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Audi R8 5.2 FSI und Ducati Panigale 1199 S
Erstes Date auf dem Hockenheimring

Zum VW-Imperium gehört nun auch die italienische Motorradschmiede Ducati. Das Topmodell Ducati Panigale 1199 S verabredete sich deshalb zum ersten Beschnuppern mit Audis Vorzeige-Sportwagen R8 5.2 FSI.

Audi R8 5.2 FSI, Ducati 1199 Panigale S, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Tagtraum: „Konnsch kumme, isch trocke“, schalmeit die Streckenverwaltung des Hockenheimrings fröhlich kurpfälzernd aus dem Telefonhörer. Perfekte Bedingungen für beräderte High-End-Spielzeuge wie den Audi R8 5.2 FSI und die Ducati Panigale 1199 S also, doch in der Realität beschneidet ein enges Zeitfenster die spätnachmittägliche Jagd über den sich windenden Asphalt – und die Technik.

Nein, keine Sorge, alles funktioniert bestens. Die Kollegen der Fachzeitschrift „Motorrad“ versichern zudem, dass eine Ducati inzwischen deutlich länger als nur 916 Kilometer halte – ein mieser Ruf, den sich einst das Modell 916 mit ebenso mieser Qualität einfuhr. Heute gilt die italienische Motorradschmiede in der Branche als ehrgeiziger Premiumanbieter, was in etwa dem Image von Audi entspricht. Allerdings spucken die Ingolstädter pro Jahr vergleichbar viele Fahrzeuge aus (2011: rund 1,3 Millionen) wie die Wettbewerber, Ducati muss sich jedoch mit 42.000 Zweirädern (2011) deutlich hinter BMW (über 104.000 Motorräder) einreihen. Um kurz bei verwirrenden Zahlen zu bleiben: Die Ducati Panigale verfügt über eine aufwendige, von sechs Steuergeräten verwaltete Elektronik. Damit lassen sich unter anderem das ABS in drei, die Motorbremse ebenfalls in drei und die Traktionskontrolle gar in acht Stufen verstellen.

Dämpfer können in 31 Stufen justiert werden

Das reicht noch nicht? Ach, natürlich können auch die Dämpfer individuell justiert werden – in jeweils 31 Stufen für Zug- und Druckstufe. Mal eben schnell eine heiße Zeit in den Asphalt brennen? Mumpitz. Selbst Profis reklamieren rund eine halbe Stunde Eingewöhnung, um ein für sich und die äußeren Bedingungen passendes Setup auszuknobeln. Mit deutlich weniger Zeit käme wohl auch der Fahrer eines Sportwagens vom Kaliber des Audi R8 nicht hin, wenngleich die Individualisierungsmöglichkeiten geradezu spartanisch ausfallen. Dämpfer: Sport ein oder nicht. Regelelektronik: an, ASR aus und ESP an oder alles aus. Fertig. Na gut, der Heckflügel kann bereits im Stand ausgefahren werden.

Aber vielleicht verleitete diese Zwangsverordnung von Fahrdynamik den technikverliebten VW-Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëch dazu, sich bis heute regelmäßig auf ein Superbike aus italienischer Produktion zu schwingen. Aktuell parkt unter anderem ein Exemplar der bereits ausverkauften, ehemals schlanke 55.000 Euro teuren Desmosedici mit Vierzylinder- Triebwerk in seiner Garage. Dagegen geht die Ducati Panigale 1199 S schon für 24.990 Euro über den Ladentisch. Im Preis enthalten: ein wassergekühltes V2-Triebwerk mit 195 PS, die betäubend gewalttätig das 188 Kilogramm schwere Motorrad durch die Welt schleudern.

Ducati Panigale 1199 S in 3,2 Sekunden auf Tempo 100

Der Hersteller verspricht, dass die 100-km/h-Marke in lächerlichen 3,2 Sekunden im Rückspiegel verpufft, die Höchstgeschwindigkeit kratzt an der 300-km/h-Zone. Sicher keine allzu dumme Idee also, der Motorleistung ein elektronisches Zaumzeug umzulegen, wenngleich das bei Zweirädern nochmals deutlich aufwendiger ausfällt. Einfach per Bremseingriff die Fuhre auf Kurs halten? Zu instabil. Also alles auf Drosselklappe, was höchste Sensibilität für optimales Regeln erfordert – speziell beim Anblick der sich bei rund 6.500/min wie eine Felswand auftürmenden Drehmomentkurve. Nicht zu vergessen: die Reifen, die sich mit ein paar wie zufällig in die Lauffläche verirrten Rillen eine Straßenzulassung erschleichen. Zugegeben, für optimalen Nässegrip müssten sich auch die Pirelli P Zero Corsa des Audi R8 nochmal unter das Messer legen, doch die höchst gefühlvoll arbeitende Traktionskontrolle und der serienmäßige Allradantrieb ermöglichen auf feuchter Piste bereits Vortrieb, wenn die Ducati Panigale 1199 S noch würgend in der Kurve hängt.

Apropos: In ihrer seit 1923 währenden Historie stand die Zweiradschmiede mehrfach vor dem Aus, sei es durch Misswirtschaft, falsche oder schlechte Produkte – oder alles zusammen. Seit 2006 befindet sie sich im Besitz der Investindustrial Holding, die wiederum der Mailänder Familie Bonomi gehört. Der Firmensitz ist allerdings in Luxemburg beheimatet.

Investor mit langfristigen Plänen ist willkommen

Klingt ein bisschen windig? Mag sein. Zwar sträuben sich die italienischen Medien auch dagegen, dass Ducati unter der Marke Audi in das VW-Imperium eingegliedert wird, die Belegschaft selbst vergießt darüber allerdings kaum eine Träne. Zu groß ist der Wunsch nach einem Investor mit langfristigen Plänen und einer gut gefüllten Brieftasche. Um im bisherigen Tempo weiter zu wachsen, benötigt Ducati Investitionen in neue Technologien – allein eine neue Motorengeneration käme auf rund 20 Millionen Euro – und Produktionsstätten, die Bonomi offiziell nicht tätigen wollte, inoffiziell nicht tätigen konnte. Derzeit existieren zwar Pläne für eine neue Fertigungsstätte unweit des Stammwerks im Bologneser Stadtteil Borgo Panigale (womit auch die Frage nach dem Beinamen der Ducati Panigale 1199 S geklärt wäre), doch die soll lediglich als Ersatz dienen. Auf dem aktuellen Werksgelände, auf dem zur Zeit rund 1.000 Beschäftigte arbeiten und um das über die Jahre die Stadt herumwuchs, sollen Wohnungen entstehen. Immerhin: Um hohe Zölle zu umgehen, fertigt Ducati seit dem vergangenen Jahr zusätzlich in Thailand.

Doch das ist alles weit weg vom Hockenheimring, wo die Ducati Panigale 1199 S ziemlich grantig aus ihren zwei Zylindern pochend auf den nächsten Marschbefehl wartet. So klingen sonst italienische Fußballfans, wenn sie in ihrer Lieblingsbar über der „Gazetto dello Sport“ brütend die schlechten Ergebnisse ihrer Mannschaft kommentieren. Und genauso laut schreiend jubelt das feuerrote Zweirad, wenn es trockenen Asphalt vorfindet. Das Klangbild degradiert selbst den herrlich nonkonformen, weil kehlig und leicht unrund brüllenden Zehnzylinder des Audi R8 zum seichten Schlagersänger – und lässt doch einige Zweifel an der Unbefangenheit der Homologationsbehörde. Sind deren Mitarbeiter dem rohen Charme der Ducati Panigale verfallen?

Daimler und AMG sind natürlich raus

Ferdinand Piëch ist es offenbar seit Jahren. Jedenfalls arbeitet er seit geraumer Zeit daran, mit einer glücklichen Mischung aus persönlicher Vorliebe und unternehmerischem Denken Ducati in den Konzern einzugliedern. Nicht völlig unerheblich: Damit wischt er Daimler eins aus, denn Mercedes- Tochter AMG ging erst Ende 2010 eine Marketing-Partnerschaft mit Ducati ein – mit der Option auf mehr. Nun heißt es aus Stuttgart, dass eine Übernahme nicht zur Debatte stand und – etwas leiser – dass die bisherige Kooperation durch den Kauf durch Audi wohl kaum fortgesetzt wird.

Generell könnte Ducati vor allem vom Produktions-Know-how eines Autoherstellers profitieren, umgekehrt orientieren sich neue Mobilitätskonzepte stark an Vorbildern aus der Zweiradindustrie. Doch um den Verstand der Fans völlig aus- und die Tagtraummaschinerie anzuknipsen, reicht es vorerst, wenn Audi R8 und Ducati Panigale 1199 S ihre Triebwerke anwerfen. Wer dabei wem gehört oder auch nicht, spielt dann keine Rolle mehr – überhaupt keine Rolle.

Technische Daten
Audi R8 Coupé 5.2 FSI Quattro
Grundpreis154.600 €
Außenmaße4440 x 1929 x 1252 mm
Kofferraumvolumen100 l
Hubraum / Motor5204 cm³ / 10-Zylinder
Leistung386 kW / 525 PS bei 8000 U/min
Höchstgeschwindigkeit314 km/h
Verbrauch13,1 l/100 km
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Erscheinungsdatum 03.07.2024

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