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Mit dem Jaguar F-Type R AWD auf dem Nürburgring
Allrad-Driften auf Schnee und Eis

Natürlich hat sich der Nürburgring seinen Winterschlaf verdient. Aber was sollen wir machen? Schnee auf der Strecke, Jaguar F-Type R AWD Coupé in der Garage – noch Fragen? Also feiern wir den 90. Geburtstag der Nordschleife schon mal ein bisschen vor.

Nordschleife im Schnee, Impression Jaguar F-Type R AWD Coupé
Foto: Hans-Dieter Seufert

Partystimmung? Keine Spur. Moment mal, doch, eigentlich schon. Eine Spur. Breit genug für zwei Pkw. Und für viel Feierlaune, allerdings eine eher introvertierte. Denn die Spur ist viel zu schmal für ein großes Ego. Der Reibwert ihres Belags geht bedenklich gegen null. Schnee, festgefahren, mit Eis als Untergrund. Die Spur führt über die Nordschleife. Der Jaguar F-Type R AWD steht drauf. Sie kennen ihn vielleicht als Dauertester der Kollegen von sport auto. Jetzt machen wir die 100.000 Kilometer voll. Sein Fünfliter-V8 donnergurgelt ein paar Eiskristalle in einen anderen Aggregatzustand, es bleibt jedoch eine erhebliche Menge zurück – gut so.

Sie hüllen das Stefan-Bellof-S in Stille. Am ganzen Ring herrscht Stille. Zu früh für Wintersportler und Spaziergänger, zugleich zu hell für andere Tiere außer dem Jaguar. Sein Kompressormotor stapelt noch im Leerlauf tief, noch glaubt das Allradsystem, es könne das gesamte maximale Drehmoment von 680 Newtonmetern ausschließlich der Hinterachse vor den Latz knallen, kanalisiert von der Achtstufenautomatik. Wie sehr es sich doch irrt. Und wie sehr doch der ganze Intelligent-Drive-Dynamics-Zauber daran scheitern wird, den Jag auch nur in die Nähe des Rundenrekords jenes Stefan Bellof zu bringen.

Nordschleife im Schnee, Impression Jaguar F-Type R AWD Coupé
Hans-Dieter Seufert
Volle Konzentration beim Driften auf Schnee und Eis.

Die Liste der möglichen Gründe umfasst unzählige Punkte, vor allem aber drei: Fahrer, Schnee, Streckenlänge. Nur etwa 43 Prozent der knapp 20,8 Kilometer langen Nordschleife gibt die Streckensicherung heute frei, vom Bellof-S über Schwalbenschwanz, Galgenkopf, Döttinger Höhe rauf zur Hohenrain-Schikane, hinab in die Hatzenbach, über Flugplatz hin zum Schwedenkreuz. Dann ist Schluss. Macht ja nichts, denkst du dir, als du bergauf vor der ersten Linkskehre das Coupé etwas aus der Ruhe bringst, um in etwa zu gleichen Teilen quer und elegant durch die Kurve zu scharwenzeln. Jetzt bekommt die IDD-Elektronik, auf die Jaguar so stolz hinweist, mit allen Nullen und Einsen voll zu tun, das Drehmoment wandert vor und zurück, und obwohl maximal 50 Prozent davon an die Vorderräder gelangen, fängst du den F-Type rechtzeitig ab, bevor er die vier Auspuffendrohre frontal Richtung Kleines Karussell reckt.

Heck to the roots

Ja klar, wenn es geht, streamt die Technik jedes bisschen Antriebskraft an die Hinterachse, bestückt mit völlig unbescheidenen 295er-Winterreifen. Auch in AWD-Konfiguration und unter diesen eher griparmen Bedingungen gibt der F-Type den leidenschaftlichen Hecktriebler. Driftwinkel über 90 Grad? Vermutlich nicht mehr zu retten, so wie es mit manchen frontantriebsbasierten Allradgranaten geht. Sollen sie. Die einen geben eben Helene Fischer, manchmal spektakulär, meistens aber nett, die anderen Courtney Love. Spektakulär. Nett nur in Überlieferungen.

Das Heck des F-Type jedenfalls zuckt immer, auf der endlosen Döttinger Höhe beispielsweise, also immer schön beide Hände am Lenkrad. Ob wohl gerade auf der anderen Seite des Zauns bei Retteraths an der Tanke was los ist? Party? Schon mal den 90-jährigen Geburtstag der Nordschleife einläuten, den sie am 18. Juni feiert? Für den Fall das: Ein paar Gasstöße – und das 550 PS starke Triebwerk schmettert metallisch grölende Oktansalven hinüber. Vermutlich aber umsonst. Selbst die Bauarbeiten auf der Piste ruhen, der Schnee verschiebt sie nach hinten, bedeckt die offenen Wunden des Asphalts, vor denen uns auch die Streckensicherung bewahren will. Nicht dass wir euer schönes Auto dort nachher ausbuddeln müssen, haben sie gesagt.

Quer durch den Schnee

Deshalb übrigens bleibt heute am Kleinen Karussell die weinerliche Außenlinie, innen liegt zu viel Schnee. Dadurch, dass sie hier aber nurmehr eine Wagenbreite nur mild überschreitet, kitzelt sie dich dann doch, die kleine Kuppe danach noch mehr. Daran, die Doppelrechts am Galgenkopf in einem Driftwinkel zu nehmen, scheitern Jaguar und Fahrer. Nein, wohl nur der Fahrer. Vielleicht zu langsam. Vielleicht aber doch die hektische Hin- und Herschieberei der Kräfte? Der F-Type will dir einfach mit Traktion dienen, trotz aller Wildheit das Gefühl geben, dass er dich voranbringt. Gut so. Ist ja nicht aller Tage verschneite Nordschleife.

Nordschleife im Schnee, Impression Jaguar F-Type R AWD Coupé
Hans-Dieter Seufert
Der Jag bleibt auch bei diesen Bedingungen ein leidenschaftlicher Hecktriebler und schickt wann immer nur möglich die Antriebskraft an die Hinterräder.

Leichte Lenkkorrekturen reichen daher, um Tiergarten und Antoniusbuche abzuhaken. Jetzt die Hohenrain-Schikane, anstellen, quer durch die Rechts, Lastwechsel in die Links, Lastwechsel – Mist, das geht sich nicht aus. Das Coupé fängt sich, steht wieder gerade. Erneut anstellen, in die Rechts, an T13 vorbei, in die Hatzenbach fallen lassen. Wo lugt Eis hervor? Wo trügt vielleicht eine zu dünne Schneeschicht? Wo wartet bester Powder? Fragen eines Spießers, mit der du jede Feier sprengst. Außer du willst hier feiern. Jetzt. Also lieber locker bleiben, vor allem der Gasfuß, mit ausreichender, aber nicht ausufernder Geduld abwarten, was dir der Jaguar mitteilt, wo er hinwill. Bei Kilometer zwei zum Beispiel, hier im Rechtsknick, will der F-Type etwas zu sehr geradeaus fahren; kurz kitzeln, der Drehzahlmesser reißt die 6.000er-Marke, das Heck kommt, jetzt bloß nicht zu hektisch gegenlenken. Wunderbar.

Herrlich gefährlich

Zusammen mit der Wintersonne rauscht das Coupé ins Hatzenbach-Geschlängel, Eis bringt die Vorderachse kurz aus dem Tritt, untersteuernd bringt sich der F-Type wieder in Sicherheit. In der Links vor Hocheichen schleudern dann die Hinterräder Powder-Fontänen in die Höhe, dazu blechbläsert der V8, du feierst das Auto, den Winter, die Strecke, dich selbst ein bisschen.

Kandahar? Gran Risa? Streif? Wunderbar, sicher. Herrlich gefährlich, aber auch greifbar. Solange Schnee liegt. Und Bretter an den Füßen kleben. Die Nordschleife? Eher nicht. Nett, dass wir heute dürfen, es umso mehr genießen. Kurze Pause für ein Erinnerungsfoto mit Nürburg im Hintergrund. Bin ich an dieser Stelle im Abschnitt Flugplatz nicht schon mal in einem VLN-Lauf ausgerutscht? Ja, hier in etwa. Erinnerungen. Oh, alle werden sich erinnern zum 90. Geburtstag der Strecke. Werden sich mit dem Begriff "Grüne Hölle" bewerfen, das Ende der Formel-1- Ära 1976 beweinen, mit großen Gesten die letzten DTM-Rennen nachfahren und die jüngsten Baumaßnahmen verteufeln. Weil früher war ja mehr Lametta. Und mehr Action. Aber eben auch mehr Tod.

Der Winterdienst bleibt aus

Abgesehen davon: Die Enge und Länge der Nordschleife bietet nach wie vor viel Platz. Viel Platz für Gefahr und Drama. Gerade hier am Schwedenkreuz. Wenn schon mal drei GT3-Geschosse im Formationsflug mit Tempo 260 auf die zweite Kuppe zuhalten. Wer zuckt als Erster? Wer von den Buben hinterm Lenkrad dabei wohl an die sehr überschaubaren Auslaufzönchen denkt? Eben.

Nordschleife im Schnee, Impression Jaguar F-Type R AWD Coupé
Hans-Dieter Seufert
Der Jag verteilt die Kraft intelligent zwischen Vorder- und Hinterachse. Es gehen jedoch maximal 50% an die Räder vorne.

Ach ja, genau deshalb schieben sie auch im Winter nicht die Strecke frei. Gäbe zu große Haufen an den Seiten, die nicht rechtzeitig bis zum ersten Rennen wegtauen, dann als Teilchenbeschleuniger im Weg herumliegen. Bleibt also die eine Schneespur, von der der Jaguar gerade die oberste Schicht wegfräst. Eben über jene Kuppe. Weit diesseits von Tempo 260. Aber in Feierlaune. Und weil Einfahrt Aremberg Schluss ist, geht’s jetzt entgegen der Rennrichtung. Hocheichen rauf bis T13 gehört vergnügungsbesteuert. Die Steigung bringt Selbstbewusstsein, hier mal ein bisschen forscher anpendeln, da mal ein bisschen beherzter aufs Gas. Die Mehrscheiben-Lamellenkupplung im Verteilergetriebe schuftet, das Fünfliteraggregat nicht so sehr, zu üppig sind die Leistungsreserven bemessen.

Als rechtschaffener deutscher Erbsenzähler müsste nun darüber gemault werden, dass 43 Prozent der Strecke eben nicht 100 Prozent sind. Und darüber, dass früher vielleicht alles besser, aber manches billiger war. Die 8,1 Millionen Reichsmark, die in zweijähriger Bauzeit hier verbuddelt wurden, verleihen dem dreistelligen Euro-Millionenbetrag, der in dem fragwürdigen Vergnügungspark steckt, eine geradezu absurde Dimension. Doch als der Jaguar die Nordschleife Richtung Boxengasse Grand-Prix-Strecke verlässt, denkst du nur: Wo kann ich diesen herrlichen Tag feiern? Jetzt?

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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