Der VW T5 Dakar im Fahrbericht

Der VW T5 Dakar im Fahrbericht
VW baut den T5 Rallye-tauglich um

Veröffentlicht am 20.12.2010

Bus-Reisen sind ja in aller Regel eher bei Senioren beliebt, die sich ohne große Hast durch Europa kutschieren lassen, die Kaffeepause ist das Ziel. Bei Nummer 618 liegt die Sache allerdings etwas anders. Den Großteil seines Lebens hatte er es bislang eher eilig, das Sitzplatzangebot ist begrenzt, und es ging auch nicht auf Werbefahrt, sondern auf dem schnellsten Weg von Lissabon nach Dakar.

Gestatten T5, 4Motion, Startnummer 618. Nein, Sie haben nichts verpasst, das eigentliche Rennen der Rallye Dakar bestreiten unter dem blau-silbernen Volkswagen-Logo natürlich die Race-Touareg. Die eigentliche Bestimmung von Nummer 618: vier Mann der Mechaniker-Crew zu befördern. Mal fahren sie den Rennautos hinterher, mal eilen sie ihnen von Camp zu Camp voraus – gelegentlich auf befestigten Wegen, oft aber auch direkt entlang der Rallye-Strecke quer durch Geröll und Wüste. Rund 9000 Kilometer Hektik und volles Rohr.

Mit dem Rallye-T5 auf Testfahrt in Marokko

Diesmal eilt es nicht ganz so sehr. Wir treffen Nummer 618 am letzten afrikanischen Ausgangspunkt der Dakar, in Marokko, um mit ihm auf Tour zu gehen. Auf abgelegenen einspurigen Eselspfaden über den Hohen Atlas, quer durch ausgetrocknete Flussbetten, über brettharte Wellblechpisten und zum Abschluss mitten hinein in die quirlige Großstadt Marrakesch.

Basis des Renngeräts für die Boxen-Crew ist der T5-Transporter mit kurzem Radstand und automatischem 4Motion-Allradantrieb. Motorisierung: der nach dem Facelift abgelöste Top-Diesel mit 174 PS. Auf Kuschel-Atmosphäre im Innenraum braucht man allerdings nicht zu hoffen. Hier riecht alles nach Rallyesport. Kaum Verkleidungen, viel nacktes Blech, Alu-Riffel auf dem Boden. Vorn und hinten nehmen je zwei Vollschalensitze mit Fünfpunktgurten die Besatzung zuverlässig in die Zange. Reisefertig verschnürt, ergibt das einerseits höchstmögliche Sicherheit, andererseits bis auf die durch den Gurt eingeschränkte Bewegungsfreiheit einen erstaunlich hohen Fahrkomfort. Denn selbst bei rüdestem Tempo sitzt man in den ordentlich gepolsterten Kunststoffschalen wie hineingegossen.

Mit dem Seikel-Fahrwerk kann man es krachen lassen

Für die rasante Fahrt ist allerdings nicht nur der Gute-Laune-Diesel unter der Haube verantwortlich. In erster Linie ist es dem Unterbau zu verdanken, dass wir es beim Probeflug richtig krachen lassen können: Der T5 steht auf einem HD-Fahrwerk von Seikel, garniert mit Bilstein-Dämpfern. Die hohe 245/75 R 16-Bereifung trifft auf eine verkürzte Achsübersetzung, wodurch das Drehzahlniveau insgesamt ungefähr auf dem Serienstand bleibt – bei Bedarf ist auch Tempo 180 kein Thema.

Ein Überrollkäfig des Nienburger Spezialisten Wiechers versteift das Chassis und sichert im wenig wünschenswerten Ernstfall den Überlebensraum der Passagiere. Der 80-Liter-Tank ist nach FIA-Vorschrift mit Gummiblase versehen, umgeben von robustem Metallgehäuse. Feuerlöscher in Griffweite, ein Metalltrenngitter zum Ladeabteil, GPS, Tripmaster und Notfallsender – die Ausstattung entspricht den Vorgaben, die auch an die Wettbewerbsfahrzeuge gestellt werden.

Rallye-Vollausstattung im VW T5 Dakar

Man könnte mit diesem T5 problemlos zum Wertungslauf der nächsten Wüstenrallye starten. Weil Wüste nicht nur aus Sand bestehen muss, sondern auch sehr steinig sein kann, ist der Unterboden des T5 mit stabiler Armierung versehen. Schutzbleche ziehen sich von vorn bis hinten unter dem gesamten Auto durch, verkraften aufgewirbelte Felsbrocken ebenso wie unsanftes Aufsetzen. Mit dieser Schutz- und Trutzausstattung fällt es nicht schwer, selbst in Rennfeeling zu verfallen. Okay, das Einsteigen durch das Rohrgeflecht des Käfigs und das Einfädeln in die Recaro-Schale ist eher nichts für Paketboten, die ständig rein und raus müssen. Aber erst einmal drin, geht es ziemlich zur Sache.

Trotz der beachtlichen Höherlegung und der groben AT-Bereifung lässt sich der T5 erstaunlich zivil und sicher über befestigte Straßen jagen. Das echte Aha-Erlebnis folgt allerdings erst jenseits des Teers. Ohne mit der Wimper zu zucken mit 100 Sachen über eine Wellblechpiste – kein Thema für das Fahrwerk, das straff führt und extrem schluckfreudig reagiert. Die Dämpfer sind wirklich spitze.

Ein kurzer erster Gang oder eine Untersetzung wären schön

Zwar ist die Geräuschkulisse im ungedämmten Blechgehäuse beachtlich, auch der Fünfzylinder mit der modifizierten Abgasanlage trompetet eine fröhliche Begleitmusik, doch das macht den Spaß erst so richtig komplett. Ein Radio braucht hier niemand. Die Verschränkung ist allerdings wenig berauschend, was auf den unbefestigten Gebirgspfaden mit tiefen Auswaschungen öfter den Griff zur Hinterachssperre nötig macht. Und der ansonsten potente Diesel schläft im Drehzahlkeller tief und fest. Erst bei hoher Drehzahl geht es ungestüm vorwärts. Für knifflige Abschnitte fehlen ihm jedoch Kriechgang und Untersetzung.