Audi A6 Avant: Warum der Basis-Benziner der heimliche Star ist

Audi A6 Avant endlich gefahren
Warum der Basis-Benziner der heimliche Star ist

Veröffentlicht am 09.04.2025

Der Nachfolger des Audi A6 heißt ...? A6, was eigentlich keine große Überraschung sein sollte und irgendwie dann doch eine ist. Denn wie Sie vielleicht mitbekommen haben, hatte Audi die (im Nachhinein offenbar nicht mehr für ganz so glorreich erachtete) Idee, seine Modellnummern neu aufzuteilen.

Demnach hätten E-Mobile fortan gerade Ziffern im Namen geführt, alle Versionen, die noch mit Verbrennern im Bunde stehen, die ungeraden. Speziell die Exportmärkte seien dagegen nun aber auf die Barrikaden gegangen, weswegen die Pläne gekippt wurden und die A4-Fortsetzung – alias A5 – das einzige Opfer dieses Umbaus bleiben wird.

Um Zahlen geht es trotzdem – sogar schon auf den ersten Blick. So erzeugen die optionalen Matrix-LED-Scheinwerfer des neuen A6 aus je 48 Segmenten sieben Tagfahr-Signaturen. Jede Rückleuchte umfasst auf Wunsch sogar 198 teils aktive OLEDs, die sich bei Bedarf zu einer Kommunikationsfunktion vereinen, um mit Dreiecksanimationen vor Gefahrenstellen zu warnen. Schau an!

Zweiliter-Diesel bekommt es mit mehr Gewicht zu tun

Zu den Basics: Wie üblich splittet sich der Audi A6 in zwei Karosserie-Varianten auf (Limousine ab Sommer), die sich anfangs mit drei Motorisierungen zu vier und sechs Zylindern kombinieren lassen, welche den auf 4,99 Meter gewachsenen Kombi mindestens 58.000 Euro teuer und bis zu 367 PS stark machen. 2.0 TDI und Dreiliter-V6 sind grundsätzlich mit dem MHEV-plus-System liiert. Es spannt einen Startergenerator und einen E-Motor am Triebstrang per 48-Volt-Netz mit einem 1,7-kWh-Akku zusammen. Bis Tempo 140 boostet die Elektro-Band maximal 18 kW und 230 Nm zu, kann den A6 elektrisch rangieren beziehungsweise mit abgeschaltetem Verbrenner im Verkehr mitschwimmen lassen und dadurch in der Theorie bis zu 0,7 Liter Treibstoff je 100 km einsparen – wozu auch der ausgezeichnete cW-Wert von 0,25 beiträgt.

Einem durchschlagenden Effekt des (angesichts der elektrischen Fahranteile gar nicht mal so) milden Hybrids kommt jedoch eine andere Zahl in die Quere: 225 Kilogramm. Exakt so viel hat Baureihe C9 gegenüber dem Vorgänger aufgespeckt, wovon MHEV plus aber nur 60 kg zu verantworten hat. Der Rest läppert sich unter anderem aus Karosserie-Anpassungen zugunsten der Crashsicherheit, der erhöhten Geräuschdämmung, des adaptiven Kühllufteintritts und anderer technischer Errungenschaften, welche die neue PPC-Plattform nicht kompensieren kann.

Leidtragender ist vor allem der 2.0 TDI, zumal erstens die Unterstützung des elektrischen Triebstrangmotors nicht ausreicht, um die ausgeprägte Anfahrschwäche des Motors zu überwinden, die zweitens auch noch von einer defensiven Steuerung des Doppelkupplers verstärkt wird. Beim Durchziehen auf der Autobahn muss man jedenfalls ordentlich aufs Gas tapsen, damit der Turbodruck ins Rollen kommt. Dann packt der kleine Kerl den großen Wagen dafür kräftig am Krawattl, zieht mit wackeren 400 Nm durch und dem vergleichbaren Vorgänger in allen relevanten Kriterien davon: 0,6 Sekunden schneller auf 100 km/h, 0,5 Liter Diesel pro 100 km sparsamer – laut Werksangabe.

Dreiliter-V6 klingt angestrengter, als er schiebt

Mehr Spontaneität, Schub und Charisma wirft der vorläufige Topmotor in die Waagschale: 550 Nm stark, haucht der V6-Benziner dem Audi A6 eine gewisse Mühelosigkeit ein, ohne gleich vor Tatendrang zu schäumen. Auch der Dreiliter, der ein Modellstockwerk tiefer den S5 befeuert, treibt mit elektrischer Unterstützung an, das Leergewicht damit aber über die Zwei-Tonnen-Marke.

Audi A6 Avant
Audi

Und das spürt man vor allem querdynamisch. Gegenmaßnahmen lassen sich über die Hinterachslenkung, das adaptive Luftfahrwerk mit bis zu 30 mm Tieferlegung und das hinterachsiale Sportdifferenzial zwar einleiten, richtig knackig wirkt aber nur die neu abgestimmte Vorderachse. Etwas mehr Sturz und die durchweg versteifte Anbindung der Vorderräder führen nicht nur zu willigeren Richtungswechseln, sondern geben Querkräfte auch anhand eines steigenden Handmoments in der Lenkung wieder. Ja, das ist dann das, was man Feedback nennt, und in dieser Klasse inzwischen eine Rarität.

Richtig agil wird der Allrad-Avant aufgrund der Rollbewegungen seiner Karosse aber nicht, er gefällt sich stattdessen wie bisher in der Rolle des Mitteldings zwischen der wolkiger federnden E-Klasse und dem zackigeren 5er. Souveränität lautet also weiterhin das Credo, und auf weitläufigen Strecken vermag der A6 die durchaus an den Tag zu legen. Wobei der Dreiliter mit VTG-Lader und Miller-Verbrennung angestrengter klingt, als er schiebt, und im Zusammenspiel mit dem E-Motor zudem bisweilen etwas ins Stocken gerät – speziell bei der Gaswegnahme. Ein Update für das MHEV-Management ist aber bereits in der Mache, wie es heißt.

Basismotor als Geheimtipp

Den Innenraum umspannt das neue Touchscreen-Bedienkonzept mit sattschwarzen OLED-Screens, schlüssiger Menüführung, KI-basierter Sprachunterstützung, vielseitiger Funktionalität, aber ausgesprochen einfältiger Instrumentengrafik.

Da im Unterboden kein Akku Platz finden muss, darf man im Verbrenner-A6 tiefer sitzen als im e-tron. Das Ladevolumen opfert im Falle der MHEV-Varianten knapp 40 Liter für die Hybridbatterie, fällt ansonsten rund 60 Liter geringer aus als bisher. Schade auch: Das Panoramadach lässt sich nur noch dimmen, nicht mehr öffnen. Dafür gibt es andere Nettigkeiten wie das Beifahrer-Display und pfiffige Einlagen wie das offenporige Holzdekor, das nur von Apfelbäumen gewonnen wird, die keine Früchte mehr tragen.

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Überaus fruchtig indes: der Zweiliter-Benziner – alias Motorenoption drei. Er ist das Einstiegsmodell, (vorerst?) nur mit 204 PS und Frontantrieb zu haben, daher vielleicht etwas underdressed für die Businessclass, rein aus Fahrersicht aber – auch wegen seines moderaten Gewichts – der Geheimtipp. Der Vierzylinder-Turbo versprüht mehr Drehfreude als der V6, reagiert ohne 48-Volt-Schubs flinker als der Diesel mit, hat die richtige Dosis Wums, um einem einerseits nicht verloren vorzukommen, andererseits aber auch nicht die ganze Zeit an den Vorderrädern rumzuzupfeln.

Stimmig – genau wie das stahlgefederte Basisfahrwerk, das die portugiesischen Hinterlandstraßen mit 20-Zoll-Rädern genauso gut abpuffert wie die High-End-Lösung auf 21 Zoll. Richtig gelesen: Weniger scheint beim neuen Audi A6 tatsächlich mehr zu sein. Zumal er sich trotz Ausstattungsplus – schau an – 500 Euro unterhalb seines Vorgängers einordnet.