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Mercedes CLA 220 CDI und C 200 CDI im Fahrbericht
Bruderkampf mit Diesel-Herz

Komfortabler und größer als die Mercedes A-Klasse, je nach Version über 4.000 Euro günstiger als die C-Klasse: Spielt der CLA seine Geschwister so lässig an die Wand, wie er aussieht?

Mercedes CLA 220 CDI, Mercedes C 200 CDI, Frontansicht
Foto: Achim Hartmann

Für gewöhnlich parken Stufenheck-Limousinen, alle Marketing-Bemühungen ignorierend, weiterhin vorwiegend Sonntagnachmittag vorm Café Waldesruh im Hunsrück oder zur Ferienzeit vor der Pension Gertrud im Markgräflerland. Der Mercedes CLA hingegen soll neue Käuferschichten für die Marke begeistern, und zwar dort, wo die C-Klasse bislang als zu teuer (USA) oder zu bieder (Europa) empfunden wurde – oder beides zusammen.

Mercedes CLA mit gleichem Radstand wie die A-Klasse

Der 4,63 Meter lange Viertürer basiert auf der Frontantriebsarchitektur des Konzerns und verfügt mit 2,70 Metern über denselben Radstand wie die A-Klasse. Also pappten die Schwaben dem Kompakten einfach nur einen Rucksack ans Heck? Ein erster Blick genügt, um zu erkennen, dass dem nicht so ist. Vielmehr bekommt nun der lange Vorderwagen durch die fließende Dachlinie das formale Äquivalent – da stimmen die Proportionen. Dennoch teilen sich A und CLA rund 70 Prozent aller Bauteile, was zur Rentabilität des neuen Ablegers erheblich beiträgt. Ein erster Blick genügt allerdings auch, um festzustellen, dass so kein Raumwunder entstanden sein kann. Wenn also der potenzielle Mercedes CLA-Käufer gedenkt, Mitreisende über 1,75 Meter Größe auf längeren Etappen – sagen wir über einen Kilometer – regelmäßig mitzunehmen, sollte er sich gleich der C-Klasse zuwenden.

In der deutlich konservativer gestylten Limousine bietet der Fond spürbar mehr Platz, was weniger für die Beinfreiheit, sehr wohl aber für die Innenhöhe gilt. Der für 2014 erwartete Nachfolger dürfte hier sicher noch geräumiger ausfallen. Bei Größe und Variabilität des Kofferraums schenken sich beide indes nicht viel. Rückenlehne ein Drittel zu zwei Drittel auf die Bank fallen lassen, unebene Ladefläche – fertig. Sowohl die 470 Liter des Mercedes CLA wie die 475 des C reichen für das meiste Urlaubsgepäck.

Starker Dacheinzug ohne Probleme

Und in der ersten Reihe? Hier fallen der stärkere Dacheinzug und die niedrigere Innenhöhe des Mercedes CLA nicht störend auf, das Platzangebot passt. Wo ist eigentlich der Schalthebel hin? Beim im Mercedes CLA 220 CDI (und 250 Benziner) serienmäßigen Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe ragt er aus der Lenksäule und schafft so in der Mittelkonsole Platz für ein zusätzliches Fach. Ganz konventionell dagegen: das Sechsganggetriebe der übrigen Motorvarianten.

Weniger konventionell gibt sich der Mercedes CLA auch beim Design der Instrumententafel, obwohl sie prinzipiell aus der A-Klasse stammt. Unter anderem hebt er sich mit dreidimensional ausgeformten, gut ablesbaren Rundinstrumenten, einem mehrfarbigen Zentraldisplay und verchromten Bedienelementen von der Basis ab. Ach, wo wir jetzt schon mal hier sind – Motor an, und los geht’s zur ersten Vergleichsfahrt.

In beiden Modellen arbeitet jeweils ein Vertreter der Vierzylinder-Dieselfamilie mit 2,1 Liter Hubraum: dank zwei Turboladern 170 PS stark im Mercedes CLA 220 CDI, mit nur einem Lader und 136 PS Leistung im C 200 CDI. Von außen klingen die beiden Triebwerke in etwa wie eine Nähmaschine zur Zeit der Industrialisierung. Doch innen ist die Geräuschdämmung ganz ordentlich. Das schwächere Aggregat erweist sich als das harmonischere. Bessere Manieren schaden allerdings hier wie dort nicht. Bessere Fahrleistungen scheinen dagegen nicht vonnöten. Was beim 1,5 Tonnen schweren Mercedes CLA noch nachvollziehbar klingt, verwundert beim hinterradgetriebenen C 200 CDI – bis zum Blick auf die technischen Daten. Der Direkteinspritzer entwickelt ein maximales Drehmoment von 360 Newtonmeter und damit 10 Nm mehr als der leistungsstärkere Mercedes CLA, der seine Kraft auf die Vorderräder überträgt und dennoch deutlich stürmischer loslegt. In 8,2 Sekunden soll der Spurt von null auf 100 km/h erledigt sein (C 200 CDI: 9,1 Sekunden), wobei auch hier eher der kräftige Durchzug als etwa ausgeprägte Drehfreude zu den guten Fahrleistungen beiträgt. Die Gangwechsel sollten dabei über die griffgünstigen Schaltpaddel am Lenkrad manuell ausgeführt werden, da in den beiden Automatik-Modi das 86 Kilogramm schwere Getriebe entweder unangemessen träge oder etwas übermotiviert agiert.

Ebenfalls etwas unharmonisch: die Start-Stopp-Funktion. Daran können auch die beiden eigens dafür integrierten Ölpumpen (eine elektrische und eine hydraulische) nichts ändern. Und bei der C-Klasse? Hier arbeitet noch die Siebengang-Wandlerautomatik komfortabel und völlig stressfrei – allerdings auch bei manueller Betätigung. Wie überhaupt aus jeder penibel verarbeiteten Oberfläche und knarzfreien Verkleidung das gute alte Mercedes-Flair strömt und zusammen mit dem angenehmen Federungskomfort sowie der brav rückmeldenden, aber eher indirekten Lenkung Fahrspaß diesseits von Dynamik vermittelt.

Der Mercedes CLA imitiert dagegen beinahe einen Sportwagen, obwohl ihm die betont sportliche Fahrwerksauslegung der A-Klasse verweigert wurde. Zum Glück, möchte man sagen, denn mit der gewählten Abstimmung beweist Mercedes, dass die neue Kompaktklasse doch Komfort beherrscht – selbst mit der optionalen 18-Zoll-Bereifung des Testwagens.

Über lange Bodenwellen schwingt der Mercedes CLA lässig hinweg, ohne sich starken Vertikal-bewegungen hinzugeben. Magenirritierendes Schaukeln? Ach was. Über Querfugen und spitze Verwerfungen des Asphalts poltert die Limousine – die übrigens gerne ein Coupé wäre, was die Anzahl der Türen allerdings vereitelt – nicht mehr wie ein trotziges Kind hinweg, zeigt hier erstmals Reaktion statt Ignoranz. Adaptive Dämpfer? Weiterhin nicht zu haben, in diesem Fall allerdings auch nicht nötig, denn selbst die Fahrdynamik leidet kaum unter dem Zugewinn an Komfort.

Direktlenkung im Mercedes CLS bleibt steril

Die serienmäßige Direktlenkung im Mercedes CLA kann sich zwar nicht ganz von der bauarttypischen (elektromechanischen) Sterilität befreien, befolgt jedoch Lenkbefehle mit geradezu militärisch-zackigem Gehorsam. Präzise Kurvenradien? Kein Problem, sie werden im Grenzbereich mit mild untersteuerndem Eigenlenkverhalten abgearbeitet. Der Mercedes CLA vermittelt den Eindruck eines guten Kumpels, der nicht nur feste auf die Schulter klopft, sondern auch einfach nur mal zuhören kann. Kein knallharter Agilitäts-Fetischist, der bei der Härteprüfung doch nicht hält, was er verspricht, sondern ein smarter Alltags-Dynamiker – toll. Sportfahrwerk? Ja, das steht wiederum in der Aufpreisliste, benimmt sich ebenfalls gesitteter als das der A-Klasse, ist aber irgendwie ziemlich entbehrlich. Standard-Abstimmung, große Räder – fertig.

Zumal es eine konzeptbedingte Schwäche ohnehin nicht ausmerzen könnte: Traktionsprobleme wegen des Frontantriebs. Die bleiben nun einmal, wenngleich sie im Mercedes CLA erst bei Nässe wirklich stören. Als Alternative bietet Mercedes den Allradantrieb 4matic an, der vorerst nur für den 204 PS starken Benziner reserviert bleibt. Hinter vorgehaltener Hand räumen die Baureihenverantwortlichen jedoch ein, dass nichts dagegen spricht, dieses Angebot bis hin zum ebenfalls vorgesehenen 180 CDI auszurollen – für voraussichtlich rund 1.800 Euro extra.

Übrigens: Vom beachtlichen cW-Wert 0,23, den der Hersteller für den ab Juni lieferbaren Mercedes CLA 180 Blue Efficiency Edition angibt, bleibt beim vorläufigen, allradgetriebenen Topmodell nicht mehr viel übrig: Die üppigeren Kühlöffnungen in der Front und in der Unterbodenverkleidung sowie die größeren Räder treiben den Wert auf 0,29.

Natürlich lässt sich noch einiges an Aufgeld im Mercedes CLA versenken – sei es für ausgefallene Sitzbezüge oder für allerlei Fahrerassistenzsysteme. Doch eine Klimaanlage, ein Radio, das sensibel regelnde ESP und den jetzt bereits ab sieben statt 30 km/h aktiven Kollisions-Verhinderungs-Assistent bringt bereits das 28.977 Euro teure Basismodell (220 CDI: 37.991 Euro) mit.

Damit unterbietet der Mercedes CLA die C-Klasse recht deutlich, schließt hinsichtlich Qualität und Sicherheit zum großen Bruder auf und setzt mit seinem ausgewogenen, agilen Charakter einen interessanten Kontrapunkt. Da zudem der Komfort stimmt, könnte also der Mercedes CLA tatsächlich neue Käufergruppen ansteuern – wie vom Marketing gewünscht.

Ist der CLA die bessere C-Klasse?

Nein. Das familieninterne Verhältnis entspricht in etwa dem von CLS und E-Klasse. Einer konzentriert sich auf Nutzwert und Komfort, der andere auf Design – und im Fall des CLA auch auf die Fahrdynamik. Nächstes Jahr kommt übrigens die neue C-Klasse.

Was kann der Mercedes CLA besser als die A-Klasse?

Vor allem besser federn, ohne dabei die anerkannt hohe Agilität über Bord zu kippen. Hinzu kommt der geräumige Kofferraum sowie das hochwertigere Cockpit. Mehr Platz im Innenraum? Fehlanzeige. Hinten geht es sogar noch enger zu als in der A-Klasse.

Wie ist die Preis-Leistungs-Bilanz?

Wie das eben so ist bei Mercedes – billig geht nicht. Rund 5.000 Euro teurer als das Basismodell er dagegen um mehr als 4.200 Euro (beim Basis-Benziner).

Für wen passt der CLA?

Menschen, die Optik und Fahrdynamik einen höheren Stellenwert einräumen als Funktionalität. Sie können sich ihren CLA auch mit extravaganten Sitzbezügen im Design "Neon Art" und matter Lackierung ordern, wie sie beispielsweise das Sondermodell "Edition 1" zum Marktstart trägt.

Hat der CLA Mercedes-Tugenden?

Definitiv. Die Limousine lässt sich mit einer Vielzahl moderner Assistenzsysteme wie beispielsweise einem Abstandsregeltempomat oder dem so gennaten Pre-Safe-Paket aufrüsten. Notbremsassistent und sieben Airbags sind Serie. Ebenso mercedestypisch: hochwertige Materialien und eine knisterfreie Verarbeitung.

Fazit

Mercedes C-Klasse: Ein typischer Mercedes, zumindest nach der bisherigen Definition – geräumig, komfortabel und sicher. Der kleine Diesel reicht übrigens völlig.
Mercedes CLA: Nicht nur modern, sondern sogar richtig modisch tritt die neue Limousine auf und verkörpert durchaus Markenwerte wie Sicherheit und Solidität. Wer die hinteren Sitzplätze nur selten nutzt, findet hier tatsächlich eine – günstigere – Alternative zur C-Klasse.

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