Für gefühlte fünf Minuten war der Bentley Bentayga Speed einst das schnellste Sport Utility Vehicle der Welt – damals 2019, als der 306 km/h schnelle Koloss mit seinem ebenso kolossalen Zwölfzylindermotor der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Doch ist das für die Kunden überhaupt wichtig? Klar, das "Speed" steht im Namen, aber es hat nichts mit Stammtisch-Prahlerei zu tun. Stellen Sie sich das Konzept in etwa wie bei Alpina vor: Es geht um souveränes Reisen, garniert mit überlegenem Komfort und feinsten Materialien. All das bietet der neue Speed, der den Bentayga S ablöst.
Okay, der W12 wurde in den bedauerlichen, aber verdienten Ruhestand verabschiedet. Aber zum Glück hat das VW-Konzernregal nicht nur einen sportlichen Allzweckmotor zu bieten. Was der EA 888 für die kompakten Baureihen ist, stellt der Vierliter-Biturbo-V8 (EA 825) für die massigeren Modelle dar. Dessen Ausbaustufe mit 650 PS und 850 Nm kennen wir bereits aus dem Lamborghini Urus. Erzielt wird die Power durch größere Lader und höhere Ladedrücke in Kombination mit einer leicht reduzierten Verdichtung. Das sorgt für einen Null-Hundert-Wert von 3,6 Sekunden und 310 km/h Topspeed im neuen Speed. Damit ist der Neue nicht nur schneller als sein Vorgänger, sondern auch agiler. Wobei der Gewichtsvorteil durch den V8 nicht wirklich einen Unterschied macht. Mit 2.466 Kilogramm ist der Luxus-SUV noch immer kein Leichtgewicht, doch immerhin schabt er knapp 50 Kilo vom W12-Wert ab.
Dafür haben sie das Fahrwerk im Sport-Modus 15 Prozent steifer gestaltet als im Basismodell. Und die optionale Akrapovic-Abgasanlage (-12,5 kg, 9.211 Euro extra) aus Titan sorgt für einen tief grollenden, sportlichen Sound, bei dem wir geneigt sind zu sagen, dass dieses fast infantile Gebollere und Zwischengasgespratzel zu einem Bentley nicht so recht passen will. Auf der anderen Seite: Im explizit als solches vermarkteten Sportmodell lassen wir es durchgehen, für gediegeneres Fahren gibt es ja die anderen Varianten.
Ebenfalls neu: Der Dynamic-Modus erlaubt sanftes Leistungsübersteuern, obwohl man in Crewe nicht so weit gehen will, dies als Drift-Mode zu bezeichnen. Und es gibt eine vollwertige Launch-Control.
Mehr Sport auch optisch
Karosserieseitig erkennt man den Speed an speziellem Splitter, Schwellern und angedeutetem Diffusor. Dazu gesellen sich helle LED-Heckleuchten und erstmals optionale 23-Zoll-Räder. Die 440 Millimeter messende Carbon-Keramik-Bremsanlage ist an sich nicht neu, die Designmöglichkeiten mit sieben Bremssättel-Farben dagegen schon. Ohnehin ist am Bentayga so gut wie alles individualisierbar – in verschiedenen Ausprägungen, je nachdem, wie gut die Kunden-Geldbörse gefüllt ist.

650 PS und 310 km/h Höchstgeschwindigkeit – der Bentayga Speed verbindet Luxus mit sportlicher Agilität.
Auf der Straße drückt uns der V8 mit einem derartigen Nachdruck in die muckeligen Ledersitze, dass Blitzergefahr jederzeit innerhalb von ein paar Sekunden droht. Zwar kann der 5,14-Meter-Klops Kurven, so ganz lässt sich die Physik aber auch mit allen Kniffen der Regelelektronik nicht überlisten. Sehr beeindruckend wird es allerdings, als uns Bentley auf einen schnellen Offroad-Schotterkurs loslässt. Auf einmal scheint das Gewicht kaum mehr eine Rolle zu spielen, es geht nur noch um Anstellwinkel und Traktion – fast wie beim Eisdriften. Aber wer macht so was schon mit einem Bentayga Speed?