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Can-Am Spyder F3 Limited, Kyburz eRod
Dreizylinder-Dreirad trifft Elektro-Kart

Can-Am Spyder und Kyburz eRod kennt kein Mensch? Na, dann wird’s höchste Zeit! Und wo könnte man die Fahrspaßmaschinen besser kennenlernen als auf den verschlungenen Sträßchen der Schwäbischen Alb?

Can-Am Spyder F3 Limited, Kyburz eRod, Exterieur
Foto: Rossen Gargolov

Es ist noch gar nicht so lange her, da haben wir uns jedes Wochenende getroffen und sind einfach so zum Spaß rumgefahren. Am liebsten auf der Hausstrecke. Und heute? Gibt’s viele Ausreden: Corona, natürlich. Aber auch Haus, Familie und Job. Wir werden eben älter. Wobei das jetzt überzogen klingt. Einigen wir uns doch darauf, dass wir eben keine Zwanzig mehr sind.

Das ist auch gut so, denn damals hätten wir uns diese zwei ungewöhnlichen Spaßkisten nicht leisten können: Der eine nennt sich Can-Am Spyder. Er ist ein Motorrad-Auto-Mischling, wirkt jedoch wie ein berädertes Ski-Doo. Und das ist auch gar nicht so weit weg von der Wahrheit, denn der Mutterkonzern BPR baut auch Schneemobile. Der Kyburz eRod hingegen ist im weitesten Sinne ein Auto. Wenngleich es Elektro-Kart mit zwei Sitzen wohl am ehesten trifft. Was beide verbindet? Sie sind kompromisslos und natürlich anders. Und dienen nur einem Zweck: Fahrspaß. Genau dem frönen die beiden Kumpel jetzt mal wieder in ihrem alten Revier, den verschlungenen kleinen Sträßchen rund um Schwäbisch Gmünd.

Unsere Highlights
Can-Am Spyder F3 Limited, Kyburz eRod, Exterieur
Rossen Gargolov
Puristischer als im eRod lassen sich Landstraßen kaum erfahren, der Spyder F3 taugt auch als Touer.

Elektro-Quad oder Dreirad?

Die Schlüsselaufteilung regelt sich von selbst. Zwar braucht’s für den Can-Am keinen Motorradführerschein, ein bisschen Zweiraderfahrung meinerseits schadet jedoch nicht. Der eRod dagegen ist formal ein Quad der Klasse L7e, nur eben mit elektrischem Antrieb. Dafür fehlen Kotflügel, Windschutzscheibe, Türen und ein festes Dach. Alles unnötiger Ballast, haben sich die Eidgenossen von Kyburz wohl gedacht, als sie den eRod ersonnen haben. Zudem verkomplizieren diese Teile den Zusammenbau nur unnötig. Wie jetzt? Ja, tatsächlich haben zwei Kollegen das Kit-Car aus rund 500 Einzelteilen mit circa 1.200 Schrauben selbst zusammengebaut.

Eine Bastelbude ist der eRod zwar nicht. Kleinere Startproblemchen gibt’s aber trotzdem. Einsteigen erfordert, wie bei einem Formelwagen, eine gewisse Gelenkigkeit. Entsprechend lächerlich wirkt das erste Probesitzen von außen. Die langen Beine von Kumpel Jonas wollen erst mal am airbaglosen Lenkrad vorbeigefaltet werden, ohne dass das Knie am Not-Aus-Knopf hängen bleibt und den eRod dauerhaft lahmlegt. Einmal drin, fesseln ihn Hosenträgergurte an die Sitzschale. Jetzt noch Spiegel einstellen. "Mist!" Der rechte Außenspiegel ist nur von Hand justierbar, und der Arm reicht nicht mal bis zur Mitte des Beifahrersitzes. Aber wofür hat man denn Freunde? Dafür nicht! Also: abschnallen, rausfädeln und das Spiegelchen zurechtdrücken und dann alles noch mal retour.

Kyburz eRod, Exterieur
Rossen Gargolov
Gitterrohrrahmen und Sitzschalen bedeuten wenig Auto.

Schlüssel ins Schloss, drehen, keine Reaktion. Ist der jetzt schon an? Die Frage stellt sich wohl jeder, wenn er das erste Mal in einem E-Auto sitzt. Motorgeräusche stellen sich hier erst ein, wenn der Kippschalter rechts neben dem Lenkrad den Vor- beziehungsweise Rückwärtsgang freigibt. Nur noch Handbremshebel runter, und los rollt der eRod. Gas- und Bremspedal – das ist alles wie bei jedem Automatikauto. Doch sie wollen sachte bedient werden. Der eRod wiegt kaum 600 Kilogramm, samt Akkus versteht sich. Anders als beim Verbrenner im Can-Am liegen 140 Nm Drehmoment permanent an und müssen nicht erst durch Drehzahl aufgebaut werden. Dabei erzeugt die 45-kW-Maschine Formel-E-typischen Turbinensound – vielleicht nicht jedermanns Sache, wir finden’s megacool.

Da die überschaubare Kraft auf dünne Hinterräder wirkt und die Schweizer den Gitterrohrbody ideal ausbalancieren, klebt der eRod in den Kurven. Und dabei ist’s ihm egal, welchen Radius sie haben. Er flippert förmlich vom Scheitel zum Punkt, wankt nicht, rollt nicht und lenkt unmittelbar servobefreit ein. Die ABS-lose Bremse erfordert jedoch Gefühl, zumal der eRod leicht rekuperiert, sobald du das Gas lupfst. Dafür beißt die Anlage aber unermüdlich zu. Gefühlt hockt man kaum eine Handbreit über dem Asphalt, spürt also jede noch so kleine Welle im Belag. Federungskomfort? Fehlanzeige. Aber den braucht’s nicht auf diesen Straßen. Genauso wenig wie höhere Geschwindigkeiten, bei 120 km/h ist beim eRod ohnehin Schluss.

Kyburz eRod, Exterieur
Rossen Gargolov
Der zentrale Boradcomputer regelt die Leistung abhängig von der Batterietemperatur.

Ein Helm ist übrigens nicht vorgeschrieben. Und trotzdem wär’s besser, einen zu tragen – nicht nur der Sicherheit wegen, das erledigt der fette Überrollbügel. Sondern, weil dir ab Tempo 80 der Wind dein Gesicht zur Dauergrimasse verweht und die Insekten wahlweise gegen die Stirn trommeln oder zwischen den Zähnen im Dauergrinsen landen.

Weniger amüsiert zeigt sich indes der Lithium-Eisen-Phosphat-Akku, den nur der warme Fahrtwind kühlt. Bei Außentemperaturen jenseits der 30-Grad-Marke und bei dem forcierten Tempo ist das heute dann doch zu wenig. Ständiges Rauf und Runter, Links und Rechts, immer wieder volle Lotte. Das macht Spass, drückt aber die Reichweite und erhöht die Betriebstemperatur, worauf der Eidgenosse kurzerhand die Leistung drosselt.

Einfach mal bequem kurven

Heiß wird’s langsam auch auf dem Can-Am. Obwohl der Spyder eine offene Kulisse bietet, kommt doch kaum Fahrtwind beim Piloten an. Der kleine Windschild und breite Vorderbau leiten nahezu alle Luft um einen herum. Natürlich muss man sich in den Can-Am erst mal reinfühlen beziehungsweise aufsitzen. Aufrecht hockst du da wie auf einer Honda Gold Wing und hältst dich an einer Lenkstange fest. Ja, der Can-Am versteht sich durchaus auch als komfortabler Cruiser, mit seiner bequemen sowie beheizbaren Bank, dem Soundsystem mit sechs Lautsprechern und genügend Staufächern für einen Wochenendtrip zu zweit.

Can-Am Spyder F3 Limited, Exterieur
Rossen Gargolov
Dank Windschild, vielen Staufächern und Sitzheizung ist der Can-Am Spyder F3 sogar fernreisetauglich.

Doch unter dem ausladenden 27-Liter-Tank zwischen den Beinen röhrt der 1,3-Liter-Dreizylinder-Reihenmotor. Mit seiner kernigen Stimme verschafft er sich gleich Respekt. Und den solltest du auch haben – wenngleich 116 PS und 130 Newtonmeter für Auto-Maßstäbe überschaubar klingen. Für ein Dreirad ist das hingegen schon recht eindrucksvoll. Okay, ganz so leicht wie ein Motorrad ist der Zweisitzer mit 448 Kilogramm nicht. Doch unter fünf Sekunden auf 100 km/h sind locker drin. Das macht Laune, weil das Rotax-Triebwerk blitzartig anspricht und hurtig gen 8.000er Marke marschiert. Ab 4.000/min verfällt die Fuhre erst in wütendes Schreien, dann in schrilles Kreischen. Dabei wird das Dreirad aber nie so laut wie die Zweiräder, die dieser Tage aus Tirol verbannt wurden.

Mit einem Daumenklick haut die Halbautomatik schwuppdiwupp den nächsten Gang rein. Kuppeln ist nicht nötig. Einfach am Gasgriff drehen, und weiter geht’s. Gebremst wird mit einem Fußpedal, was nicht ohne Tücke ist, da die ABS-Regelung auf welligem Untergrund Probleme hat, den Can-Am auf der Linie zu halten. Dabei übernimmt das Getriebe selbstständig das Runterschalten und garniert sein Tun mit frechen Zwischengassalven.

Kurven gegen den Instinkt

Die ersten Kurven fühlen sich schon etwas eigenartig an. Der Spyder fährt nach rechts und neigt sich aber nach links – oder umgedreht. Motorradinstinkte drücken den Körper zur Kurveninnenseite, jedoch will der Lenker auch bewegt werden. Ansonsten biegt der Can-Am nicht ab – da verhält sich das Dreirad nicht viel anders als ein Auto. Die gute Nachricht: Das Ganze ist schnell verinnerlicht, und dann wird’s richtig spaßig. Viel passieren kann eigentlich nicht. Gehst du Kurven zu schnell an, bremst das Stabilitätsprogramm sanft die Vorderräder ein. Und beim Herausbeschleunigen passt die Traktionskontrolle auf, dass der 225er-Hinterreifen nicht den Halt verliert.

Can-Am Spyder F3 Limited, Exterieur
Rossen Gargolov
In den Kurven kämpft der Pilot mit der Fliehkraft.

Das wirkt im ersten Moment etwas sicherheitsbehaftet – und genau das soll es auch sein. Mit etwas Übung, dem richtigen Einschlagwinkel, der richtigen Körperhaltung und Gasstellung rotierst du aber gleich schneller durch die Kehren. Richtig lustig wird’s, wenn der Can-Am auf losen Untergrund trifft. Hier sucht das Hinterrad nach Halt, findet ihn aber eher selten. Breitbeinig steht man dann auf dem Trike und lässt die Maschine unter einem surfen. Das hat durchaus was von Motocrossen und ist auch mindestens genauso anstrengend.

Höchste Zeit also für eine kleine Pause. Helme runter, Jacken aus. Nicht nur wir, auch der eRod kann etwas Saft vertragen. Während der Akku an der Schukodose nuckelt – optional zapft er bis zu 19,8 kW via Typ-2-Stecker –, klären wir bei Maultaschen und anschließendem Espresso die Kostenfrage. Mindestens 26.611 Euro verlangt Can-Am für den Spyder F3 Limited. Noch mal rund 10.000 Euro teurer kommt der eRod, der dann noch selbst zusammengeschraubt werden will.

Das ist viel Geld für zwei Fahrspaßmaschinen, die kein Mensch kennt – die aber jeder kennen sollte.

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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