Zutritt, und die Mercedes S-Klasse belästigt auch selbst nicht, etwa durch sportlichen Auspuffsound. Der Achtzylinder im Mercedes S 500 lässt jedenfalls gerade so viel Bass durchdringen, dass der 4,7-Liter-Biturbo als beruhigend machtvoll wahrgenommen wird – in der Lage, jedem Beschleunigungswunsch umgehend nachzukommen.

Antriebssysteme wirken dann souverän, wenn sie nicht auf sich aufmerksam machen müssen, etwa durch blitzschnelles, als leichten Ruck wahrnehmbares Schalten. Im Mercedes S 500 lang ist einfach immer der richtige Gang eingelegt – welcher und wie er dahinkommt, ja sogar wie viele es sind, kann den Passagieren doch egal sein. Und Limousinen sind dann souverän, wenn sie in sich ruhen, ohne eine Kurven-Kompetenz beweisen zu müssen, die in der Luxusklasse einfach fehl am Platz wäre.

So versteht sich die Mercedes S-Klasse perfekter als der BMW 7er auf das schnelle Autoreisen. Es definiert sich darüber, dass man in der kürzestmöglichen Zeit am Zielpunkt ankommt, dafür minimale Anstrengung auf sich nehmen muss und bei der Ankunft mindestens so ausgeruht ist wie bei der Abfahrt.

Dass während der Reise elektronische Schutzengel ihre Hände über die Passagieren halten, ist nicht allgegenwärtig, sondern schwingt eher in einer Art Urvertrauen mit. Und dabei schützt der Mercedes S 500 seine Insassen nicht nur mit dem derzeit umfangreichsten Technik-Arsenal – er denkt auch an die schwächsten Partner auf der Straße, die Fußgänger. Droht der Mercedes S-Klasse-Lenker einen zu übersehen, warnt der Luxusliner zunächst per Piepton. Reagiert der Fahrer dann noch immer nicht, bremst der Mercedes selbsttätig ab.

Kritikpunkte lassen sich bis zum Abend nicht ausmachen – zumindest keine, die über die klassentypischen Nachteile wie Größe, Gewicht und Preis hinausgehen. Auch wenn der umfangreiche Test erst noch aussteht, drängt sich das Gefühl auf, einen Tag mit dem besten Auto der Luxusklasse verbracht zu haben.

Nur die Mercedes S-Klasse bietet den Luxus-Fond

In der Liga der Langversionen darf der Kunde wirklich hohe Erwartungen an das Gebotene haben. Die neue Mercedes S-Klasse unterscheidet sich an einigen wesentlichen Stellen deutlich vom 7er. Auf der Rückbank bietet nur die Mercedes S-Klasse wirklichen Luxus – speziell mit dem Liegesitz und dem Ausklapptisch. Der Fond des BMW wirkt dagegen einfach nur riesig, ohne Komfort-Extras, bei denen man ehrfürchtig schweigt und genießt. Bei den Dampfhammer-Achtzylindern sind die Unterschiede gering; beide leisten in den schweren Wagen wirklich Ungeheuerliches.

Fazit

BMW Für sich gesehen ist der XL-Siebener ein toller Reisewagen, bietet sogar relativ hohe Agilität – kann in Sachen Komfort-Extras mit der S-Klasse aber nicht mithalten.
 
MERCEDES Schon das Zauber-Fahrwerk verleiht der Langversion der S-Klasse den Status des komfortabelsten Autos der Welt – am besten zu genießen in den Liegesitzen.

Technische Daten
Mercedes S 500 lang BMW 750Li
Grundpreis109.778 €101.200 €
Außenmaße5246 x 1899 x 1494 mm5219 x 1902 x 1487 mm
Kofferraumvolumen530 l500 l
Hubraum / Motor4663 cm³ / 8-Zylinder4395 cm³ / 8-Zylinder
Leistung335 kW / 455 PS bei 5250 U/min330 kW / 450 PS bei 5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h
Verbrauch8,5 l/100 km8,6 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 15 / 2024

Erscheinungsdatum 03.07.2024

148 Seiten