Das große Coupé ist nur noch leicht verklebt, nicht mehr wirklich getarnt. Es gibt seine Formen preis, präsentiert seine vitalen Schultern, seinen formvollendeten Dachschwung, die wohl austarierten Proportionen und die flächigen Weiten. Letztere verleihen einem Coupé diese zeitlose Schwere, die es mit den Jahren zum Klassiker reifen lässt.
Doch das alles nimmt dem Neuen nichts vom Rechtfertigungs-Druck. Wir erinnern uns: Der CLK wollte als zweitürige E-Klasse wahrgenommen werden, war aber nur eine Variante der C-Klasse. Das haben viele Fans der Marke übel genommen – weshalb es nun wieder ein eigenständiges Coupé zwischen C- und S-Klasse gibt.
Es basiert tatsächlich auf der E-Klasse; doch bereits diese teilt sich die Architektur der Bodengruppe mit der kleineren Limousine. Die optionale Luftfederung mit Dreikammersystem bleibt allerdings der E-Klasse und ihrem Coupé vorbehalten. Das ist Versuchsleiter Peter Kolb wichtig.
Während er uns das Timmelsjoch hinauf chauffiert, erläutert er die Abstimmung. Sie ist prinzipiell etwas straffer als in der Limousine – Coupé-Kunden fahren laut Kolb gerne etwas sportlicher. Dennoch müsse ein großer Mercedes einen guten Langstreckenkomfort bieten. Letzterer lässt sich auf den verschneiten Straßen mit seiner festgefahrenen Schneedecke nicht beurteilen, wohl aber die hervorragende Traktion des optionalen Allradantriebs.
33 Millimeter mehr Radstand im Vergleich zum C-Klasse-Coupé ermöglichen zwei vollwertige Sitzplätze im Fond. Dank Easy-Entry (elektrisch) gelingt das Hineinklettern auf die Rückbank halbwegs menschenwürdig. Man könnte wohl zu Viert in den Urlaub verreisen. Dennoch liegt der Wohlfühl-Fokus eindeutig auf den Vordersitzen.
Hier zeigt sich das E-Coupé von seiner luxuriösen Seite, bleibt der Blick an den Luftausströmern der Klimaanlage hängen. Sie wurden extra für den Zweitürer gestaltet, haben eine metallisch-geriffelte Umrandung.
Beim Betätigen merkt man, dass es nur beschichteter Kunststoff ist; doch beim Bewegen ertönt dieser metallische Klick, mit dem Audi dereinst die Innenraum-Designer der Konkurrenz unter Druck gesetzt und die Maßstäbe bei der Qualitätsanmutung verschoben hatte. Sehr zur Freude (auch) der Mercedes-Kunden. Sie genießen das dezent-luxuriöse Ambiente, für das ein E-Coupé immer stand.
Es stellt sich auch durch das offenporige Holz mit seiner fühlbaren Maserung ein – eine unbedingt empfehlenswerte analoge Zutat, um den Innenraum weiter zu veredeln. Ob man dagegen die Neuerungen der digitalen Welt in einem Klassiker der Moderne benötigt? Gute Frage, es gibt sie zumindest: etwa das teilautonome Fahren inklusive Spurwechsel sowie die Display-Instrumente.
Und NFC (Near Field Communication); damit übernimmt das Smartphone die Funktionen eines Schlüssels, öffnet und schließt den Wagen. Dann hält man das Smartphone an die Türe des Coupés, das so wunderbar unbemüht elegant ist. Und plötzlich wirkt NFC einfach nur bemüht hip. Doch ein Hipster, das war ein E-Klasse-Coupé nie.