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Fuso eCanter
Erste Testfahrt im Elektro-Lkw

Daimler-Tochter Fuso baut den ersten Serien-Lkw mit Elektroantrieb. Die Auslieferung hat nun begonnen, wir konnten bereits für eine erste Probefahrt hinter das Steuer.

Fuso eCanter
Foto: Hersteller

Der Elektroantrieb ist vor allem für die immer weiter wuchernden Mega-Städte ein extrem wichtiges Thema. Doch während Elektro-Pkw zunehmend Fuß fassen, wurde der Güterverkehr bislang weitgehend ausgespart. Dabei ist in Zeiten des Internethandels und der Paketdienste gerade dieser Lieferverkehr auf der sogenannten „letzten Meile“ zu einem nicht geringen Teil dafür verantwortlich, dass in Großstädten dicke Luft herrscht. Mit der Daimler-Tochter Fuso geht der Stuttgarter Konzern dieses Thema nun in einer zweiten Tonnage-Klasse an. Während für den kompakten Verteilerverkehr der e-Vito vorgestellt wurde, dient der Fuso nun in der Kategorie 3,5 bis 7,5 Tonnen als elektrische Alternative.

Unsere Highlights

Innerhalb der nächsten Jahre plant die Daimler-Tochter insgesamt 500 Lkw dieser Generation an ausgewählte Kunden zu liefern. Nach der Markteinführung in den USA und Japan ist nun auch Deutschland an der Reihe. Vier Speditionen – DB-Schenker, Dachser, Rhenus und DHL – werden die elektrischen Lkw im künftig im innerstädtischen Stückgutverkehr einsetzen.

Daimler Fuso eCanter Elektro-Lkw erster Test
Torsten Seibt
Das Fahrerhaus ist überraschend unspektakulär und wirkt altbacken.

Seine Premiere als Prototyp feierte der eCanter auf der Nutzfahrzeug-IAA 2010 in Hannover. Auftakt der Vorserienproduktion des eCanter für Testzwecke war im Jahr 2014. In die Entwicklung der neuen Serienversion flossen die gesamten Erfahrungen und Erkenntnisse aus den diversen Kundenerprobungen mit dem Vorserienfahrzeug in Portugal und Deutschland ein, die zwischen 2014 und 2017 durchgeführt wurden. Unter anderem in Japan konnte Fuso mit zehn Vorserienmodellen wichtige Erfahrungen im Alltagseinsatz sammeln, zum Beispiel mit dem elektrischen Betrieb von Kühlkoffern bei Lebensmittel-Lieferungen.

Bei der offiziellen Übergabe der ersten Kundenfahrzeuge in Deutschland machte Fuso-Chef Marc Llistosella deutlich, dass die technischen Eckdaten des eCanter nach reellem Kundenbedürfnis entwickelt wurden und nicht auf Showeffekte zielen – etwa mit spektakulären Beschleunigungswerten oder Riesenreichweite. Zumal sei Fuso in der Lage zu liefern, während andere Hersteller – die Stoßrichtung Tesla war klar – lediglich mit Ankündigungen auf sich aufmerksam machten. Im Schwerlast-Fernverkehr sieht Fuso auf absehbare Zeit ohnehin keine technisch und finanziell realistische Lösung. Batteriebetriebene Lkw bis 20 Tonnen Gesamtgewicht seien denkbar, alles darüber hinaus auch mit der in den kommenden Jahren zur Verfügung stehenden Batterietechnik wirtschaftlich nicht zu realisieren.

Fuso eCanter – die Technik

Der Fuso eCanter ist angesichts der revolutionären Technik – immerhin ist es der erste in Serie gebaute E-Lkw der Welt – überraschend freudlos gestaltet. Das Design wurde über Jahrzehnte nur sehr behutsam modifiziert, der eCanter unterscheidet sich von seinem dieselgetriebenen Kollegen äußerlich nur durch einen leicht abgehänderten Kühlergrill. Dasselbe gilt für den Innenraum, der noch in nostalgischem Nutzfahrzeugplastik schwelgt und keinerlei Hinweis auf die hochmoderne Antriebstechnik liefert.

Daimler Fuso eCanter Elektro-Lkw erster Test
Hersteller
Vier deutsche Speditionen setzen den eCanter künftig ein.

Die Eckdaten des ersten Serien-Lkw mit Elektroantrieb lesen sich verhältnismäßig unspektakulär. Der 7,5 Tonner verfügt über eine Nutzlast von 4,3 Tonnen und ist mit 5.935 Millimeter Länge und einer Kabinenbreite von 1.995 Millimeter relativ kompakt. Insgesamt sechs Batterien der Mercedes-Tochter Accumotive sind verbaut, deren 83 kWh Kapazität aus Haltbarkeitsgründen nur zu 80 Prozent abgefordert wird, so stehen effektiv 66 kWh zur Verfügung. Der Motor kommt auf maximal 129 kW und 390 Nm Drehmoment. Die Kapazität soll laut Daimler-Fuso unter allen Umständen für mindestens 100 Kilometer Fahrstrecke ausreichen. Bei Fahrzeugen, die im Schichtbetrieb im Einsatz sind, lässt sich per Schnellladung binnen 1,5 Stunden rund 80 Prozent Kapazität nachladen. Der eCanter besitzt einen konventionellen und einen Hochvolt-Schnellladeanschluss. Durch den Wegfall des Verbrenners als Antrieb für die Nebenaggregate sind diese ebenfalls alle elektrifiziert, unter anderem der Kimakompressor und die Servolenkung. Für Hydraulikantriebe zum Beispiel für eine Heckbühne gibt es einen eigenen Versorgungsanschluss an der Leistungselektronik.

Fuso eCanter – erster Test

Gestartet wird der eCanter auf Knopfdruck, eine Anzeige in den Instrumenten gibt grünes Licht, sobald die komplette Technik hochgefahren und der Lkw fahrbereit ist. Beim aktuellen eCanter ist ein zentral platzierter Elektromotor eingebaut, der über ein Reduktionsgetriebe und eine Kardanwelle die aus dem Dieselmodell übernommene Hinterachse antreibt. Rund 7.000 Newtonmeter liegen durch Reduktionsgetriebe und kurze Achsübersetzung maximal an der Hinterachse an.

Wie üblich für ein Elektrofahrzeug ist die komplette Stille trotz Fahrbereitschaft zunächst etwas ungewohnt, erst recht in einem Nutzfahrzeug, bei dem man zwangsläufig einen rumorenden Dieselmotor erwartet. Ganz altmodisch wird die Feststellbremse mit einem Handbremshebel gelöst, die Fahrstufe mit einem Automatikwahlhebel eingelegt. Es genügt, von der Bremse zu gehen und der eCanter setzt sich nahezu lautlos in Bewegung. Das Getriebe verfügt über eine feste Übersetzung, nachdem der Elektromotor bereits bei Anlaufdrehzahl das volle Drehmoment zur Verfügung stellt.

Daimler Fuso eCanter Elektro-Lkw erster Test
Hersteller
Der Ladeanschluss liegt auf der Beifahrerseite.

Das führt zu einem durchaus spektakulären Antritt, der eCanter stürmt im ersten Test mit großer Wucht von der Ampel los, lässt die kompletten Pkw hinter sich. Das erwartet sicher niemand von einem Nutzfahrzeug, beeindruckend! Dabei ist auch während der Fahrt so gut wie kein Geräusch bis auf die leise abrollenden Reifen wahrnehmbar. Der Fuso eCanter ist als City-Lkw auf 80 km/h begrenzt, doch schneller als 60 gibt die Teststrecke mitten im Berliner Großstadtverkehr nicht her. Bis zu dieser Marke beschleunigt der 7,5-Tonner im Handumdrehen. Ausgesprochen rustikal ist dagegen das Fahrwerk, bei dem Nutzfahrzeug-typisch auch vorne eine blattgefederte Starrachse zum Einsatz kommt. Da freut sich der Rücken über den Schwebesitz, der die übelsten Stöße abfedert.

Die Bedienung des eCanter ist narrensicher, weil wenig umfangreich. Über den rechten Lenkstockhebel lässt sich der Rekuperationsgrad vorwählen, also die Art, mit der im Schiebebetrieb Energie zurückgewonnen wird. Die höchste Einstellung erweist sich auf der Testfahrt als ideal, weil bei vorausschauender Fahrweise nur wenig Einsatz der konventionellen Bremse nötig ist und sich die Verzögerung gut über das Fahrpedal regulieren lässt.

E-Fuso nur im Leasing

Fuso wird den eCanter nur im Leasing anbieten, auch die ersten Abnehmer aus Deutschland haben das Fahrzeug nicht gekauft. Hintergrund ist unter anderem, dass die Entwickler in wenigen Jahren eine deutlich verbesserte Batterietechnik erwarten und für die Kunden damit das Risiko, mit veralteter Technik unterwegs zu sein, minimieren wollen. So will Fuso bereits in zwei Jahren die nächste Generation des eCanter vorstellen, dann mit einer innerhalb der Rahmenlängsträger untergebrachten, moderneren Batterie mit weniger Gewicht und höherer Leistungsfähigkeit. Dieser wird auch mit einer neuen, elektrisch angetriebenen Hinterachse debütieren, sodass der jetzige externe Elektromotor mit Kardanwelle entfallen kann. Auch für den jetzigen eCanter sollen in wenigen Jahren modernere Batterien nachrüstbar sein.

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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