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Cadillac Escalade im ersten Test
Der weiche Riese mit Verwöhnaroma

Der ultimative Luxus-Schlitten kommt! Der Cadillac Escalade ist Blech gewordene Dekadenz und stellt europäische Premium-SUV buchstäblich in den Schatten. Wir waren mit ihm unterwegs.

Cadillac Escalade 2015
Foto: Cadillac

Gegen den neuen Cadillac Escalade wirkt ein BMW X5 wie ein Kassen-Modell. An diesem Trumm von Auto ist einfach alles XXL. Wie bei Cadillac üblich, basiert auch der neue Escalade auf einem Chevrolet-Schwestermodell. Im Falle des Escalade ist es unter anderem der Chevrolet Suburban, aber auch die Fullsize-Trucks des Hauses wie der Chevrolet Silverado, mit denen er sich die GMT K2XX genannte Bauplattform teilt. Ein Riesen-Pickup und ein Luxus-SUV auf demselben Gerüst? Für den Cadillac Escalade ganz normal.

Unsere Highlights

Entsprechend fällt die Konstruktionsweise aus. Während europäische SUV-Hersteller ihre Autos inzwischen größtenteils auf filigrane Pkw-Plattformen stellen, gibt sich der Cadillac Escalade als Stahlmonster: Massiver Leiterrahmen, hintere Starrachse und eine aus dem Vollen geschnitzte vordere Einzelradaufhängung, das ist noch Geländewagentechnik von altem Schrot und Korn. Gut für die nächste Zombie-Apokalypse, vielleicht nicht ganz so geeignet für enge Altstadtstraßen in der Toskana oder flinkes Kurvenwedeln in den Seealpen.

Cadillac Escalade mit 426-PS-V8

Über die Motorisierung müssen sich Käufer des Cadillac Escalade bei der neuen Generation keine großen Gedanken mehr machen – es gibt nur eine Maschine. Während sich das Vorgängermodell noch mit einem optionalen Hybrid-Antrieb um Käufer bemühte, gibt es beim neuen Cadillac Escalade ausschließlich einen 6,2 Liter großen V8, den General Motors originellerweise als „EcoTec“-Motor betitelt. 426 PS und 610 Newtonmeter entwickelt der klassische Saug-Motor, Cadillac beziffert den Durchschnittsverbrauch des neuen Escalade 2015 auf 13,1 Liter/100 km.

Verwaltet wird der dicke Achtzylinder von einer sechsstufigen Automatik. Um den passenden Fahrkomfort kümmert sich das Fahrwerk mit Magnetic-Ride-Stoßdämpfern, die ihre Charakteristik automatisch auf die Fahrsituation einstellen.

Die Abmessungen des neuen Cadillac werden in deutschen Parkhäusern für viel Spektakel sorgen. Schon die Normalversion des neuen Cadillac Escalade streckt sich auf 5.179 Millimeter Länge, in der verlängerten ESV-Ausführung sind es vergnügliche 5,7 Meter Baumaß. Die Breite (2,06 Meter, ohne Spiegel) und Höhe (1,89 Meter) machen das Einpark-Erlebnis komplett. Über das Gewicht des neuen Cadillac Escalade muss man sich auch keine Illusionen machen: mindestens 2,75 Tonnen bringt die Standard-Version leer auf die Waage, bei der langen ESV-Variante kommen nochmals 100 Kilo dazu. Die lange ESV-Version kommt mit dem neuen Modell übrigens erstmals offiziell nach Europa.

Platz wie im Tanzsaal

Wer außen so klotzt, kann allerdings auch im Innenraum richtig auftrumpfen. Mit bis zu 3.424 Liter Laderaumvolumen (Cadillac Escalade ESV mit umgelegten Rücksitzen) kann man nötigenfalls auch in das SUV einziehen, rund ein Meter Freiraum in der zweiten Reihe sorgt für Dancefloor-Feeling. Die zweite Sitzreihe besteht aus Einzelsitzen (wahlweise gibt es auch eine Sitzbank), in der dritten Reihe wartet eine elektrisch aufstellbare Dreier-Bank auf die Passagiere.

Den neuen Cadillac gibt es ausschließlich in der Ausstattungsversion „volle Hütte“: Die Leder-Vordersitze sind klimatisiert, die Rücksitze verfügen über eine Heizung, alle drei Reihen lassen sich über die Dreizonen-Klimaanlage individuell einregeln. Der zentrale Bedienungsbildschirm für Fahrzeugfunktionen und Multimedia wird wie ein Tablet-Computer über Gesten gesteuert, die Instrumenteneinheit vor dem Fahrer besteht ebenfalls aus einem Farbbildschirm, der sich individuell konfigurieren lässt. Dazu gesellt sich ein farbiges Head-up-Display, das wichtige Informationen etwa aus dem Navigationssystem in die Windschutzscheibe projiziert. Schon in der Standardversion ist ein komplettes Multimediasystem mit dickem Beat von Bose installiert, das in der zweiten Reihe ein Entertainmentsystem mit Blu-ray-Player und kabellosen Kopfhörern bereit hält. Wer statt Premium (so heißt die „Basis“-Version) nach dem Escalade in Platinum-Ausstattung verlangt, bekommt noch edleres Leder, noch mehr Video-Bildschirme für die Passagiere und noch schickere 22-Zoll-Räder. Und die elektrisch ausklappenden Trittbretter, eines der ganz wenigen Aufpreis-Extras beim Cadillac Escalade Premium (siehe hierzu auch die Preisliste zum downloaden).

Cadillac Escalade – so fährt er

Der 6.2-Liter-V8 hat wenig Mühe damit, das Schlachtschiff nötigenfalls gewaltig abzufeuern. Wird das Gaspedal auf Anschlag gesetzt, geht es mit bemerkenswertem Geboller nach vorne. Und zwar so rasch, dass man durchaus verwundert sein darf. Denn es ist ja nicht gerade wenig Auto, das da aus den Federn gehoben wird. 6,7 Sekunden für Nullhundert verspricht Cadillac, was nach der ersten Testfahrt nicht sehr abwegig erscheint. Was jenseits dieser Marke passiert, ließ sich auf unserer ersten Probefahrt allerdings nicht wirklich klären – die fand in der Schweiz statt, wo schon ein Tempo von 130 km/h als gemeingefährliche Raserei gilt und entsprechend geahndet wird.

Den Großteil der ersten Testfahrt absolvierte der Großmotor daher irgendwo in den Drehzahl-Katakomben und zu einem ansehnlichen Teil mit halbem Antrieb: eine kleine Anzeige in den Armaturen informiert, wann vier der acht Zylinder zur Spritersparnis weggeschaltet werden. Spürbar ist dieser Vorgang nämlich nicht, hörbar auch nicht – dazu ist die Geräuschdämmung zu gut. Tatsächlich hört man bei sachter Fahrt lediglich leicht den Fahrtwind um das Gehäuse streichen, während die Geschehnisse aus dem Motorraum so gut wie ausgeblendet sind, auch die Abrollgeräusche sind kaum wahrnehmbar. Schade: die verwendete Sechsstufen-Automatik eignet sich nicht für ein automatisches Stopp-Start-System an der Ampel, das dem Flüsterriesen gut zu Gesicht stünde.

Gelände: Nein.

Trotz hinterer Starrachse federt und dämpft der neue Cadillac Escalade seinem Preisschild entsprechend luxuriös. Dass das Riesenschiff weder Handlingwunder noch Kurvenkratzer ist, liegt schon aus physikalischen Gründen auf der Hand, es wird von der stark gedämpften Lenkung in der Praxis noch unterstrichen. Der Escalade ist in erster Linie eine Reise-Sänfte, an der die Umwelt abprallt – einmal in Fahrt fühlt er sich an, als könnten ihn auch Erdbeben oder Vulkanausbrüche nur geringfügig aus der Fassung bringen.

Wer Gelände-Kompetenz erwartet, setzt allerdings auf den falschen Dampfer – der zuschaltbare Automatik-Allrad sollte als Schlechtwetter-Option begriffen werden, schon auf einem mitteleuropäischen Feldweg wird das dicke Ding an seine Grenzen kommen, sowohl wegen der Abmessungen als auch wegen der mageren Bodenfreiheit, die vom vorderen Spoiler noch zusätzlich limitiert wird.

Angesichts des feudalen Leergewichts einigermaßen verwunderlich sind die Ladekapazitäten des Cadillac Escalade: Lediglich 560 Kilo dürfen zugeladen werden, beim langen Cadillac Escalade ESV sind es sogar nur 545 Kilo. Bei bis zu acht Passagieren wird es da gewichtsmäßig ausgesprochen eng für´s Gepäck. Ebenfalls eher unterdurchschnittlich für diese Sorte und Größe Auto: als Achtsitzer darf ein Anhänger beim kurzen Escalade lediglich drei Tonnen wiegen, beim langen Cadillac Escalade ESV sogar nur 2,6. Das sind Werte, die auch ein VW Amarok mit seinem Zweiliter-Vierzylinder wuppen darf. Den sieht sein Hersteller aber im Gegensatz zu Cadillac nicht vorrangig mit einer schweren Luxusyacht im Schlepp auf dem Weg an die Côte d’Azur. Da werden die künftigen Escalade-Besitzer noch ein paar Rechenaufgaben zu lösen haben.

Markstart für den neuen Cadillac Escalade in Deutschland ist im April. Im Vergleich zum Vorgängermodell gibt es eine beachtliche Preisanpassung nach oben. Wenigstens 96.500 Euro wird der Luxus-Riese kosten (kurzer Radstand, Premium), das Topmodell (langer Radstand, Platinum) steht mit 109.000 Euro in der Liste. Für Cadillac Europe offenbar kein Problem: die erste Charge von 200 Fahrzeugen ist per Blind-Bestellung bereits ausverkauft, wer jetzt zum Händler eilt, muss auf das nächste Europa-Kontingent warten. Das kann ein wenig dauern, in den USA bricht der Escalade gerade sämtliche Verkaufsrekorde seiner Vorgängermodelle, alleine 5.000 Stück waren es im Januar und Februar.

Fazit:

Der Cadillac Escalade ist ein Sinnbild dafür, wie sehr die amerikanischen Hersteller gegenüber den Europäern aufgeholt haben. Das dicke Ding ist einfach fetter Luxus auf höchstem Niveau. Für Greenpeace-Anhänger ist die Dreitonnen-Kutsche mit 6,2-Liter-V8 dagegen vermutlich der Antichrist auf Rädern. Aber damit werden Escalade-Käufer umgehen können. Der Preis ist, vergleicht man kleinere und unscheinbarere Fahrzeuge wie den Range Rover oder den Mercedes GL mit ähnlicher Ausstattung, wettbewerbsfähig. Eher seltsam sind dagegen Zuladung und Anhängelast.

Technische Daten
Cadillac Escalade 6.2 V8 ESV PremiumCadillac Escalade 6.2 V8 Premium
Grundpreis104.900 €99.500 €
Außenmaße5697 x 2061 x 1886 mm5179 x 2061 x 1896 mm
Kofferraumvolumen1113 bis 3424 l98 bis 2668 l
Hubraum / Motor6162 cm³ / 8-Zylinder6162 cm³ / 8-Zylinder
Leistung313 kW / 426 PS bei 5600 U/min313 kW / 426 PS bei 5600 U/min
Höchstgeschwindigkeit180 km/h180 km/h
Verbrauch13,1 l/100 km13,1 l/100 km
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Erscheinungsdatum 03.07.2024

148 Seiten