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Fahrbericht Ford F-350 SRW 4x4 King Ranch
Wie fahren 6 Meter mit 6 Liter Hubraum?

Dass der Ford F-150 Amerikas Massen mobilisiert, wissen inzwischen auch viele Europäer. Wie sein großer Bruder, der gut sechs Meter lange und 3,5 Tonnen schwere F-350, noch mehr Masse mobil macht, konnten wir ausprobieren.

Ford F-Series - F-350 - Pickup
Foto: Ford

Einsteigen in den Ford F-350 heißt aufsteigen. Hier oben zählen handfeste Dinge. Du erklimmst beispielsweise den Fahrersitz über ein massives, feststehendes Trittbrett, nicht etwa eines dieser elektrisch versenkbaren Edelstahl-Röhrchen. Du steckst einen klassischen, metallenen Zündschlüssel ins Schloss, musst ihn drehen, damit vorne im mächtigen Bug der V8-Schiffsdiesel seinen gemächlich stampfenden Arbeitstakt aufnimmt.

Mächtig? Ja, mächtig. 6,7 Liter Hubraum, 440 PS, ein maximales Drehmoment von 1.166 Newtonmeter. Die Technik: Turbolader, Ventiltrieb über Stößelstangen, fertig, vielmehr kommt da nicht.

Unsere Highlights
Ford F-Series - F-350 - Pickup
Ford
Der fette Ford F-150 ist in den USA verbreitet wie bei uns der Golf. Der erheblich fettere F-350 ist somit etwa der US-Passat.

Ford F-350 ist groß wie ein Appartment in New York

Ebenso rustikal wirkt die Fahrwerkskonstruktion, die auf einem Leiterrahmen mit vorderer Einzelradaufhängung und hinterer Starrachse mit Blattfedern basiert. In diesem Segment haben die Vertreter wie der Ford F-350 die Grenze zum Vorstadt-tauglichen Familienwagen weit und brachial überschritten, wenngleich das so genannte King Ranch-Ausstattungspaket unter anderem einen programmierbaren Garagenöffner beinhaltet. Vermutlich öffnet er Tore zu Garagen, in der zur Not auch ein gewöhnliches deutsches Reihenhaus Platz findet. Inklusive Garage natürlich.

Klar, der Ford F-350 trägt die Bezeichnung "Truck" völlig zu recht, obwohl in dieser Kategorie gerade der Volvo XC90 zum Auto des Jahres gekürt wurde. Verkehrte, neue Welt. Ein Nutzfahrzeug ist der F-350, eines mit Abtriebswelle vom Motor für unterschiedlichste Gerätschaften. Eines, das Fahrerassistenzsysteme im Wesentlichen auf eine ausreichende Anzahl an Steckdosen und Ablagemöglichkeiten reduziert, wie das gigantische Fach in der Mittelkonsole, in das wohl auch ein Kasten Bier passt. Na ja, Mineralwasser wäre wohl eher politisch korrekt.

Mal abgesehen davon, dass du sowieso stocknüchtern und hellwach sein solltest, wenn du das Trumm selbst über US-Straßen bewegen möchtest, ohne erheblichen Flurschaden anzurichten. Bei 6,27 Meter Länge, 2,03 Metern Breite, 1,80 Metern Höhe und einem Gewicht von 3,5 Tonnen (ohne die maximal 7,2 Tonnen, die der F-350 noch an den Haken nimmt und die 2 Tonnen Nutzlast, die er obendrein schultert) würde es hierzulande reichen, ganze Häuserzüge abzureißen, käme man nur etwas von der Fahrbahn ab.

Allradantrieb ist im Ford F-350 nur für geradeaus

Doch du fühlst wie der Chef, alleine wenn du den Krückstock-artigen Lenkrad-Wählhebel der Sechsgang-Automatik mit nicht unerheblichem Kraftaufwand auf D rückst. Beim Rangieren verspannt der Allradantrieb spürbar, bringt bei vollem Lenkradeinschlag die ganze Fuhre zum Stillstand. Okay, dann eben doch nur mit angetriebenen Hinterrädern, ist ja auch okay, in Anbetracht der Masse sind selbst bei feuchter Fahrbahn nicht unbedingt wüste Powerslides zu erwarten. Der V8 erhebt friedlich grummelnd seine Stimme. Oder doch bedrohlich? Hm, bei einem derart großen Diesel lässt sich das nur schwer sagen. Oft täuschen diese Aggregate nur Friedfertigkeit vor, um dann wie ein wütender Eisbär loszuspurten und Beute zu reißen.

Und tatsächlich wuchtet der Ford F-350 im Fahrbericht bemerkenswert entschlossen aus dem Startblock, wobei die erlebte Geschwindigkeit bald die tatsächliche aussticht. Mit seiner robusten Fahrwerkskonstruktion und den A/T-.Reifen im Format 275/60-20 brandet er ähnlich zielstrebig, zugleich unberechenbar nach vorne wie die Wellen des nahen Pazifiks. Aber du fühlst dich chefiger als jeder Konzernboss auf den etwas eigenartig gemusterten Ledersesseln, blickst auf das Mordstrumm von Armaturenbrett, wuchtig wie Omas Wohnwand. Erwartungsgemäß fühlen sich auch die Mitreisenden nicht eingeengt, es sei denn, sie reisen üblicherweise in ihrem eigenen A380.

Ford F-350 - ein schickes Arbeitstier

Kurios allerdings: Im kleineren F-150 mit Doppelkabine fällt das Platzangebot nochmals größer aus, da kommen selbst die Langversionen europäischer Luxuslimousinen nicht mit. Egal. Denn hier oben zählen ja eigentlich handfeste Dinge, schließlich ist der F-350 ein Arbeitstier. Aber eben eines, das sich mal schicke Klamotten übergeworfen hat - was ihn übrigens handfeste 66.510 Dollar teuer macht.

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