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Fiat Panda Cross
Kleiner gelber Gipfelstürmer

Seit 1983 kraxelt der Fiat Panda 4x4 durchs Gebirge, ist seit drei Generationen Lieblingsgefährt granteliger Bergbauern. Jetzt kommt er wieder als noch kraxeligerer Cross. Eine Reise ins Allgäu zum Almabtrieb genügt, und wir sind mit ihm auf Du und Kuh.

Fiat Panda Cross, Almabtrieb, Impression
Foto: Hans-Dieter Seufert

Die Chance auf so einen ersten Satz kommt wohl nie wieder: Die Leitkuh hat Schnupfen. Heuschnupfen?, fragt sich der Unbedarfte, und ob das über den Winter im Stall nicht zum Problem wird? Jedenfalls schnieft sie. Und niest, dass der Blumenschmuck zum Almabtrieb auf ihrem Kopf bedenklich wankt und die große Glocke um ihren Hals lauter schlägt als die Nesselwanger Dorfkirche.

Wobei der Almabtrieb Viehscheid heißt, der Schmuck Kranz und die Glocke Schelle. Damit grüß Gott im Allgäu zu einer kleinen Reise, die zeigt, wohin etwas Unbedarftheit und eine Allradkiste führen können: zum Almabtrieb in Nesselwang.

Fiat Panda mit 1,3-Liter Diesel Motor

Wir könnten nun erzählen, dass sich eine große Automobilzeitschrift gerade in diesen Zeiten volkstümlichen Traditionen nicht verschließen darf. Oder über den landlustigen und allradbedürftigen Lebensstil fabulieren, den aktive Großstädter mit einem SUV pflegen können. Aber wir saßen einfach um den Konferenztisch herum und dachten, wie lustig das aussähe, ein kleiner Offroader mitten zwischen Kühen.

Das passende Auto dazu präsentierte Fiat vor ein paar Wochen. Direkt aus Turin kommt der erste Testwagen des Fiat Panda Cross zu uns. Dem normalen 4x4 hat er bei unveränderten 16 Zentimetern Bodenfreiheit einen Unterfahrschutz, Rundumbeplankung und zwei massive rot lackierte Abschleppösen vorn voraus (für den Einsatz von Seilwinden, erklärt das Marketing. Na klar doch). Dazu gibt es drei Antriebsprogramme: Auf Auto leitet die Elektronik die Kraft bevorzugt an die Vorderachse, erst wenn da Schlupf auftritt, helfen die Hinterräder mit. Bis Tempo 50 funktioniert der Lock-Modus, in dem die Kraft 50 zu 50 an die Achsen geht. Dazu deaktiviert sich die Start-Stopp-Automatik. Was eher so eine psychologische Sache ist. Denn wenn du für den Fotografen in einer Wasserdurchfahrt stehen bleibst und der Bach bis zum Kühlergrill schwappt, steigert es kaum das Wohlbefinden, wenn der Motor sich abstellt. Schließlich schaltet das ESP auf eine legere Kennlinie, lässt den Fiat Panda auf Lastwechsel mit dem Heck schubsen. Auf Schotter, denn mit dem Cross ist der 1,3-Liter kleine Diesel ansonsten so beschäftigt, dass ihm für Dynamikausbrüche keine Kraft bleibt.

Beliebter Fiat Panda

Egal, früher grantelte sich der Fiat Panda 4x4 auch mit 45 PS zum Gipfel, denken wir uns, als wir an der Talstation der Seilbahn den Almmeister Steiner treffen. Er muss morgen bei dem ganzen Viehscheid schon 120 Rindviecher im Auge behalten, jetzt auch noch uns zwei. Sagt er natürlich nicht so. Ganz im Gegenteil. Es ist erstaunlich, was in diesem eben doch nicht überreglementierten Land alles möglich ist. Wenn man freundlich fragt, darf man mit einem kleinen gelben Fiat sogar etwas Verwirrung in Nesselwangs großen Festtag bringen. Dazu erlaubt uns Steiner, uns morgen auf seiner Weide zu postieren und heute den Alpspitz hochzufahren, wo die Kühe im Sommer grasen.

Der Fiat Panda scharrt kurz mit den Reifen, beginnt die Erklimmung des Berges. Von der Talstation auf 911 Metern führt ein geteerter Weg zur Mittelstation auf 1.193 Metern. Dann Wiesen und ein schmaler Schotterpfad, der sich steil bergauf windet. Der Cross drückt sich durch die Weideschranke. Ein paar Kühe bimmeln heran. Wir halten. Oh, schau doch, über der Motorhaube des Cross flattert sacht ein zarter Schmetterling.

Da streckt von links eine Kuh den Kopf ins Auto und leckt das Lenkrad ab. Überhaupt mag das Allgäuer Fleckvieh den Fiat Panda. Er wird großflächig abgeschleckt, eine Kuh betrachtet sich ausführlich im linken Außenspiegel, schubbert sich an der Flanke des Cross – endlich wissen wir, wozu diese Seitenbeplankung nutzt. Und passen doch auf, denn die Kuh ist ja bekanntlich nichts anderes als die domestizierte Form des eurasischen Auerochsen. Und was Gewicht und Statur angeht, der Elch des Südens.

Also umkurven wir die Tiere umsichtig – auch weil die Viehscheid nur gefeiert wird, wenn keiner Kuh über den Sommer Schlimmeres passierte. Es geht weiter hoch. Langsam schon deshalb, weil der Sprung vom kurzen ersten in den zweiten Gang trotz 70 Prozent Steigfähigkeit hier zu groß für den Motor ist. Erst ab 1.800/min packt er zu. Doch mit Kupplungsschleifen und per Bremseingriff simulierter Differenzialsperre schafft es der Fiat Panda locker zum Gipfel auf 1.575 Metern, parkt stolz neben einem Toyota Land Cruiser, dem einzigen anderen Auto, das es hierher geschafft hat.

Mit den Rindern zurück ins Tal

Wie stolz er aussieht, der Fiat Panda auf dem Berg. Und dann die Aussicht: die Allgäuer Alpen und die Zugspitze, bei klarem Wetter siehst du Schloss Neuschwanstein. Rechts steht ein Bauernhof, da wohnt im Sommer der Hirte, der auf die 120 Rinder aufpasst. Ein Mann mit grauem Bart, weisem Blick und wettergegerbtem Gesicht. Von den 108 Tagen auf der Alm habe es 61 geregnet, erzählt er, da sei es nun selbst für die robusten Rinder an der Zeit, ins Tal zu kommen. Die Sonne senkt sich über die Gipfel. Wir fahren wieder runter, morgen geht es zeitig los.

Schon im Tal hören wir in der Früh das Klingen der Schellen – jeden Meter, den wir den Berg hochfahren, lauter und wilder. Als die schniefende Leitkuh mit Kranz und Spiegel (als Schutz vor bösen Geistern, wie die Kulturanthropologen unter uns sicher gern bestätigen) geschmückt wird, die Warnung: Gleich kommen die Kühe den Berg runter. Träge, aber unaufhaltsam wie eine Lawine. Die halten nicht wegen des kleinen Fiat Panda. Wegen größeren Autos aber auch nicht: Einmal sei die staatstragend geparkte Limousine eines Ministers zerknittert worden.

Dann kommen die Rinder, tapsen, trödeln, galoppieren, biegen fast mal zu uns auf die Wiese ab. Hinter der letzten Gruppe bummeln wir mit dem Fiat Panda bis zum Festzelt im Tal, wo natürlich der Bär steppt und die Bauern die Kuh fliegen lassen. Es ist großartig. Nur die Leitkuh hat die Nase voll.

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Erscheinungsdatum 03.07.2024

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