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Fahrbericht Mercedes-Maybach G650 Landaulet (2017)
Mit dem Luxus-Offroad-Cabrio durchs Gelände

Das G-Modell steht für überragende Offroadfähigkeiten, aber nicht für Luxus und Komfort. Jetzt gibt es einen G von Maybach, der das auch noch mit einem Cabrioverdeck für den Fond kombiniert. Wir haben den Mercedes-Maybach G650 Landaulet gefahren.

Mercedes-Maybach G650 Landaulet
Foto: Deniz Calagan

Die Bilder vom ersten Gelände-Maybach sind beeindruckend, aber die erste Begegnung ist furchteinflößend. Das Ersatzrad am Heck misst rund 92 Zentimeter im Durchmesser und ist so weit oben angebracht, dass die 325er-Reifen auf der 22 Zoll-Felge meine 1,84 Meter locker überragen. Die Höhe des oberen Ersatzradrandes korrespondiert mit dem Abstand der Karosse zum Asphalt – irgendwie halten die grobstolligen Laufflächen zu den ausgestellten Radläufen so viel Abstand wie ein adaptiver Tempomat zum Vordermann.

Unsere Highlights

Der Grund ist eine Konstruktion, die sonst nur noch beim Unimog zu finden ist: Portalachsen. Sie zeichnen sich durch Radträger aus, bei denen die Antriebswellen oberhalb der Radmitte in einen Zahnkranz greifen, damit sie die Bodenfreiheit im Sinne maximaler Geländegängigkeit nicht limitieren.

Mercedes-Maybach G650 Landaulet kostet eine Dreiviertelmillon

Die brauchen sicher die wenigsten Maybach-Kunden. Was sie aber vermutlich schätzen, ist der Nebeneffekt der respekteinflößenden Höhe von rund 2,24 Meter. Wer für ein Auto 749.700 Euro ausgibt, ist es vermutlich gewohnt, die Welt von oben herab zu betrachten. Damit das Landaulet nicht aussieht wie ein Hochhaus, hat Daimler den Radstand um rund 60 Zentimeter auf rund 3,43 Meter gestreckt, so dass die Gesamtlänge jetzt bei 5,35 Metern liegt – zu übersehen ist der G650 also nur mit viel Anstrengung.

Wenn die Passagiere auch nicht übersehen werden möchten, etwa bei der Vorfahrt am roten Teppich, dann können sie das Verdeck über dem Fond öffnen – wenn sie sich dann aufrecht hinsetzen, kann das Publikum auch erkennen, wenn sie huldvoll grüßen. Aber dazu später. Wir wollen ja unbedingt mal fahren mit der 3,3 Tonnen schweren Präsenzgranate.

Hohes Niveau – nicht nur beim Preis

Den Fahrersitz hebt das Fahrgestell auf Lkw-Niveau. Trotzdem muss der G-Steuermann nicht klettern, um den Kraxler zu besteigen. Wer den Türknopf drückt und am Griff zieht (ja, so geht Türöffnen beim G-Modell, seit 1979), dem bewegt sich ein Trittbrett entgegen – nach dem Motto „Es sinkt für Sie: das Niveau“. Tatsächlich sieht der elektrische Schweller nicht sonderlich edel aus und auch die in den Tragarmen integrierte LED-Beleuchtung erfüllt nicht ganz die Erwartungen an einen Maybach. Vom Aufkleber mit dem Gewichtslimit 120 kg fühle ich mich nicht angesprochen und gelange immerhin sehr einfach ins Auto – um festzustellen, dass der Innenraum eben nicht höher ist als im normalen G und auch längs nicht mehr Platz ist. Zumal hinter dem Fahrersitz eine Quertraverse den Fond abtrennt; aus ihr hebt sich auf Knopfdruck (im Fond) eine Trennwand. Aber auch dazu später.

Mercedes-Maybach G650 Landaulet
Deniz Calagan
Hinten ist das Landaulet ein Maybach.

Der Chauffeur findet im Maybach-G einen schick eingerichteten Arbeitsplatz und tolle Aussichten: Konventionelle Mercedes-Instrumente viel Leder und dank der nahezu senkrecht stehenden Windschutzscheibe einen guten Überblick zumindest über die kantige Front. Das herrlich griffige Lenkrad in zweifarbigem Leder steht typisch G-Modell etwas flach, vermittelt mit seinem dicken Kranz aber das gute Gefühl, alles im Griff zu haben, zumal die großen Alu-Schaltpaddles Kontrolle über den mächtigen V12 unter der Fronthaube suggerieren.

52,5 PS – pro Zylinder

Der mächtige 6,0-Liter-Biturbo startet unauffällig und verfällt in einen vibrationsfreien Leerlauf. Der Wählhebel gleicht dem des AMG GT, was in dem riesigen Geländemonster zunächst befremdet, aber die Maschine des G650 entsteht eben bei AMG. Auch das Einlegen der Fahrstufe „D“ bleibt unspektakulär. Dann rollt der Maybach an, ganz ohne Gas, geschmeidig und mühelos. Fast ist man enttäuscht, weil man irgendeine Herausforderung erwartet, die zu überwinden ist, um so ein wuchtiges Auto in Bewegung zu versetzen. Immerhin ist das Gaspedal etwas schwergängig. Aber der V12 schiebt den tonnenschweren Brocken mühelos an, ab 2.500 U/min wird der üppige, sähmige Klang des V12 rockiger, ein heiserer Unterton erzählt von 630 PS und 1.000 Nm. Die Beschleunigung von unter sechs Sekunden auf 100 km/h gewinnt aus der Lkw-Perspektive erheblich an Dramatik.

Das Testgelände in Graz verlangt bald Verzögerung mit den Vertrauen einflößenden Bremsen und ein Wendemanöver auf beschränktem Platz – wobei diese Einschätzung relativ ist. Einem Smart reichte der Raum vermutlich für eine Acht. Ich hole vorsorglich etwas weiter aus, und muss doch zurückstoßen, denn ein ausgerechnet nur halbhoher Pfosten verschwindet rechts hinter dem Ende der Motorhaube, genau in dem Bereich, in dem ich die sicher sündhaft teuren Kotflügelverbreiterungen aus Karbon verorten würde. Egal, die Lenkung ist leichtgängig, wenn auch nicht gerade direkt, aber rangieren gestaltet sich einfacher als befürchtet. Auf der Geraden zeigt der Motor, dass er das Landaulet in unter sechs Sekunden auf 100 km/h beschleunigen kann und die Lenkung hält insofern mit, als das extralange G-Modell brav der vorgegebenen Route folgt.

Hervorragender Federungskomfort

Holper-Abschnitte der Teststrecke lassen den Maybach-Offroader erstaunlich unbeeindruckt. Gelassen federt der Brocken auch über derberen Untergrund. Die 32,5 Zentimeter breiten Gummis mögen dank eines moderaten Querschnitts (325/55 R 22) ihren Anteil daran haben. Aber das meiste muss vom Fahrwerk kommen. Gunnar Guethenke, Leiter Produktbereich Geländewagen bei Daimler, erklärt: „Wir haben lange daran gearbeitet, dass die Informationen, die an den vorderen Adaptivdämpfern ankommen, gut von denen an der Hinterachse genutzt werden. Das geht nur im Fahrversuch. Dazu haben wir viel Zeit als Passagiere im Fond von Prototypen verbracht. Der Raum hinter den Vordersitzen war zu dem Zeitpunkt nicht viel mehr als eine Holzkiste ohne Fenster und nicht gerade winddicht, aber immerhin mit den Komfortsitzen des Serienautos. Das war anstrengend, aber es hat sich gelohnt. Wir konnten so die Abstimmung immer weiter verfeinern. Den Federungskomfort, den wir so erreicht haben, wohlgemerkt mit einer Starrachse, werden unsere Kunden spüren und schätzen“. Der Aufwand hat sich gelohnt.

Mercedes-Maybach G650 Landaulet
Deniz Calagan
Länge läuft: Der G650 kann sehr komfortabel gleiten.

Fürs Foto fahre ich noch einen Kreis mit zugegebenermaßen üppigem Radius. Klar baut der G650 hier Seitenneigung auf, aber das tut nahezu jedes Auto. Dass es sich nach mehr anfühlt, liegt vor allem an der Sitzhöhe. Ein schneller Slalom ist sicher nicht die Lieblingsdisziplin des Landaulets, aber vor normalen Kurven mit Landstraßen-Tempo muss keiner Angst haben – vorausgesetzt, die Straßenbreite passt: Der G650 ist ohne Spiegel 2,10 Meter breit.

Offroad ein echter G trotz langen Radstandes

Danach wartet noch ein kleiner Hügel auf den Super-G. Er hat in etwa das Querschnittsprofil eines Quaders, besteht aus erdigem Kies und ist spärlich mit Gras bewachsen, das in der kühlen Morgensonne des frühen Märztages feucht glänzt. Als Offroad-Laie qualifiziert man die Erhebung sofort als zu umfahrendes Hindernis – da geht’s schon mal nicht lang. Das gilt halt nicht für ein G-Modell, auch nicht wenn es mehr als drei Meter Radstand hat. Mein Beifahrer dirigiert mich immer dahin, wo ich auf keinen Fall hinfahren würde und als kurz vor dem Hügelkamm in der Windschutzscheibe hauptsächlich Horizont zu sehen ist und ich schon ein „siehste, sag ich doch“-Gesicht vorbereite, sagt er gelassen wie in einer Parklücke: „Kleines Stück zurück“, und aktiviert über der Mittelkonsole das Zentraldifferenzial. Kurz aufs grüne Lämpchen warten, runter von der Bremse, Gas geben – das war’s. Am Querfeldein-Abstieg aus dem Geländehügel hindern uns nur die Pfiffe der fürs Auto verantwortlichen Umstehenden – vermutlich hatten sie aber nur Bedenken wegen des Fahrers.

Mercedes-Maybach G650 Landaulet
Deniz Calagan
Die Portalchsen machen das Landaulet sehr geändegängig.

Offener Luxus im Fond

Der darf in der Folge den Fond ausprobieren, schließlich geht es bei einem Landaulet vor allem darum. Einsteigen geht schon mal einfacher als vorne und drinnen warten die First-Class-Sitze der S-Klasse, großzügig mit Designo-Leder bespannt, das sich auch über weite Teile des übrigen Interieurs erstreckt. Auf den Sesseln liegt ein herrlich weiches Flockenkissen (natürlich mit Lederbezug) und auch die Kopfstützen sind flauschig gepolstert. Das muss so sein, denn die Lehnen lassen sich so weit zurückfahren, dass sich eine unglaublich dekadente, aber enorm entspannende Lümmelhaltung einstellt und der Kopf wirklich auf dem Polster liegt. Wow! Die Krönung ist jetzt natürlich, wenn sich das elektrische Verdeck hebt und hinter den Sitzen zu liegen kommt, um den Blick auf den blauen Himmel oder die Umgebung freizugeben. Wem das zu kalt ist, der verstärkt die Wirkung der Sitzheizung mit der Hot-Stone-Massage, die sich per Fernbedienung auf dem 10-Zoll-Monitor auf der Quertraverse konfigurieren lässt.

Mercedes-Maybach G650 Landaulet
Deniz Calagan
Das riesige Verdeck öffnet nur den Fond.

Dort können sich die Fondpassagiere natürlich auch Musik aussuchen oder Filme ansehen. Wen dann die Umgebungsgeräusche stören, der schließt das prima gedämmte Verdeck. Die Schalter dazu sitzen auf der Quertraverse und sind als optischer Gag genauso angeordnet, wie die für die Sperren vorne über der Mittelkonsole. Der dritte zwischen „Verdeck zu“ und „auf“ lässt lautlos die Trennscheibe aus der Trennwand fahren, ein zweiter Druck und die Scheibe wird wie von Geisterhand milchig – eindrucksvoll. Wie das funktioniert? In einer Folie in der Scheibe sitzen kleine Teilchen, die sich durch Anlegen einer elektrischen Spannung einheitlich ausrichten lassen und so eine blickdichte Oberfläche bilden. Die weiße Fläche lässt viel indirektes Licht in den Fond, wie auch die großformatigen Plastikheck- und die steil stehenden Seitenscheiben. Weich gebettet, sanft eingehüllt vom wattigen Verdeck – hier lässt es sich aushalten.

Fazit

Das Mercedes-Maybach G650 Landaulet erfüllt die Erwartungen. Außer wendig, agil, sparsam und unauffällig kann er alles, wofür er gemacht ist: mega-komfortabel gleiten, durch schweres Gelände klettern und Eindruck machen. Da fällt die Suche nach dem Haar in der Suppe schwer. Ok, bei den spärlichen Temperaturen im Frühjahr streift der Fahrtwind ein wenig zu kühl um die Nase und der Abstand zu den Schaltern im geräumigen Fond offenbart: Der Gurt ist zu kurz. Aber das ist den Entwicklern natürlich auch aufgefallen: Ein längerer Gurt ist genauso in Vorbereitung wie ein Spoiler für den Überrollbügel, der eine ähnliche Wirkung haben soll, wie ein Windschott. Das würde nicht zum Landaulet passen – es ist mehr der Trennscheiben-Typ.

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