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Der Bentley Azure T im Fahrbericht
Unterwegs mit dem britischen Luxuscabrio

Im Azure T, der sportlich verdichteten Version des großen Bentley-Cabrios, begleiten wir Entwicklungsvorstand Ulrich Eichhorn auf seinen bevorzugten Testrouten rund ums Werk in Crewe.

Bentley Azure T
Foto: Hans-Dieter Seufert

"Toller Nebel heute", sagt Entwicklungsvorstand Ulrich Eichhorn zur Begrüßung, als er uns zu einer Ausfahrt im Bentley Azure T abholt, "dick wie Erbsensuppe." Dann nimmt er in der Frühstücksrunde Platz und bestellt Tee. Dabei lässt er verlauten, er habe das Hotel erst kürzlich vor dem Sittenverfall gerettet: "Die wollten doch tatsächlich Teebeutel einführen, hier in diesen ehrwürdigen Räumen. Das musste ich verhindern." Als deutscher Abgesandter von Konzernmutter VW pflegt der Chef-Techniker englisches Brauchtum liebevoller als viele seiner einheimischen Mitarbeiter.

Das Verdeck des Bentley Azure T öffnet sich in 25 Sekunden

Die Teetasse ist geleert, der Tank des Bentley Azure T dagegen noch voll; es handelt sich um die sportliche Version des großen Cabrios. Beim Öffnen seiner Wagenschläge empfängt er mit einem Schwall von herbem Duft. Conolly-Leder, sagt die Nase. Die Firma gibt es nicht mehr, meldet das Gehirn. Tatsächlich stammt das Bentley-Leder von Boxmark und Pasubio. "Aber Herr Conolly berät uns noch", erklärt Eichhorn. Auch hier sieht er die Tradition gewahrt. Wir starten zur Testfahrt auf einer seiner bevorzugten Beurteilungsstrecken, nicht ohne vorher das Verdeck in 25 Sekunden elektrisch öffnen zu lassen. Passend zum Auto ist es ein Mordsteil, und man bewundert das mächtige Gestänge für seine Gelenkigkeit sowie die Stellmotoren für ihre Kraft.

Auf der Bentley Azure T Verdeckklappe müssen zwei Cheerleader sitzen können

Währenddessen erzählt Eichhorn von einer Art Missbrauchs-Test: "Zwei Cheerleader müssen auf der Verdeckklappe sitzen können, ohne dass sie nachgibt." Wird hier dem Freizeitverhalten des Bel Air-Nachwuchses Rechnung getragen? Baumkronen werfen den sonoren Motorklang als Widerhall zurück. Das also ist mit Rauschen im Walde gemeint. Noch befinden wir uns auf einer Bundesstraße. "Viele Autos, viel Polizei", analysiert Eichhorn und biegt zielstrebig ab - auf einen Seitenarm mit Hecken und Zäunen. Sie wachsen so dicht an die Fahrbahn heran, dass sie einen Kanal formen, das allgegenwärtige Landschaftsbild.

Anfangs saß die Karosse des Bentley Azure T auf

"Die Straße hier haben diese Esel frisch geteert. Vorher war es eine wunderbare Buckelpiste, um den Komfort zu beurteilen. Zum Glück hat der Bau-Trupp so schlecht gearbeitet, dass die Wellen wieder durchkommen." Etwa die folgende Kompression. Eichhorn staucht den Bentley Azure T zusammen, dass unsere Innereien auf Block gehen. Wir registrieren die geringfügig sportlichere Abstimmung als im Basismodell. "Zu Beginn habe ich bemängelt, dass die Karosserie hier aufsetzt, was meine Ingenieure bestritten. Ich habe nur geantwortet: Dann fahrt ihr eben nicht schnell genug."

Inneraum teils im Look der Zwanziger-Jahre-Le-Mans-Rennwagen

Der Belag wird besser und die Streckenführung übersichtlicher. "Unser Stück deutsche Landstraße", sagt Eichhorn, "hier kann man es laufen lassen." Fahrer und Fahrzeug sind dabei so vertrauenswürdig, dass wir uns ruhigen Gewissens dem Innenraum der 367.353-Euro-Schatzkiste widmen können. Der Blick fällt auf die Änderungen zum mittlerweile eingestellten normalen Azure: das Rautenstepp-Leder, die gekörnte Optik des Wählhebels, das Armaturenbrett mit geschliffenem Aluminium im Look der Zwanziger-Jahre-Le-Mans-Rennwagen und die schwarz hinterlegten Instrumente. Der Dachhimmel aus einer Microfaser ähnlich wie Alcantara ahmt den Spannhimmel der traditionellen Bentley nach. Auch das Cabrio verfügt über eine Leselampe.

Wichtig ist der analoge Look des Bentley Azure T Innenraumes

Typisch für einen großen Bentley: Der Azure T kultiviert das Umständliche und erhebt es zur Besonderheit. Bevor man das Radio bedient, ist erst eine Abdeckung hochzuklappen. So wie man einen Füllfederhalter vor dem Schreiben erst aufdrehen muss - eines von Eichhorns Lieblingsbeispielen, wenn er die Marken-Philosophie erläutert. Wichtig ist auch heutzutage der analoge Look des Innenraums. Schließlich nutzt der Bentley Azure-Fahrer zwar die Segnungen der Technik, doch er würde nie Aufhebens darum machen - oder sie gar neureich zur Schau stellen. Mittlerweile sind wir am Werksgelände in Crewe angekommen, Eichhorn verabschiedet sich in das denkmalgeschützte Klinkerstein-Gebäude von 1938. Wir dagegen peilen noch einmal die Straßen durch die Hecken und Zäune an.

Der Bentley Azure T marschiert stabil nach vorne

Sie sollen der Grund dafür sein, dass englische Fahrzeuge zu Lastwechselreaktionen neigen. "Das Auto muss deutlich einlenken, sobald man das Gaspedal lupft. Für den Fall, dass man sich in einer blinden Kurve verschätzt hat und der Platz ausgeht", hallen Eichhorns Worte noch nach, während wir den schweren Wagen kurz pendeln lassen. Als wir wieder aufs Gas gehen, marschiert der Bentley Azure T unbeirrbar stabil nach vorn. Die leicht erhöhte Reisegeschwindigkeit im offenen Viersitzer wird dabei nicht zur stürmischen Angelegenheit - selbst mit heruntergefahrenen Seitenscheiben. Der Bentley ist ein Cabrio, in dem man tatsächlich auch hinten sitzen kann. Sicherheitshalber merkt sich die Klimaanlage aber die letzte Einstellung für die beiden Zustände Verdeck offen und geschlossen; falls doch Temperatur-Klagen kommen sollten.

In 5,5 Sekunden soll der Bentley Azure T auf 100 km/ h beschleunigen

Auf die Frage nach den Daten hatte Eichhorn gescherzt "angemessene Leistung plus 50 Prozent" und dann 507 PS genannt, 51 mehr als im Bentley Azure. Jetzt fallen bei Vollgas vor allem die dramatisch über das Schwergewicht hereinbrechenden 1.000 Nm auf, welche die beiden Turbolader aus dem altehrwürdigen Achtzylinder stemmen. Sie sollen das Schlachtross aus dem Stand in kaum vorstellbaren 5,5 Sekunden auf Tempo 100 wuchten. Das klingt dann wie ein herangrollender Zug. Sportmotor-Schub bei Diesel-Drehzahlen. Die Arroganz des 6,75-Liters, hohe Drehzahlen zu verweigern, seine Macht, wie Poseidon Drehmoment-Wellen zu erzeugen, ist einzigartig. Dabei verdaut die ZF-Sechsgangautomatik den riesigen Newtonmeter-Berg, ohne aufzustoßen. Auch die 20-Zöller-Pirellis, gemeinsam mit dem Matrix-Kühlergrill ein äußerliches Bentley Azure T-Merkmal, schmatzen bei Vollgas, als würden sie sich das deftige Drehmoment schmecken lassen.

Das T steht für Touring

Anmerken sollten wir noch, was das T hinter dem Namen Azure bedeutet: Touring, was aber zu harmlos klingt. T steht eigentlich für den würdevollen Nachdruck der allgewaltigen Zusatz-Kraft. Doch sie ergänzt nur das hektik-freie Azure-Gleiten. Schließlich darf ein Bentley seinen Fahrer nie ins Schwitzen bringen - nicht einmal als sportliches Modell.

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