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Jeep Grand Cherokee
Das kann der Hybrid-Vierzylinder

Ab Herbst 2022 kommt der Jeep Grand Cherokee in fünfter Generation mit Komfort, Geländetalent und reichlich Assistenz sowie – ohmygod! – Vierzylinder-Hybrid zu uns. V8? Ist nicht. Wird der Sevenslot-Fanclub trotzdem noch einsteigen?

Jeep Grand Cherokee 4xe
Foto: Stellantis

Vorurteile zu zertrümmern ist manchmal schwieriger als Atome, behauptet Albert Einstein. Stimmt, würde der Jeep Grand Cherokee sagen, wenn er könnte. Einer, der zur Premiere mit seinem Chef 1992 die Stufen der Cobo Hall in Detroit hinaufrattern und durch eine Glastür brechen musste. Durchbruch des SUV und so, verstehen Sie… Genau. Sowas wäre heute, sagen wir mal, schwierig. Wo sogar frühe Schimanski-Tatorte einen Vorspann verpasst bekommen, der vor politisch inkorrekten Dialogen warnt. Dabei waren diese für die meisten gerade der Grund, ihn überhaupt zu gucken.

Unsere Highlights

Beim Jeep Grand Cherokee könnte es so ähnlich sein. Seit 30 Jahren pflegt er das Image des ebenso komfortablen wie geländekompetenten SUV. Kein Geländewagen, kein Crossover. SUV. Und zwar pur. Heimelig, großzügig, mit mindestens sechs, besser acht Zylindern hinterm Sevenslot-Grill.

Hybrid only. Nix V8

Klar gab es ihn auch mit effizientem Diesel oder Sechs- und Achtzylindern bis hin zum Sechskommairgendwas-V8, aber eigentlich gehört bei ihm was Lässiges unter die Haube. Kalorienreich, mit großzügig Drehmoment ohne großartig Drehzahl, vergleichbar mit einem amtlichen Menü bei Five Guys, wo auch keiner nach der Nährwertkennzeichnung fragt. Tja. Und jetzt pflanzen sie im neuen Werk in Detroit einen Zweiliter-Vierzylinder rein, gekoppelt mit Riemenstartergenerator und E-Maschine plus Achtgangautomatik. Es gibt auch Sechs- und Achtzylinder. Allerdings nicht für uns in Deutschland. Bei uns gilt "Hybrid only". Jeep ist in Europa auf dem Weg zur Totalelektrifizierung. "Wir sind nicht zum Spielen hier, sondern zum Gewinnen", sagt einer bei der Vorstellung. Das Datenblatt spricht nichts dagegen, weist 380 PS aus – 272 vom Benziner, 145 von der E-Maschine.

Jeep Grand Cherokee 4xe
Stellantis
Hochwertiges Ambiente, umfangreiche Assistenzausstattung.

Daten. Pffft. Das gucken wir uns doch lieber mal selbst an, besser: fahren es raus. In wohnlichem Ambiente: Lange vorbei die Zeiten von Knautschleder-Polsterung samt Folienholz-Tapete. 2022 heißt bei Jeep hochwertige Anmutung, optionale Walnuss- oder Eichenfurniere, teils offenporig und Palermo-Leder. Palermo-Leder? Anspielung auf die Italo-Zeit bei FCA? Egal, jetzt ist Stellantis und Zeit US-Klischees wegzuräumen. Der Grand Cherokee wirkt innen regelrecht europäisch mit seinen drei rund zehn Zoll großen Digitaldisplays, inklusive eines separaten für den Beifahrer plus Head-up. Passende Ergonomie und feine Lederpolster mit Doppelstepp, umfangreicher Verstellung, Klimatisierung und Massage kann er ebenfalls.

Bis 130 km/h rein elektrisch

Bevor wir Vierzonen-klimatisiert beim Soundcheck der McIntosh-Anlage hängenbleiben, legen wir ab. Zunächst rein elektrisch. Bis zu 130 km/h wären drin, um die 40 Kilometer weit könnten wir lokal emissionsfrei summen. Der unterflur montierte 17,3 kWh-Akku macht es möglich. Er wird vom Kreislauf der Klimaanlage temperiert und besitzt ein duales Lademodul mit Klappe vorn links. Ja, und im Gelände? Kein Problem, alle Hochvolt-Teile sind wasserdicht versiegelt und durch massiven Unterfahrschutz gegen Schürfwunden versichert. Überdies verspricht Jeep Böschungswinkel von 36 Grad vorn und 30 Grad hinten sowie 61 Zentimeter Wattiefe.

Jetzt wird aber nicht gewatet, sondern gefahren, und zwar hybridisch. Der Zweiliter-Direkteinspritzer mit dem direkt am Zylinderkopf montierten Twinscroll-Turbo bekommt seine Chance. Und mit ihm die maximal 637 Newtonmeter Drehmoment. Wenn der Grand Cherokee 4xe schon nicht büffelig klingt, schiebt er wenigstens büffelig? Nun, ein fetttriefendes Burger-Menü mit Fries und Extra-Ketchup auf der Papierunterlage wird das hier nicht, fühlt sich eher nach halber Portion auf Porzellanteller an. Die Kalorien (a.k.a. Vortrieb) bekommst Du aber trotzdem, nur irgendwie anders. Cooler, trockener. Sobald die E-Maschine abmeldet, weil Akku leer oder Kraft erschöpft und der Benziner obenraus stärker gefordert ist, wird es tendenziell hektisch. Bei schnellen Gangwechseln der Achtgangautomatik bisweilen ruckelig und spätestens bei hohen Lasten plärrig im Maschinenraum, trotz aktiver Motorlager und Noise Cancelling.

Bei sanfterer Fahrweise oder rein elektrischer Fahrt dürfte der 4xe hingegen seine Fans finden. Rekuperation läuft per Bremspedal mit bis zu 0,25 g oder "Max Regen". Was nicht für einen Bewässerungsprofi, sondern fürs Einpedal-Fahren steht. Apropos Pedal: das Bremspedalgefühl dürfte etwas mehr Transparenz vertragen, man kann sich aber ebenso dran gewöhnen, wie an die Lenkung, die zunächst in der Mittellage verharrt, bevor sie dann willig herauskommt, immerhin mit passendem Handmoment.

Bodenfreiheit und Unterfahrschutz

Daneben ignoriert der Jeep Grand Cherokee 4xe trotz Luftfederung mit adaptiven Dämpfern kleine Unebenheiten konsequent. Abrollen und Anfedern läuft hölzern, bei größeren Anregungen wird es besser. Zur Entschädigung ist die Luftfederung auch Teil der – yippieyeah – hohen Geländekompetenz, die sich nicht 28 Zentimetern Bodenfreiheit erschöpft. Wer den Rubicon-Trail (als 4xe rein elektrisch, eh klar) hinter sich bringt, der muss mehr als farbig lackierte Schleppösen und stählernen Unterfahrschutz auf dem 4,91 Meter-Kasten haben.

Jeep Grand Cherokee 4xe
Stellantis
Im Geländer gibt sich der 4xe durchaus kompetent.

Deswegen gibt Jeep ihm als Offroad-Profi Trailhawk neben entkoppelbaren Stabilisator den Quadra-Drive II-Allradantrieb samt Untersetzungsgetriebe, elektronisch gesteuertes Sperrdifferenzial hinten, Offroad-Traktions- und Temporegelung mit. Und blaue Ösen. Damit man die nicht braucht, lässt sich der ganze Offroad-Zauber einfach per Selec Terrain-System konditionieren. Was leichter fällt, als sämtliche Geheimnisse des UConnect-Infotainment-Systems (fünfmal schneller als der Vorgänger, Over-the-air-updatefähig) oder den (von Jeep gezählten 110) Assistenzen und Sicherheits-Features zu kommen. Auf dem Testgelände im texanischen Hinterland überklettert der Trailhawk jedenfalls Felsen, auf denen man zu Fuß ins Straucheln kommt, ohne dass sich der Fahrer um den Einsatz von Sperren, Stabis und Kraftverteilung vorn, hinten, links und rechts kümmern muss. Meriten mitnehmen reicht.

Assistenzen und die blaue Stunde

Im richtigen Leben butlert er dann mit Kollisionswarnung und Bremsassistent samt Fußgängererkennung, Querverkehrswarnung, ACC mit Stop an Go, Nachtsicht, 360 Grad-Kamerabild, Einpark-Assi längs und quer sowie Fahrerassistenz auf Level 2. Ach so, wir waren ja vorhin bei der McIntosh stehengeblieben. Diese musiziert mit ihren 950 Watt und 19 Chassis inklusive fetten Subwoofer nicht nur wuchtig dynamisch, sondern zeigt auf dem Mitteldisplay blau beleuchtete Powermeter. Mit Zeigernadeln. Sieht aus wie echt. Und damit eindeutiger begeisternd als der Zweiliter-Hybrid im Fullsize-SUV. An den muss man sich gewöhnen. Zu Preisen am etwa 70.000 Euro.

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Fazit

Der neue Jeep Grand Cherokee liefert hochwertige Anmutung, einfache Bedienung bei umfassender Assistenz und bis aufs holzige Abrollen hohen Komfort. Seine Geländekompetenz überzeugt, das rein elektrische Fahren ebenfalls. Wird der Benziner allerdings gefordert, schwindet die Souveränität. Grand Cherokee-Fans, die Wert auf einen vollfetten Antrieb legen, sollten vor dem Kauf probefahren.

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