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E-Tourneo Custom
Erste Fahrt im elektrischen Ford-Bus

Die Modellpalette des Tourneo Custom erweitert Ford um die Elektrovariante E-Tourneo Custom, die einen Heckmotor mit einem vergleichsweise kleinen 64-kWh-Akku kombiniert. Wir machen uns auf einer ersten Testfahrt ein Bild von seinen Eigenschaften. Zusätzlich drehen wir auch Runden mit diversen Handwerkerversionen des Transporters.

Ford E-Tourneo Custom
Foto: Ford

Zum Einstieg geht’s mit einer kurzen Namenskunde los: E-Transit Custom heißt der Kastenwagen mit getrennter Fahrerkabine und großer Ladefläche hinten, E-Tourneo Custom der Familientransporter – alle Varianten sind ab Werk mit einer Wärmepumpe ausgerüstet.

Doch während die Eckdaten des Elektroantriebs für die meisten Handwerksbetriebe mit eher kurzen Fahrdistanzen vermutlich kein Problem sind, zwingen sie den E-Tourneo Custom in eine ziemlich enge Nische: In den WLTP-Zyklen verbucht er mit einer nutzbaren Akkukapazität von 64 kWh eher geringe Reichweiten zwischen 204 bis 306 Kilometer. Laut Ford vergehen am Schnelllader 39 Minuten für einen Ladevorgang von zehn auf 80 Prozent, wobei die Ladeleistung bis zu 125 kW erreichen soll. Groß rumrechnen muss man nicht, um festzustellen: Eine gangbare Fernreisetauglichkeit fehlt dem Van.

Unsere Highlights

Für wen soll der Achtsitzer also sein? Vielleicht für Großfamilien, die alltägliche Fahrten in einem E-Fahrzeug bestreiten wollen. Oder für Shuttle-Dienste, die nicht permanent unterwegs sind und im Zweifel sogar mit dem 11-kW-AC-Lader auskommen.

Auf unserer Ausfahrt durch Frankfurt inklusive kurzer Etappen auf der Stadtautobahn zeigt der Instrumentenmonitor einen Verbrauch von rund 22 kWh/100 km – damit läge er eher im 300-Kilometer-Bereich, wenn es mit vollem Akku losgeht.

Brutto-Netto-Differenz von 18,5 kWh

Der wird allerdings nie auch nur ansatzweise vollständig geladen, denn die Bruttokapazität beträgt 82,5 kWh. Die zum Nettowert untypisch große Differenz von 18,5 kWh erklärt Ford mit während der Entwicklung geänderter Sicherheitsbestimmungen, die der Stromspeicher aktuell nur mit dem immensen Puffer erfüllen könne. Auf der Habenseite bleiben 100-Prozent-Ladungen aus, die gemeinhin als verschleißfördernd gelten.

Acht Plätze ohne Quetscherei

Im Vergleich mit dem Verbrennermodell ändert der Unterboden-Akku nichts am Raumangebot. Wenn die dritte Sitzreihe nach hinten geschoben ist, bleibt bei dem Testwagen mit kurzem Radstand nur wenig Platz für Gepäck – dafür gibt’s auf allen Sitzen reichlich Beinfreiheit. Das Einsteigen über die beiden elektrischen Schiebetüren gelingt besonders einfach, wenn die Sitze so angeordnet sind, dass sich die Fondpassagiere gegenseitig ansehen. Alternativ können sie durch das riesige, strebenfreie Glasdach eine neue Perspektive auf die Häuserschluchten der Großstadt gewinnen. Kippfenster, USB-Anschlüsse, eine eigene Klimazone und Dachluftausströmer sind hinten ebenfalls verbaut.

Ford E-Tourneo Custom
Ford

​​In dieser Konfiguration sind hinten vier Einzelsitze und vor dem Kofferraum ein Doppelsitz eingebaut. Zwei der Sitze sind mit Heizflächen ausgerüstet.

Vorne sitzt man stuhlartig hoch auf den ordentlichen Sitzen, an denen jeweils zwei weich gepolsterte, verstellbare Armlehnen montiert sind. Das Lenkrad lässt sich nicht optimal, für einen Van aber durchaus gut positionieren. Mit dem Mobile-Office-Paket kann das Lenkrad sogar in die Waagerechte gekippt werden, um einen Tischaufsatz für Laptops oder das Mittagessen aufzusetzen. Bestellen sollte man das nur bei tatsächlichem Bedarf, denn die beim Serienlenkrad wohlgeformten Griffmulden hinter den Lenkradspeichen entfallen mit der variablen Version, die sich deshalb viel schlechter greifen lässt.

Ford E-Tourneo Custom
Ford

​​Mit dem Mobile-Office-Paket kann das Lenkrad hochgeklappt werden und ein Tischaufsatz eingelegt werden. Die Griffmulden hinter den Speichen des Serienlenkrads sind allerdings deutlich bequemer.

Starke Klima, Rundumsichtverbesserer, großer Monitor

Ansonsten pustet die Klima in der ersten Reihe trotz der sommerlichen Temperatur nahezu sofort kalt, während es hinten länger dauert, bis halbwegs kühle Luft ankommt – die Raumtemperatur passt allerdings im gesamten Wagen. Zum Enteisen sind in die Windschutzscheibe Heizdrähte eingearbeitet, die man je nach Lichteinfall deutlich sieht. Manche Fahrer stören die Drähte, andere nicht so sehr – die Sicht schränken sie jedenfalls nicht ein. Zur Verbesserung der Rundumsicht sitzen in den Außenspiegelgehäusen zusätzliche Totwinkelspiegel, und falls Passagiere die Sicht nach hinten blockieren, kann der Innenrückspiegel per Hebelchen in den Videomodus geschaltet werden. Und beim Rangieren helfen die Bilder des 360-Grad-Kamerasystems auf dem großen 13-Zoll-Touchscreen.

Der zeigt ansonsten etwa Apple CarPlay im Vollbildmodus an, wovon etwa die Darstellung von Google Maps profitiert. Die hauseigene Ford-Navigation punktet mit einer automatischen Einplanung von Ladestopps bei längeren Strecken. Alternativ lässt sich die manuelle Stromsäulensuche nach Ladeleistung filtern, etwa "bis 22 kW" oder "über 100 kW" sind mögliche Optionen.

415 Nm auf die Hinterräder

Den Strom wandelt der 160 kW starke Heckantrieb aus dem Stand in flüssigen, recht zügigen Vortrieb um. Allerdings endet er schon bei 130 km/h, wobei Ford die Vmax-Sperre gegen 125 Euro Aufpreis auf 150 km/h anhebt.

In die andere Richtung kann die Verzögerungsleistung via Rekuperation über die L-Taste am Gangwahlhebel erhöht werden. Im L-Modus bleibt der 5,05 Meter lange Custom nicht stehen, verzögert aber bis Schritttempo recht kräftig. Ein Einpedalbetrieb wird somit zwar nicht unterstützt, via Bremspedal klappt ruckfreies Anhalten aber intuitiv und ohne viel Übung. Offen bleibt bis zum ersten Test, ob er stärker bremst als zuletzt die Verbrennervariante mit langem Radstand, die im auto motor und sport-Test lange 40 Meter von 100 auf 0 km/h brauchte.

Im Bereich der Richtgeschwindigkeit halten sich die Windgeräusche in Grenzen, was grundsätzlich auch für Fahrwerksgeräusche gilt. Die Verkleidungsteile des langen Innenraums knarzen oder vibrieren erfreulich selten und meist zurückhaltend – kein Selbstverständnis in dieser Fahrzeugklasse. Zusätzlich federt der E-Tourneo auf der Testfahrt nur vereinzelt etwas härter und meist sogar eher recht komfortabel.

Wie fährt sich denn die Lieferwagen-Version?

Nicht spürbar anders – und im Zweifel sogar schneller, wenn man die 210 kW starke MS-RT-Sonderversion mit einem Motor aus dem Ford Mach-E nimmt. Abgesehen von den Rädern und der Motorleistung sind die Änderungen aber vor allem optischer Natur: Hier etwa der Grünton "Yellow Green" inklusive anderer Stoßfänger und Aeroelemente auf dem Dach. Die weitere Palette bietet neben typischen Leasinglackierungen vor allem richtig viele knallbunte Farben: MS-RT Blue, Cadmium Yellow, TNT Tango Orange, Ultra Marine Blue und ENW Purple zum Beispiel.

Ford E-Transit mit Ausbau
Ford

​Der 210 kW starke MS-RT trägt anders geformte Stoßfänger und einen schwarzen Grill.

Für Handwerker sicherlich wichtiger: Die Basisversion mit 110 kW generiert ebenfalls 415 Nm, beschleunigt aber schon deutlich langsamer als die 160-kW-Variante. Untermotorisiert fühlt man sich mit dem Einstiegsantrieb aber nicht, nur der Vmax-Deckel bei 110 km/h birgt auf der Autobahn sicherlich Nervpotenzial.

Ein dicker Komfortzugewinn für Handwerker hingegen: Werkzeuge können ohne Generator betrieben werden, nämlich über die beiden 230-Volt-Steckdosen hinten rechts im Kofferraum, die bis zu 2,3 Kilowatt liefern.

Was kosten die großen Elektro-Vans? Der E-Tourneo Custom startet mit der Grundausstattung Trend bei 66.819 Euro, für einen Titanium X verlangt Ford mindestens 75.625 Euro. Für Handwerker geht’s mit dem E-Transit Custom ab 57.953 Euro brutto los. Der hier grüne MS-RT-Transit liegt bei 82.050 Euro.

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Fazit

Der E-Tourneo Custom fährt für einen Van ziemlich komfortabel, bietet viel Platz für Passagiere und ist modern ausgestattet. Die geringe nutzbare Akkukapazität raubt ihm in Kombination mit der mauen DC-Ladeleistung allerdings in großen Zügen seine Reisetauglichkeit. Diese Nachteile sind für lokal arbeitende Handwerksbetriebe weit weniger kritisch, wenn sie den Ford ohnehin nur nach Feierabend laden müssen.

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Erscheinungsdatum 20.06.2024

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