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Ferrari 12Cilindri im Fahrbericht
Dynamik-Studium im V12-Ferrari

Saugmotor, zwölf Zylinder, 830 PS bei über 9.000 Umdrehungen: Wo gibt’s denn sowas? Im neuen Ferrari 12Cilindri (Typ F167), einem der letzten seiner Art, mit dem wir auf abgesperrter Teststrecke und öffentlicher Straße unterwegs waren.

Pragmatismus ist ja eher nicht so Ferraris Ding. Und so verwundert es doch sehr, dass der Name des neuen Super-GT wenig aufregend, ja sogar ziemlich nüchtern die Anzahl seiner Brennräume beschreibt und zur Frage führt, ob das wirklich der finale Name ist (ja, ist er): Zwölf Zylinder. Langweilig. Nochmal: Dodici Cilindri (sprich: doditschi tschilindri, mit leicht rollendem R). Wow. Das hat Verve und ist für uns Deutsche ein regelrechter Zungenbrecher. Gut, Ferrari hätte ihn auch Due Posti (zwei Sitze), Quattro Ruote (vier Räder) oder Otto Marce (acht Gänge) nennen können. Wir hätten die neuste Kreation aus der Reihe der Berlinettas sowieso gefeiert.

Unsere Highlights

Sie nicht? Wegen des Designs? Nun ja, die Formensprache des 12Cilindri ist zugegeben, sagen wir mal, anders, untypisch. Dass die Front sich am Styling des über 50 Jahre alten Daytona erinnert, ändert nichts an der grundlegenden Ungewöhnlichkeit, die durch zwei stets schwarz lackierte, meistens in der Karosserie versenkte Heckspoilerklappen verstärkt wird.

Ausfahrbare Spoilerklappen erhöhen den Abtrieb

Wofür die gut sind? Probieren wir aus. Jetzt, subito. Denn auf die rund 30 Kilometer kurze, tempolimitierte Kennenlernfahrt, deren Reiz sich zwei Kreisverkehre ausmachen, folgt unmittelbarer Galopp auf abgesperrter Strecke. Die Aufgabe: 830 Pferdestärken möglichst verlustfrei auf Asphalt laminieren. Inklusive Pilot rund 1,8 Tonnen Masse punktgenau an Scheitelpunkte verzögern. 10,3 Quadratmeter Fahrzeugfläche durch Kurvenradien zirkeln. Exakt hier helfen die zwischen 60 und 300 km/h scharfgestellten Heck-Landeklappen. Heißt: Wirken mehr als 0,5 g Quer- oder Negativbeschleunigung, stellt sich das Spoilerpaar steil, unterstützt den dazwischen gespannten Guerney mit einem Zentner Abtrieb bei 250 km/h.

Promotion über Fahrdynamik nach wenigen Kurven

Im Cockpit? Ist die Stimmung kurz vorm Abheben, weil Du schon nach wenigen Kurven eine Bachelor-Arbeit schreiben, ach was, promovieren könntest über den Grenzbereich des 12Cilindri. Also, den des Autos, nicht des Motors. Dessen Limit ist klar abgesteckt, bei 9.500 Touren. Neuntausendfünfhundert! Okay, ein Hybrid würde noch sofortiger ansprechen, ein Turbo die Kurbelwelle badewannen- statt eimerweise mit Drehmoment zuschütten. Doch, hey, wofür? Der hier ist auf seine eigene Art auch permanent erregt, hängt so fulminant fein und unmittelbar am Gas, wie das ein V12-Sauger mit 6,5 Litern Hubraum nun mal macht, liefert bei 2.500 Umdrehungen bereits 542 seiner maximalen 678 Nm Drehmoment.

V12-Klänge in Reinstform bis 9.500 Umdrehungen

Und der Sound? Untenrum feinstimmig, hintergründig, begleitend. In der Mitte nach wie vor höchst kultiviert, gediegen, mit einem Rest Vornehmheit. Oben dann aber platzen die Hemdknöpfe, entblößt sich die von zwei Benzinpumpen mit Brennbarem versorgte, F140HD genannte Maschine regelrecht. Schreit, nein schmettert sie mit kehlig klarem Klang, frei von unangenehmen Frequenzen. Nicht einfach platt und laut, sondern stimmgewaltig. Dabei fliegt die digitale Drehzahlnadel derart schnell in rote Sphären, dass Du den optimalen Schaltzeitpunkt schnell vertrödelst.

Das sollte Dir bei Bremsen und Einlenken nicht passieren. Denn das Gespann aus Tempo und Masse kommt gewaltig. Und damit zurück zum Studium der Dynamik, bei dem wir uns nun eine sich verjüngende Rechtskurve zurechtlegen.

Brake-by-Wire ohne ABS-Pulsieren

Linksbremsen lassen wir lieber, weil das Brake-by-Wire-System über die Pedal-Sohle-Leitung nicht wirklich kommunikativ ist. Ansprechverhalten (direkt), Druckpunkt (hart), Dosierbarkeit (exzellent): alles okay. Was fehlt, ist das ABS-Pulsieren, an dem wir uns gern orientierten. Immerhin meldet die Lenkung ganz famos, agiert mit einer Gewissen Leichtgängigkeit, ohne dabei die Rückmeldung zu kappen oder durch lästiges Zerren Richtung Mittellage aus der Reihe zu tanzen.

So, genau hier müsste der optimale Einlenkpunkt liegen. Liegt er auch. Fuß noch auf der Bremse. Zunächst leichtes Untersteuern, wieder Grip finden, dann minimal eindrehen lassen, unterstützt von der mit bis zu drei Grad Winkel radselektiv mitlenkenden Hinterachse. Hätten wir mit Links gebremst, hätten wir noch früher wieder ans Gas gehen können, ohne, dass die Elektronik der Leistung dazwischenpfuscht. Ist aber gar nicht nötig, weil der 12Cilindri in nullkommanix Luft zieht, bei entsprechend schwerer Schuhsohle mit Leistung nur so um sich wirft. Daten? Zwoneun auf 100, über 340 km/h Topspeed.

Gut, dass die 315er-Hinterachs-Gummis vom Typ Goodyear Eagle F1 SuperSport mit dem Ferrari-eigenen K1-Kürzel viel vertragen. Sind sie doch für den Dodici Cilindri mit zusätzlichen Lagen aus Aramid und Nylon verstärkt, stabilisieren Querverbindungen die Profilblöcke untereinander, wurde die Zusammensetzung der einzelnen Zutaten neu abgemischt.

Selten war es einfacher, 830 PS auf den Asphalt zu bringen

Kurvenausgang, zweite Welle, etwas Schlupf, Lenkung leicht öffnen, der Grip steigt. Also Briketts nachlegen, in den Dritten, Vierten, bis die Verbindung zwischen Gummi und Straße optimal steht. Das alles gelingt – wenn auch im Zeitraffer – fast schon spielerisch. Selten war es einfacher, Gewalten jenseits der 800 PS ohne Kontrollverlust auf den Asphalt zu bringen. Doch, bevor der V12 Schnappatmung kriegt, an der rechten Schaltwippe ziehen, nächste Stufe einlegen – fünfte, sechste, siebte, bis der Tacho knapp über 300 Sachen anzeigt. Geschaltet wird mit einem Doppelkuppler (54 kg leichter, als das Getriebe im 812), dessen untere Gänge extra kurz abgestuft sind.

Dafür ist der Achte länger übersetzt, um Drehzahlen sowie CO₂ zu senken. Und damit zur anderen Seite des 12Cilindri, der eben doch ein GT ist – auch, wenn Ferrari ihn nicht in dieser Ecke sehen will. Warum nur? Ist doch keine Schande, bei dem Auftritt, den er eben hingelegt hat. Im Straßenverkehr jedenfalls rollst du tiefenentspannt, schaltet das DKG bereits knapp unter 70 km/h in den Achten und auch sonst sehr sinnvoll automatisch rauf und runter. Dazu filtern die adaptiven Dämpfer im Rahmen ihrer Möglichkeiten – und die Möglichkeiten sind größer, als erwartet.

Im Achten an die Côte D`Azur

Mal eben von Stuttgart an die Côte D‘Azur? Dank 92 Litern im Tank wohl mit Ein-Stopp-Strategie möglich. Auf dem Weg dorthin: In den nicht zu jeder Statur optimal passenden Sitzen massieren und von Burmester in Verbindung mit CarPlay oder Android Auto unterhalten lassen. Das klappt übrigens ganz ausgezeichnet, weil die Geräuschdämmung stimmt, man vom Antrieb nicht viel mitbekommt und bloß mal ein paar Steinchen durch die Radhäuser flitzen hört. Ach ja, Fahrassistenten gibt’s natürlich auch. Die kann man aber nach erstmaliger Konfiguration per Touchdruck am Lenkrad (wo sind bloß all die einfach bedienbaren Tasten hin?) ausschalten. Genau wie das Start-Stopp-System HELE – was übrigens für High Emotion Low Emission steht. Mensch Ferrari, ihr habt doch eure eigene schöne Sprache. AEBE (Alta Emozione Bassa Emissione) klingt doch gleich viel aufregender.

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Fazit

Ungewöhnliche Formen, gewohnt explosiver Antrieb, kombiniert mit feiner Fahrdynamik und guten GT-Eigenschaften: Beim neuen Ferrari 12Cilindri ist der Name Programm und das Programm besteht aus Kraft, Geschwindigkeit, Handling sowie Agilität. So wirklich sicher sind wir uns nicht, ob dies nicht vielleicht schon der letzte V12 von Ferrari sein könnte, der ohne Hilfsmittel auskommt. Dass der GT kein Leichtgewicht ist und die Touchbedienung am Lenkrad stört, gerät bei solchen Diskussionen zurecht zur Nebensache. Genauso wie der Preis von 382.000 Euro.

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