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Audi SQ8 im Fahrbericht
Europas stärkster Diesel-SUV

Sportlich und gleichzeitig komfortabel, kraftvoll und sparsam, chic und dabei praktisch – all diese Gegensätze soll der 435 PS starke Audi SQ8 TDI vereinen. Das klingt nach einem eierlegenden Wollmilch-SUV. Ob er das tatsächlich ist, klären wir auf einer Bergetappe der Tour de France.

Audi SQ8, Exterieur
Foto: Audi

Der Col du Tourmalet ist mit 2.115 Metern der höchste französische Pyrenäenpass. Jeden Kilometer weist hier ein Schild auf die bereits erreichte Höhe hin und verweist auf die verbleibende Entfernung zum Pass sowie die durchschnittliche Steigung auf dem nächsten Kilometer. Wer hier hoch will, muss sportlich sein, aber mit der Sportlichkeit ist das so eine Sache bei einem SUV.

Fragen wir doch mal die Rennradler, die sich hier gerade auf ihren ultraleichten Rädern die Passstraße hinaufgequält haben, ob sie den rund 2,5 Tonnen schweren Audi SQ8 sportlich finden. Die meisten winken erst mal ab, staunen aber nicht schlecht beim Blick auf das Datenblatt, das uns Audi fein säuberlich einlaminiert ins Handschuhfach gelegt hat. In 4,8 Sekunden dampfhammert der SUV auf hundert, drückt bereits aus dem Drehzahlkeller mit 900 Nm Drehmoment. Das reicht, um den Hobby-Motorradfahrern, die wir vor einigen Kilometern auf einer der wenigen geraden Stücke verblasen haben, einen anerkennenden Gruß abzuringen.

Unsere Highlights

Klingt sportlich, doch so hört und fühlt sich der Audi SQ8 nicht unbedingt an. Der 4,0-Liter-Diesel hält sich stets dezent im Hintergrund. Trotz elektrisch angetriebenem Verdichter (EAV), der in 250 Millisekunden auf 70.000/min hochfährt und so das Turboloch überbrückt, ist der Motor kein Temperamentsbolzen. Der Selbstzünder entwickelt seine Leistung nicht explosionsartig, sondern baut sie konstant auf: Während der erste der beiden Turbos im heißen V des Achtzylinder-Diesels schon bei niedrigen Umdrehungen mitläuft, schaltet sich der zweite Lader bei circa 2.200/min ein. So reißt der Zug selbst kurz vor dem Begrenzer nicht ab.

Mit E-Verdichter so gut wie vor dem WLTP

Audi SQ8, Heckblende
Audi
Turboloch? Gibt es noch. Im Vergleich mit den Sechszylinder-Triebwerken aber nur wenig ausgeprägt.

Allerdings ist der TDI vom Ansprechverhalten eines Saugbenziners ebenso weit entfernt wie von der Egalisierung des Turbolochs. Immerhin ist es verglichen mit den durch den WLTP-Zyklus domestizierten Sechszylinder-Triebwerken nur noch ein Turbo-Löchlein. Auch deren ausgeprägte Anfahrschwäche ist für den Achtzylinder kaum ein Thema. Einmal in Bewegung hält die Automatik im Dynamic-Modus fast immer den richtigen Gang parat und schaltet gewohnt schnell. Störend empfinden Selberschalter, dass die eigene Gangwahl ungefragt am Begrenzer und beim Kickdown von der Automatik ignoriert und übersteuert wird.

Dafür ist die Traktion dank Allradantrieb samt optionalem Sportdifferenzial selbst aus engen Ecken bombastisch – und davon gibt es hier reichlich. Allradgelenkt schlängelt sich der Fünf-Meter-SUV erstaunlich behände die schmale Berg-Etappe der Tour de France entlang. Genau zwei Meter Fahrzeugbreite (ohne Außenspiegel) sind hier jedoch etwas heikel: Die Fahrspuren sind oft kaum breiter als der SUV, werden auf der einen Seite von Felsen und auf der anderen von einem steilen Abgrund flankiert.

Dann wird’s plötzlich knifflig: Direkt hinter einer Kuppe hat es sich eine Kuh-Herde auf der Straße gemütlich gemacht. Der Notbremsassistent schlägt an. Die Zehnkolbensattel der optionalen Keramik-Bremsanlage beißen in die 420 mm großen Scheiben an der Vorderachse (350 mm hinten) und verhindern, dass der neu designte SQ8-Grill zum Kuh-Fänger wird. Auch auf der anschließenden Bergab-Passage zeigt die teure Bremsanlage keinerlei Ermüdungserscheinungen.

Wir lassen es jetzt entspannter angehen. In Comfort-Stellung verwöhnen ruckfreie Gangwechsel. Wie beim kleineren Q8 unterdrückt das Luftfahrwerk samt 48-Volt-Wankausgleich unerwünschte Karosseriebewegungen. Lediglich kurze Wellen und Schlaglochpisten bringen den mit 22-Zoll-Felgen bereiften SUV hin und wieder etwas aus der Fassung. Da der SQ8 ein Mild-Hybrid-System hat, geht Bremsenergie bergab nicht komplett verloren, sondern wird von einem Riemen-Starter-Generator zum Laden der Lithium-Ionen-Batterie genutzt. Im Real-Betrieb soll das zusammen mit der intelligenten Navigation, die das Fahrzeug automatisch vor Kreuzungen und Kurven abbremst und die Topografie berücksichtigt, den Verbrauch um bis zu 0,5 Liter pro 100 Kilometer senken. Wie viel der SQ8 im Zyklus verbraucht, verrät Audi noch nicht.

Nie mehr Rote Welle

Die aus dem Schwestermodell Q8 bekannte Sicherheitsassistenz wird erstmals durch eine intelligente Ampel-Kommunikation ergänzt. Theoretisch kennt der Assistent die Schaltzeiten der Verkehrsampeln, zeigt während der Fahrt im Digital-Instrument an, mit welchem Tempo die nächste Ampel bei Grün erreicht wird beziehungsweise wann diese wieder auf Grün springt. Praktisch funktioniert das System vorerst jedoch nur im 1.500 Kilometer entfernten Ingolstadt. Auch zur Funktionalität des neu integrierten Amazon-Alexa-Assistenten können wir mangels freigeschalteten Accounts keine belastbare Aussage treffen.

Im Innenraum unterscheidet sich das S-Modell mit Carbon-Dekoren und roter Lederausstattung nur marginal vom Q8. Gleiches gilt für das serienmäßige Virtual Cockpit, dem Audi einen eigenständigen S-Look verpasst. Wie gewohnt ist hier alles top verarbeitet. Und auch an das touchbasierte MMI-Bedienkonzept samt Sprachsteuerung haben wir uns inzwischen gewöhnt.

Jeder Zeit fest im Griff halten Fahrer und Beifahrer die voll klimatisierten Integralsitze mit Massagefunktion. Obwohl Audi den SQ8 als viertüriges Coupé propagiert, sind die Fondplätze mit der verschiebbaren Bank samt variabler Rückenlehne betont komfortabel ausgerichtet. Selbst der Reise-Trolley fliegt dank Ladungssicherungssystem nicht durch den 605 Liter fassenden Kofferraum, dessen Nutzwert lediglich durch die flache Heckscheibe eingeschränkt ist.

Sie merken schon. Der SQ8 ist tatsächlich ein Alleskönner-SUV, allerdings auch mindestens 102.900 Euro teuer.

Fazit

Der Audi SQ8 ist ein überaus agiler und kräftiger SUV, der dank Mild-Hybridisierung nicht mal übermäßig durstig wird. Praktisch und chic ist schon der normale Q8. Ob das den Grundpreis von über 100.000 Euro rechtfertigt? Scheinbar, denn wie beim Q7 wird sich wohl jeder siebte Q8-Kunde künftig für das S-Modell entscheiden.

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Erscheinungsdatum 03.07.2024

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