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Maserati GranCabrio
760 Elektro-PS oder 550 Verbrenner-Pferde?

Richtige Cabrios mit Elektroantrieb sind aktuell keine am Markt, denn der kleine Faltdach-Fiat zählt nicht und der MG Cyberster lässt noch auf sich warten. Jetzt geht’s zumindest im Luxussegment mit dem Maserati GranCabrio Folgore los, den wir zum Auftakt gleich mal zusammen mit der Verbrennervariante Trofeo fahren.

Die Eckdaten des 1.895 kg schweren GranCabrio Trofeo mit Nettuno-V6: 2.992 cm³, 550 PS, 650 Nm und Allradantrieb mit elektronisch geregeltem Sperrdifferenzial hinten. Die elektrische Folgore-Variante kombiniert einen Vorderachs- mit zwei Hinterachsmotoren, die alle bis zu 300 kW leisten können. Der 92,5-kWh-Akku kann laut Datenblatt für einige Momente bis zu 610 kW liefern und im Regelfall maximal 560 kW, was umgerechnet eine Systemleistung von 760 bis 830 PS bedeutet. Und trotz Einganggetrieben gibt Maserati eine Höchstgeschwindigkeit von 290 km/h an.

Unsere Highlights

Die Preise? 209.000 Euro der Folgore, 235.000 Euro der 316 km/h schnelle Trofeo. Ja, der Verbrenner ist teurer und kostet ungefähr so viel wie ein 911 Turbo Cabriolet mit 580 PS.

Leistungsanstieg trotz dicker Elektromuckis

Unterwegs sind wir überwiegend auf italienischen Bergpisten, die in Dauerschleife mittelenge und spitze Kurven kombinieren. Das ist die Sorte Straße, die schon pure Sportmaschinen fordert, dementsprechend gilt das doppelt und dreifach für den 2,3-Tonnen-Folgore.

Dessen Leistungsexzesse spielen wegen der meist kurzen Geraden eine Nebenrolle. Trotzdem: Den Volle-Suppe-Modus Corsa aktivieren, das ESP lockern und beim Torque-Vectoring die aggressivste Stufe "agil" auswählen – und dann ab dafür. An manchen Stellen kannst du auch mal Vollstrom geben: Da geht’s verzögerungsfrei und massiv vorwärts, aber E-Auto-untypisch noch mit einem leichten Leistungsanstieg, statt nur die Drehmomentbombe zu zünden. Der Anstieg passt gut zum Streckenverlauf, dämpft die potenzielle Überforderung, nimmt dem E-Antrieb aber schon etwas von seinen Hau-drauf-Qualitäten. Auf diesen Strecken fühlt sich das jedenfalls trotz der heftigen Beschleunigung nicht nach 1.350 Nm an. Aber: Im Datenblatt steht was von null auf 200 km/h in 9,1 Sekunden (Trofeo: 12,2 s). Ziemlich zügig also.

Feinstes Doppelmotor-Torque-Vectoring

Über Land beeindruckt vor allem das in Anbetracht des hohen Gewichts außergewöhnliche Handling. Das Luftfahrwerk bewerkstelligt einen hervorragenden Gran-Turismo-Komfort, trotzdem bekommt der Folgore mit seinem tiefen Schwerpunkt selbst zackige Lenkimpulse sehr direkt umgesetzt. Und am Scheitel kannst du per Strompedal das Heck weich und leicht kontrollierbar ein Stückchen nach außen drücken. Etwas gegenlenken musst du dann schon, aber das Torque-Vectoring übertreibt nie – es liefert schlicht die im Fahrmodusmenü versprochene Agilität, ohne die Chose ausarten zu lassen.

Das Zusammenspiel aller drei Motoren nimmt noch in anderen Querdynamiksituationen aktiv Einfluss, allerdings weniger offensichtlich. Wenn du beispielsweise spürst, dass der Vorderachse gleich das Führungsvermögen ausgeht, löst das Antriebstrio einen Impuls aus, der den Folgore in einer flüssigen Bewegung wieder auf den angelenkten Kurs drückt.

Das V6-Fahrerlebnis im Vergleich

Zum E-Cabrio gibt’s noch einiges zu berichten – wir wechseln jetzt aber zunächst in den Trofeo, in dessen sportlichstem Modus es keine Unteroptionen für das elektronisch geregelte Sperrdifferenzial gibt. Während du im E-Maserati die Riesenwippen nur gelegentlich mal fürs Setzen der Rekuperationsstufe nutzt, steuerst du hier damit die zügige ZF-Achtgangbox. Wie die im Automatikmodus arbeitet? Keine Ahnung, die herrliche Schalterei mit den feststehenden Aluschaltern ist ein viel zu elementarer Teil des Fahrspaßpakets, ergo wird über die Getriebetasten der manuelle Modus aktiviert und basta – zumindest bei limitierter Fahrzeit.

Neben der Zupferei sind es natürlich auch die Explosionen im Benziner, die viel ausmachen. Der Nettuno-V6 musiziert weniger krawallig als die V8 der Marke, aber voluminöses Fauchen und ein bisschen Abgasanlagen-Popcorn gibt’s schon auf die Ohren – und das hat nach dem Raumschiffgesurre des Folgore schon was von einer Wohlfühlkur.

Defizite im Ansprechverhalten

Der 2.992-cm³-Motor sorgt allerdings auch an anderer Stelle für ein ziemlich heftiges Kontrastprogramm. Denn der hat zwar auch mächtig Dampf, dreht freudevoll und regt die Laune ganz anders an als es E-Antriebe können. Nur lassen sich die beiden Turbolader ein, zwei Momente Zeit mit dem Druckaufbau. Selbst wenn du im Schubbetrieb am Scheitel fast 4.000 Touren anliegen hast, kannst du das Hinterteil trotz hecklastiger Allradauslegung nicht nur mit dem Gas agilisieren, weil der Drehmomentschub zu spät einsetzt.

Die leichte Rutscherei entfällt ergo, dafür spürst du die leichtfüßigeren Bewegungsabläufe des 445 kg leichteren Frontmittelmotor-Trofeo überall, ziehst jedoch nur in Wechselkurven einen Performance-Vorteil daraus. Das gilt zumindest auf Landstraßen und liegt vor allem daran, dass schon der Folgore so zackig einlenkt und seine schweren Knochen im Kurvenverlauf auf hohem Niveau kontrolliert. Aber, wie gesagt: Im Fahrgefühl macht das Mindergewicht immer viel aus. Außerdem laufen zwar beide Lenkungen flüssig, aber die leichtgängigere des V6-Cabrios spielt zumindest ein bisschen was an Rückmeldung ins Lenkrad.

Mach doch mal langsam! Entspannt am See entlang

Wenn’s einfach nur ums lockere Offenfahren geht, dann macht der Antrieb in manchen Situationen kaum einen Unterschied. Du rollst mit konstant 70 km/h die Küste entlang? Dann ist’s mit dem Wust an Cabrio-Fahrgeräuschen im Folgore nahezu gleichlaut, nur eben ohne V6-Note. Das gilt weitgehend auch innerorts, denn auch hier rauschen Wind und Reifen – wobei die Nettuno-Geräusche hier selbst beim sachten Beschleunigen eine prominente Rolle im Soundtrack einnehmen. Übrigens: Keiner der beiden hat auf den teils arg pflegebedürftigen Straßen auch nur ein Knarzgeräusch von sich gegeben. Auf denen wirkt sich das hohe Gewicht des Elektroautos offenbar positiv auf den Federungskomfort aus, denn das verarbeitet die Unebenheiten noch eine Idee satter und gelassener.

Maserati GranCabrio
Maserati

​​Die Sitzposition der beiden Versionen unterscheidet sich subjektiv gar nicht: angenehm niedrig, gute Lenkradpositionierung.

Die Elektroauto-Eigenschaften des Folgore

Dessen E-Auto-Technik liefert noch einigen Gesprächsstoff. Etwa, dass im Tachodisplay die Akkutemperatur inklusive Verlaufskurve angezeigt wird. Vorkonditionieren geht auch, allerdings nicht manuell, sondern nur mit per Navigation angewählter DC-Ladestation. Dort fließt der Strom laut Maserati mit maximal 270 kW in das 92,5-kWh-Akkupaket, das im T-Format unten im Auto sitzt. Die 800-Volt-Technologie soll den Akkustand in 18 Minuten von 20 auf 80 Prozent heben, am AC-Lader verspricht Maserati 22 kW – testen konnten wir weder noch. Die Reichweite? 447 Kilometer im WLTP-Zyklus bei einem Verbrauch von 22,4 kWh/100 km.

Einfache Bremsdosierung, kein Einpedalmodus

Sauber abgestimmt hat Maserati zudem die Brake-by-Wire-Anlage. Nicht nur beim Trofeo, sondern auch beim Folgore, bei dem das wegen der Rekuperation eine größere Herausforderung darstellt. In beiden Autos gilt: Die Dosierung gelingt bei starken Bremsvorgängen genauso intuitiv wie beim ruckfreien Anhalten. Das rückmeldungsfreie Pedalgefühl solcher Systeme bleibt aber.

Ganz ohne Bremspedaleinsatz kann man den Folgore mangels Einpedalmodus nicht fahren, wenngleich die höchste der vier Rekuperationsstufen mit bis zu 0,65 g stattlich verzögert.

Die restlichen Notizen

In der digitalen Zettelwirtschaft steht etwa noch, dass das Verdeck zügig öffnet, dir das aber länger vorkommt, weil du währenddessen auf den unteren Touchscreen drücken musst. Wenn das Verdeck dann verstaut ist, passt in den Kofferraum noch die Ladekabeltasche und zwei Rucksäcke, viel mehr nicht. Frunk? Fehlanzeige. Wo das Wischwasser reinkommt? Bei den Scheibenwischern sitzt ein kleiner Gummistopfen. Die Rücksitze? Die sind eher für Kinder oder weiteres Gepäck.

Neben Sitzklimatisierung und Lenkradheizung gibt’s im Infotainment auch die Funktion "Halstuch", die anderswo Airscarf heißt – da pustet’s dir halt warme Luft an den Nacken. Wichtiger: Im Folgore sitzt du genauso angenehm tief wie im Trofeo. Die Verarbeitungsqualität? Leder überall, viele schicke Materialien. Die Tasten in der Türe und auf dem Lenkrad sind jedoch glanzschwarz und wirken so wie die vieler Kleinwagen. Und zuletzt die Rundumsicht: Mit offenem Verdeck passt alles, nur sind die A-Säulen ziemlich mächtig und die fahrerseitige stört in manchen Linkskurven. Dafür hast du einen guten Blick auf beide Kotflügelhöcker, die Teil der massiven Alumotorhaube sind (das Bauteil misst 3,2 m²). Außerdem gibt’s anständig auflösende Surround-Kameras.

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Fazit

Der Folgore unterhält mit einem für Landstraßen spaßig abgestimmten Torque-Vectoring über die beiden Heckmotoren. Außerdem kurvt er weitgehend auf dem Niveau des Trofeo und fühlt sich dabei sportlich an. Auch praxisnah abgestimmt ist der mächtige Antrieb, der beim Beschleunigen über Land einen kleinen Leistungsanstieg darstellt. Im V6-Cabrio verhindert das nicht genügend direkte Ansprechverhalten des Biturbo-V6 meistens, dass du die Hinterachse am Kurvenausgang mit dem Gas ein wenig umpositionieren kannst. In der Konsequenz bist du mit ihm überwiegend neutral unterwegs. Dafür wirkt er im Fahrgefühl leichtfüßiger und hat die kommunikativere Lenkung. Außerdem schraubt er den Fahrspaß mit den grandiosen Schaltwippen nach oben, die du hier eben permanent nutzt – und wenn in den Bergen Nettuno-Beat und Auspuffnote gegen die Felsen klatscht, dann klingt das garantiert herzerwärmender als E-Motor-Geheule mit (wenigstens zurückhaltendem) Raumschiffgesause.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 14 / 2024

Erscheinungsdatum 20.06.2024

148 Seiten