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Expedition Panamericana mit dem HZJ 79
Drei Jahre im Land Cruiser offroad unterwegs

Job gekündigt, Expeditionsmobil gebaut, losgefahren: drei Jahre lang fuhr ein Ehepaar in ihrem Toyota Land Cruiser HZJ 79 von Mexiko nach Feuerland. Jetzt erzählen Sie ihre Geschichte.

Südamerika-Reise Vierkotten Toyota Land Cruiser Expedition
Foto: Petra und Klaus Vierkotten

15.288 Kilometer Luftlinie trennen die Prudhoe Bay in Alaska von Ushuaia in Feuerland. Verbunden werden sie von der rund 25.000 Kilometer langen Panamericana. Während diese Straße heutzutage in weiten Teilen asphaltiert ist, suchen Petra und Klaus Vierkotten gezielt die Pisten abseits der Hauptstraße. Nach fast 25 Jahren Berufsleben kündigen sie ihren Job, lösen die Wohnungseinrichtung auf und starten 2010 mit einem Allrad-Wohnmobil zu einer Abenteuertour entlang der Panamericana von Mexiko nach Feuerland. Eine echte, 100.000 Kilometer lange und drei Jahre dauernde Herausforderung für Auto, Material und Insassen, immer auf Tuchfühlung mit dem Leben und Treiben neben den Straßen.

Unsere Highlights

Als Gelände-Greenhorns aufgebrochen

Über die vom Regen ausgewaschene Piste führt der Weg über das blanke Felsgestein. Schon der erste Anstieg ist so steil, dass der Motor im ersten Gang keine Kraft mehr hat weiterzufahren. Nur im Untersetzungsgetriebe schiebt sich das 3,5 Tonnen schwere Fahrzeug nach oben. Es existieren weder Leitplanken noch Bordsteine. Fahrfehler werden hier nicht verziehen. Nichts kann den freien Fall in die Tiefe aufhalten. Bei diesem Weg von nur drei Metern Breite schießt das Adrenalin durch den Körper.

Der Toyota Land Cruiser mit der Wohnkabine schwankt bei jedem Stein und jedem Schlagloch bedrohlich von rechts nach links. Doch zum Glück bleibt die Katastrophe auch diesmal aus. Stattdessen schieben sich die Auto und Reisende am Pass der Punta Olímpica in Peru über 4890 Höhenmeter, ein weiterer Rekord bei ihrer Andenüberquerung. Schon kurze Zeit später erreichen sie in Bolivien ihren ersten 5000er.

„Als wir zu unserer großen Abenteuertour aufbrachen, gehörten wir zu den Greenhorns, die nie zuvor in ihrem Leben offroad gefahren sind“, erzählt Petra Vierkotten (47). Und dann geraten sie in Mexiko zu Beginn ihrer Reise in eine unangenehme Situation, die beinahe ein vorzeitiges Ende der Fahrt bedeutet hätte. „In der Nacht hatte sich ein Lkw quer über beide Fahrspuren verkeilt“, berichtet Klaus (47). „Ich versuchte spontan über den Straßengraben an ihm vorbeizukommen.“ Dabei unterschätzt er völlig die Seitenneigung und den Böschungswinkel des Fahrzeuges. „Plötzlich kippte das Fahrzeug zur Seite. Rückblickend kommt mir alles vor wie in Zeitlupe. Ich verliere die Kontrolle über den Wagen und werde im Fahrersitz gegen die Tür gepresst.“ Nur das beherzte Eingreifen einiger Mexikaner, die sich gegen die Kabine stützen, hindert das Wohnmobil am Umstürzen.

Wechselbad der Gefühle

Immer wieder sind die Pisten ein Wechselspiel zwischen Himmel und Hölle. Das Gefühl der absoluten Freiheit erleben sie auf der mexikanischen Baja California. Nicht die Straße gibt die Richtung vor, sondern nur der feine Wüstensand. Noch Hunderte Meter hinter dem Fahrzeug verharrt die Staubfahne regungslos in der Luft. Der feine Sand legt sich auf die Instrumente des Fahrerhauses und knirscht zwischen den Zähnen. Kurz darauf folgt über fünfzig Kilometer Material und Moral zermürbende Wellblechpiste. Plötzlich fehlt der linke Außenspiegel, die kontinuierlichen Stöße haben ihn abbrechen lassen. Der Wirbelsäule ergeht es nicht viel besser.

In Belize durchqueren sie Flüsse, um an ihr Ziel zu gelangen. In Guatemala verwandeln starke Regenfälle die von Schlaglöchern übersäte Straße in eine Seenplatte. In Bolivien setzen sie auf einem alten, schwankenden Holzkahn über den Titicacasee. Immer wieder passieren sie Polizei- und Militärkontrollen und werden begeistert willkommen geheißen. Im Regenwald von Chiapas laufen die Kinder bei der Dorfdurchfahrt am Wegesrand zusammen und winken ihnen mit strahlenden Augen zu.

An der Grenze zu Honduras müssen sie erst den Zöllner wecken, der über der Tastatur seines Pcs eingeschlafen ist. Bei einem Hilfsprojekt in Nicaragua arbeiten sie vier Wochen in der Gluthitze der Tropen. In Kolumbien treffen sie auf die neugierigsten Menschen des ganzen Kontinents und in der Bergwelt der Anden beinahe auf Rebellen. Ecuador überrascht mit gigantischen Walen, Argentinien mit putzigen Pinguinen.

Nach über drei Jahren geht es schließlich auf einem Frachtschiff von Uruguay zurück nach Deutschland.

Das Expeditionsmobil im Detail

Jahre bevor sie zu ihrer großen Tour aufbrechen, beginnen Petra und Klaus mit der Planung für das Reisemobil. Sehr früh steht fest, dass ein Fahrzeug von der Stange nicht in Frage kommt. Aus Erfahrung vorhergehender Reisen kennen sie ihre Ansprüche an ein Wohnmobil, das sowohl offroad tauglich als auch über einen gewissen Komfort verfügen soll: extrem stabil und trotzdem leicht, klein und wendig, doch mit ausreichender Wohnfläche, ausgelegt für schlechte Straßen und weltweit zu reparieren.

Die Wahl des Basisfahrzeuges steht früh fest. Ein Toyota Land Cruiser HZJ79: robust, kräftig, unverwüstlich, ohne Elektronik - keine Schönheit, dafür ein Arbeitstier. Die Planung der Kabine ist dagegen anspruchsvoller. Im Vergleich zu ihrem alten VW-Campingbus soll das neue Mobil zusätzlich über ein Bad mit Toilette, ein festes Bett sowie einen kleinen Gasbackofen verfügen.

Sie planen Sitzplätze für zwei Personen, auf denen sie nach einem langen Fahrtag auch bequem die Beine hochgelegen können. Gleichzeitig entsteht so auch etwas Platz für Gäste. Ein Kühlschrank kann nie groß genug sein. Wegen der Energieeffizienz wird eine Kühlbox gewählt. Für die begeisterten Hobbyköche darf neben dem Herd innen die Gaststeckdose für einen Außenkocher nicht fehlen. Durch eine mehrstufige Filteranlage kann auch aus schmutzigem Wasser Trinkwasser gewonnen werden. Solarpanele sowie die Kapazität von drei Autobatterien decken den Energiebedarf von fünf Tagen – bei Sonnenschein auch bis in die Unendlichkeit. Über einen Transformator ist stets 220 Volt an Bord, so dass Geräte wie Laptops, Kameras, E-Reader und Handys jederzeit und überall geladen werden können.

Ihr persönliches Highlight ist ein riesiges Klappdach, das sich in Sekundenschnelle aufstellen lässt und den Raum über Wohnbereich und Bett um ein Vielfaches erweitert. So kann heiße Luft besser nach oben entweichen. Nachts können, zum Beispiel in unsicheren Gegenden, die Fenster geschlossen bleiben, während große Lüftungsöffnungen im Zeltstoff für optimale Belüftung sorgen.

Auf eines verzichten sie bewusst: auf zu viel Stauraum. Sie haben weder große Küchenschränke, Kleiderschränke noch Hängeschränke. Keine Boxen für Fahrräder, keine Außenstaufächer für Werkzeuge und Ersatzteile. Die Staufläche ist spartanisch, doch dadurch erzielen sie für ein Fahrzeug dieser Größe ein überraschend luftiges Raumgefühl.

Wofür kein Platz ist, kommt einfach nicht mit. Und je länger die Reise dauert, desto weniger vermissen sie. Jahrelang wird die Kabine geplant. Erst zweidimensional auf dem Papier, dann dreidimensional auf dem Computer. Stets muss die ausgeklügelte Platzausnutzung mit der optimalen Gewichtsverteilung in Einklang gebracht werden. Zuletzt baut Klaus Vierkotten ein Modell im Maßstab 1:10, um ein noch besseres Raumgefühl zu bekommen. Verwirklicht wird ihr Traumauto von der Firma Alpha-Cab in Herbertingen. Sie sind überzeugt das perfekte Fahrzeug für ihre Art von Reisen und Leben gefunden zu haben.

Während ihrer über dreijährigen Abenteuertour entlang der Panamericana haben sie ihre Erlebnisse im Internet auf Hunderten Seiten unter www.abenteuertour.de mit unzähligen Fotos, Berichten und Reisetipps dokumentiert. Im Anschluss an die Reise hat Klaus Vierkotten zwei Bücher geschrieben, von denen er eines kostenlos zum download anbietet (siehe Info-Datei).

Autor: Klaus Vierkotten

Die aktuelle Ausgabe
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Erscheinungsdatum 03.07.2024

148 Seiten