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Mercedes-Maybach GLS 600 (2020) Fahrbericht
SUV mit Sternchen

Der Luxus-SUV Mercedes-Maybach GLS 600 hat viele Qualitäten und ein Problem, wie der erste Fahrbericht zeigt – sein Timing.

Mercedes-Maybach GLS 600 Fahrbericht
Foto: Hersteller / ams

Für ein Auto ist es absolut in Ordnung, nur eine spitze Zielgruppe zu bedienen. Für einen Hersteller wie Mercedes sind solche Modelle sogar ein Muss, denn schließlich gehört es zur Premium-Marke von Welt, hin und wieder mal richtig einen rauszuhauen. Einfach um zu zeigen, was geht. Ein Auto, das seinen ureigenen Zweck, den Transport von Mensch und Gut, mal eben in Vergessenheit geraten lässt. Genau so ein Apparat ist der zum Maybach gesalbte GLS – und was machen wir? Fahren ihn trotzdem. Als wäre er ein ganz normales Auto.

Unsere Highlights

Ist er aber nicht. Das zeigt schon der Blick in den Innenraum. Der Kollege von Mercedes raunt verstohlen: "In diesem Interieur stecken Optionen und Extras im Wert von rund 35.000 Euro." Allein das weiße Exklusiv-Leder kostet 150 Hunderter und obwohl dieser Vergleich so alt ist wie das Luxus-Segment selbst: Das ist der Gegenwert eines neuen VW Polo. Dafür ist am Ende aber auch wirklich jeder Quadratmillimeter beledert. Und es gibt hier wirklich viele Quadratmillimeter.

Größe und Raum

Rein äußerlich schluckt der Maybach GLS mit seinen 5,20 Metern Länge und 2,20 Metern Breite eine Fläche, die manchem Hipster als Bauplatz für ein Tiny-House gereicht hätte. Die majestätische Optik unterstreichen die obligatorischen Insignien wie der verchromte Vielspeichen-Grill und die opulenten 22-Zöller (die es optional noch eine Nummer größer gibt). Aber, nanu? Was ist denn das auf der Haube? Etwa ein Mercedes-Stern? Wehe Sie blasphemieren jetzt, das sei doch nichts besonderes. Dieser Maybach GLS ist der erste SUV, der das prominente Logo nicht zentral im Grill trägt, sondern eben Oldschool eine Etage höher.

Mercedes-Maybach GLS 600
Daimler
Den Stern trägt kein anderer Mercedes-SUV auf der Haube. Das darf nur der Maybach GLS 600.

Drinnen fühlt man sich auf dem Fahrersitz an seine Studentenbude erinnert. Natürlich reihen sich hier nicht Pizzakartons an Energydrink-Dosen, sondern es geht um die Platzverhältnisse. Es gibt Wohnungen, die sind kleiner als sich das Interieur des Maybach-SUV anfühlt. Das betrifft die VIP-Sitze im Fond mehr als alles andere. Denn das das Gestühl sitzt verglichen mit dem Standard-GLS zwölf Zentimeter weiter hinten und etwas in die Mitte gerückt, um nach allen relevanten Seiten mehr Platz zu bieten. Die dritte Sitzreihe warf Maybach dafür natürlich ohne mit der Wimper zu zucken aus dem GLS – viel zu profan. Und ohne Tür nach hinten krabbeln ist für Maybach-Kunden nix. Aber auch vorne möchte man selbst zur etwaigen Kommunikation mit dem Beifahrer am liebsten ein Schnur-Telefon verwenden, um die Distanz zu überbrücken.

Das Timing-Problem

Neben seinen unendlichen Weiten offenbart der Innenraum aber auch das Timing-Problem des Luxus-SUV. Unter dem Maybach-Label fährt parallel nämlich ganz neu die auch S-Klasse, die als Technologie-Komet das neuste MBUX und das modernste Cockpit-Layout trägt. Dazu gibt es clevere Innenraum-Assistenten, die das Verhalten der Insassen vorausahnen können. All das bleibt dem GLS verwehrt, und damit wirkt er irgendwie angestaubt. Nicht falsch verstehen: Das fühlt sich trotzdem hochwertig an. Nur eben ein bisschen wie Massivholzmöbel, zu dem man nach ein paar Jahren sagt: Das ist doch noch gut! Absurd, weil man von "alt" ja nicht sprechen kann, schließlich kam die aktuelle GLS-Generation erst Ende 2019 auf den Markt.

Mercedes-Maybach GLS 600 Fahrbericht
Hersteller / ams
Dass vorne nicht das aktuellste MBUX arbeitet, dürfte den Passagier hinten rechts kaum interessieren. Der ist mit Entspannen beschäftigt.

Der Fahreindruck ist da eine ganz andere Geschichte. Alles andere als angestaubt. Unter der mächtigen Haube sitzt die Vierliter-Allzweckwaffe mit acht fröhlichen Zylindern und 557 PS. 730 Newtonmeter schieben den 2,8-Tonnen-Koloss nicht tosend, aber mit Nachdruck an. Tatsächlich dringt der Arbeitseifer des V8 überraschend gut in den Innenraum – was nicht sonderlich stört, denn der Motor klingt durchaus, als hätte er Spaß bei der Arbeit. In 4,9 Sekunden geht es auf Tempo 100. Damit kostet ein Sprint-Zehntel in Maybach-GLS-Gestalt mindestens rund 3.100 Euro. Unser Testwagen übersteigt den Basispreis von 156.000 Euro allerdings ein beachtliches Stück. Er wartet in der Gegend um 230.000 Euro auf einen Investor. Geht noch mehr? Bei der Ausstattung vielleicht, beim Motor nicht. Auch hier bleibt der GLS hinter der Maybach S-Klasse zurück, die als Exklusiv-Aggregat den Zwölfzylinder auftragen darf. Dem SUV ist das nicht vergönnt.

Distanz wahren

Dafür sind aber auch alle fahrdynamischen Kniffe an Bord, die das Portfolio hergibt. Das Luftfahrwerk zeigt im nobelsten aller GLS, was es im Zusammenspiel mit der Bordelektronik zu leisten vermag. Dass es einen Comfort-Modus gibt, ist klar. Aber kennen Sie schon den Maybach-Modus? Der geht noch einen Schritt weiter, um den Fond-Passagieren das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten. Der erste Gang wird ausgespart, Start-Stopp deaktiviert – keinerlei Vibration soll die Insassen belästigen. Dem viel besungenen Gefühl eines fliegenden Teppichs kommt vermutlich kein anderes Setup näher als dieses. Asphalt-Unebenheiten? Welcher Asphalt überhaupt? Im Maybach GLS spürst du rein gar nichts. Weiter kann man sich in einem Auto von der Umwelt nicht distanzieren.

Mercedes-Maybach GLS 600
Daimler
Wer Maybach GLS fährt, spürt von der Straße nicht viel. Wer nur mitfährt, spürt sogar noch weniger.

Erstaunlich ist bei aller Opulenz schnelle Eingewöhnung. Dieser entkoppelte Zustand geht nach wenigen Kilometern genau so in Fleisch und Blut über, wie das Abschätzen der Abmessungen. So gelingt auch das Gezirkel durch verengte Dorfstraßen problemfrei. Warum auch nicht? Die Glasflächen und Außenspiegel sind groß genug, um einen Überblick zu geben und an der Front hilft.. na?.. genau: Der Stern. Ansonsten bekommt der Fahrer vom Auto nichts mit, wenn er das nicht möchte. So fällt auch überhaupt nicht auf, dass zwischen 800 und 3.250 Umdrehungen nur vier Zylinder arbeiten. Der Übergang im Betrieb geschieht außerhalb der bewussten Wahrnehmung des Fahrzeugführers. Sobald der eine anderslautende Leistungsanfrage zur Debatte stellt – also kräftig auf's Gas tritt – genehmigt sich der große GLS sowieso die übliche Gedenksekunde bevor die 2,94 Quadratmeter Stirnfläche ein Loch in die Luft drücken. Fast so, als wäre er ein ganz normales Auto.

Umfrage
Wenn Luxus, dann ...
7556 Mal abgestimmt
... schon den Maybach GLS 600.... schon lieber die Maybach S-Klasse.

Fazit

Es zeigt sich: Luxus bleibt bei Mercedes Geschmackssache. Wer das SUV-Gefühl bevorzugt, oder einen Landsitz bewohnt, der nicht über befestigte Straßen erreicht werden kann, wird sich in den Maybach GLS setzen. Alle anderen Besserverdiener, Technologie-Freaks und Zwölfzylinder-Fans, wählen die Maybach-S-Klasse.

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