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Land Rover Defender Fahrbericht
Die Gelände-Ikone mit Automatikgetriebe

Schluss mit schalten: der ehrwürdige Kult-Geländewagen Land Rover Defender lässt sich jetzt auch mit Automatikgetriebe ausrüsten. Wir haben das neue Fahrgefühl ausprobiert.

Land Rover Defender 110 TD4 / MD4 Matzker Automatik
Foto: V. Kloubert

Sechs Gänge sind im Land Rover Defende Td4 zu sortieren, und nicht immer kommt dabei Freude auf. Lastwechselreaktionen, der sehr kurze Erste, das störrische Verhalten bei Kälte – man merkt der Zahnradbox an, dass sie aus dem Transportgewerbe stammt. Nicht nur deshalb wünscht sich mancher Landy-Fahrer einen Automaten.

Automatik im Gelände besser

Eine Automatik nimmt einem nicht nur im Alltag viel Arbeit ab, ob im Großstadt-Dschungel oder beim stop-and-go im Autobahn-Stau. Sie ist vor allem im Gelände die bessere Lösung. Besonders die behutsame Gangart, langsames und gefühlvolles Überklettern von Hindernissen oder das sanfte Anfahren im Hang gelingt mit einem Wandler-Automaten einfach besser. Dazu kommen weitere Vorteile: Der kraftschlüssige Vortrieb beispielsweise – jeder, der schon einmal eine Automatik im Tiefsand gefahren hat, wird diesen Umstand ganz besonders schätzen.  Nicht zuletzt profitiert natürlich auch die Leistung als Zugfahrzeug, was sich besonders beim Defender mit seinen 3,5 Tonnen Anhängelast entsprechend auswirkt.

Unsere Highlights

Bei Land Rover stößt man mit diesen Argumenten allerdings auf taube Ohren: Defender bedeutet Schaltgetriebe, basta. Also ein klassischer Fall für Umrüster. Amadeus Matzker hat sich dem Problem nach Art des Hauses angenommen und einen besonders ausgetüftelten Umbau realisiert. Bei Matzker wurde ein Umrüst-Kit entwickelt, das in jeden Defender, unabhängig von der Motorisierung, eingepflanzt werden kann – wir testeten es in einem 2011er-Modell des 2,4-Liter Td4.

Zum Einsatz kommt ein Teil aus dem Land-Rover-Regal: Das ZF 4HP22-Automatikgetriebe schob zuletzt im Land Rover Discovery Td5 Dienst und wird von Matzker für den Umbau in den Defender modifiziert. Aufwändigster Teil der Arbeit war die Entwicklung des Getriebesteuergerätes.

Dieses Steuergerät erlaubt, sowohl die Schaltpunkte als auch den Einsatz der Wandlerüberbrückung frei zu programmieren und damit exakt an den jeweiligen Defender (und den Kundenwunsch) anzupassen. Eines vorweg: ein billiger Spaß ist die Umrüstung nicht. Monatelange Tüftelei und Abstimmung bis zur eintragungsfähigen Serienreife schlagen sich in einem fürstlichen Tarif von 11.900 Euro für den Getriebe-Umbau nieder.

Defender Automatik-Umbau wie ab Werk

Von dem vielen Geld gibt es im Innenraum lediglich die neue, hochgesetzte Schaltkonsole zu sehen, die sich, lederbezogen, vor die Cubby-Box schmiegt. An Stelle des fehlenden Kupplungspedals wird eine Fußstütze montiert. Das alles hat ein dem Preis angemessenes Finish, als handele es sich um eine werkseitig verbaute Option.  Ungewöhnlich ist alleine der kurze Knubbel des Verteilergetriebe-Schalthebels, der aus der abgestuften Schaltkonsole lugt. Der aus alten Zeiten vertraute Schalthebel rastet treffsicher in die D-Position und es kann losgehen.

Schon die ersten Meter Stadtverkehr auf dem Weg zum Gelände außerhalb der City machen klar, was man in diesem Defender garantiert nicht vermisst: keine störrische Kupplung, die an jeder Ampel mit dicker Wade getreten werden muss, kein superkurzer erster Gang, kein ellenlanger Schalthebel. Stattdessen geschmeidige Fortbewegung und Konzentration auf das Wesentliche.
Gaspedalbefehle werden zwar unmittelbar und ohne Gedenksekunde in Vortrieb umgesetzt, allerdings fühlt sich der Automatik-Defender auch weniger spontan an, der „Kick“ des unten viel kürzer übersetzten Schaltgetriebes fehlt. Etwas anderes fehlt einem überhaupt nicht: das charakteristische metallische „Klonk“ aus dem spielreichen Antriebsstrang bei Lastwechseln.

Land Rover Defender Automatik mit vier Gängen

Die verwendete ZF-Automatik hat lediglich vier Stufen. was für den Defender angesichts der erzielbaren Höchstgeschwindigkeit aber völlig ausreicht. Die Drehzahlen verdeutlichen das: bei 100 km/h zeigt der Drezahlmesser 2.050 Umdrehungen, bei Reisetempo 130 sind es 2.500 Touren. Ein weiterer, länger übersetzter „Schongang“ wäre hier weitgehend sinnlos, zumal die beim Testwagen montierten Geländereifen mit 255/85er Dimension ohnehin entsprechend zur Drehzahlsenkung beitragen. 

Die Reisetauglichkeit des Automatik-Defender hat durch den Umbau klar gewonnen, auch weil Matzker im Testwagen gleich eine entsprechende Leistungssteigerung auf 150 PS sowie einen Speed-Unlimiter eingebaut hat, welcher die serienmäßige Zwangsabschaltung bei 130 km/h aufhebt. Solchermaßen ausstaffiert rennt der 110er in jeder Lebenssituation mit ausreichendem Reisetempo und muss sich nicht auf der rechten Autobahnspur verstecken.

Eitel Sonnenschein herrscht schließlich im Gelände, wo die Automatik richtig punkten kann. Ansatzloser Vortrieb ohne Kupplungsgewürge und zielgerichtete Schleicharbeit in trial-ähnlichen Passagen machen aus dem Defender ein anderes Auto. Mal eben ohne Krawall und hohe Drehzahl im Hang anfahren, gemütlich hohe Stufen überklettern – gerade bei einem hoch geländegängigen Fahrzeug wie dem Defender fällt erst richtig auf, wie viel Arbeit und Aufwand ein Automatikgetriebe dem Fahrer abnimmt. Gerne wird von Schaltgetriebe-Verfechtern die verminderte Motorbremswirkung eines Automatikgetriebes durch die längere Übersetzung als Argument gebracht. Beim Defender Td4 ist das aber nur teilweise richtig: durch die extrem kurze Übersetzung des ersten Gangs ist dieser auf sehr steilen Gefällen mit rutschigem Untergrund eher gehandicapt, weil er hiermit zum überbremsen neigt.

Untersetzung öfter nötig

Einziger Unterschied gegenüber anderen Automatik-Geländewagen: durch das im Defender Td4 werkseitig verbaute länger übersetzte Verteilergetriebe aus dem Discovery muss mit der Automatik in manchen Situationen bereits frühzeitig die Untersetzung zugeschaltet werden, wo man andernorts mit der Drehmoment-Unterstützung des Wandlers noch im Straßengang fahren könnte. An solchen Hindernissen, etwa sehr steilen Auffahrten, müsste man die Untersetzung allerdings auch im Schalt-Defender aktivieren. Und nachdem sich die Geländestufe ohne Zwangssperre des Verteilergetriebes nutzen lässt, bedeutet das auch keinen Nachteil im Offroad-Einsatz. Das Automatikgetriebe lässt sich im Gelände auch manuell auf eine Stufe festlegen. So kann man beispielsweise einen Steilhang im gesperrten zweiten Gang entern, ohne dass das Getriebe eigenmächtig hochschaltet – leider bei heutigen Automatik-Geländewagen keine Selbstverständlichkeit mehr.

Neben dem Automatik-Umbau wurde beim Testwagen auch bei der weiteren Ausstattung kräftig Hand angelegt. Ein echter Gewinn für die Alltagstauglichkeit sind die verwendeten Sportsitze in Verbindung mit dem kleinen Sportlenkrad. Das schafft im Alltag spürbar mehr Bewegungsspielraum und eine auf Langstrecken deutlich entspanntere Körperhaltung. Eine Offenbarung ist das ausgezeichnet abgestimmte Fahrwerk (Suspension Kit und Handling Kit). Trotz der beachtlichen Höherlegung um 50 Millimeter ist das Fahrverhalten erheblich besser als beim Original. Wildes Wanken wird wirkungsvoll unterdrückt, die Fahrsicherheit steigt, der Federungskomfort bei Pistenfahrt gewinnt ebenfalls sehr stark. Dennoch ist das Fahrwerk so flexibel, dass die originale Verschränkung sogar gesteigert wird.

Fazit:

Alltags- wie Geländetauglichkeit gewinnen mit dem Umbau auf Automatikgetriebe enorm. Auch beim Einsatz als Zugfahrzeug im gewerblichen Einsatz kann der Defender seine Fähigkeiten richtig zur Geltung bringen. Der Preis für den Umbau ist sehr hoch, muss allerdings auch in Relation zum betriebenen Entwicklungsaufwand gesehen werden – es ist nicht damit getan, einfach das Automatikgetriebe anzuflanschen, wie es bei einigen anderen derartigen Umbauten praktiziert wird. Die größte Entwicklungsarbeit besteht in der präzisen Abstimmung von Wandler und Schaltverhalten auf den Einsatzort im Defender. Und das kostet eben.

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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