Top Marques of Monaco 2013: Der Ferrari der Lüfte

Top Marques of Monaco 2013
Der Ferrari der Lüfte

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Veröffentlicht am 22.04.2013

Der zweite Rundgang durchs Forum Grimaldi beginnt im Untergeschoss, und der unachtsame Besucher, der nur Augen für die slawische Schöne vom Dessous-Stand rechts hat, läuft prompt gegen die Frauscher 717 GT. Ami-V8 hatten wir auf Rädern gestern reihenweise, aber immer nur mit 6,2 Litern. In diesem Sieben-Meter-Boot in schwarzem Klavierlack mit Teakdeck für 225.000 Euro bollert 8,2 Liter-Volvo-V8. Das gute Stück Schweden-Stahl leistet 425 PS und hebt das Boot leicht aus dem Wasser. Das österreichische Schmuckstück ist gut für 90 km/h Topspeed.

Rennstrecke für Zuhause

Apropos Schmuck. Neben den Uhrenmanufakturen, die von klassisch bis scheußlich was für jeden Geschmack da haben (nur bei den Preisen gehen alle in Richtung scheußlich), wird das Untergeschoss vor allem von Schmuckherstellern okkupiert. Der letzte Schrei sind Swarovski-Kristalle. Es gilt, die Kundschaft mit einer möglichst großen Zahl verbauter Steinchen so nachhaltig zu beeindrucken, dass er glatt vergisst, nach dem Preis zu fragen. Und so trägt jeder Schuh der extravaganten Stiefelletten im Zebra-Look von Mercedeh 5.000 Kristalle, kostet aber 5.800 Euro das Paar. Haben Sie nicht was mit ein bisschen weniger Klimbim. Nun ja, der schwarze Bikini – ebenfalls kristallbesetzt – wäre immerhin schon für rund 2.500 Euro zu haben. Nein danke, so was kaufe ich meiner Liebsten lieber in Stoff. Und überhaupt, wenn ich vor meinen Reederei-Kumpels und im Club der Ölbarone schon mit derlei Glitzerzeug auf die Kacke hauen will, dann kaufe ich mir doch gleich den Swarovski-Leoparden in Originalgröße für 290.000 Steine und besetzt mit 200.000 Steinen, die eine Mitarbeiterin der Schweizer Manufaktur Savanta in zwei Monaten liebevoll aufgeklebt hat. Für Reiche mit Hang zum Protz gäbe es da auch noch einen Elefanten für das Doppelte.
 
Der ist allerdings etwas sperrig, und wer mit seinen 28 Zimmern in Bel Air ein wenig Haushalten muss, der opfert einen der zehn Master Bedrooms dann doch lieber für den Ellip 6. Der verspricht unendliche Spielfreuden, auf Wunsch auch online. Der Hochsitz mit Lenkrad und Pedalen wiegt zwar 400 Kilo, belastet aber die oberen Stockwerke nicht mehr als der gefüllte Whirlpool. Für die Statik des Hauses ist der Fahrsimulator also unbedenklich, für die des Spielers nach einem Sechsstundenrennen eher nicht. Das 65.000 Euro teure Gerät, das auf sechs Ebenen von Stellmotoren bewegt wird und das Bild nahezu jeder beliebigen Rennstrecke auf den dreiflügligen Monitor zaubert, ist hochgradig suchtgefährdend, aber eben auch nachhaltig Nackenmuskeln versteifend.

Auspuff-Dockingstation bürgt für Sound

Wie gut, dass nebenan das Unternehmen hhp eine Anti-Stress-Kur mit Resonanzschwingungen und Infrarot bietet, die sich nicht nur im Raum neben dem Rennsimulator, sondern auch im Privatjet einbauen lässt. "20 Minuten, und du bist ein neuer Mensch" verspricht Verkaufsleiter Christoph Mittmann. Das Gerät aus der Medizintechnik entspannt nicht nur Messebesucher, sondern auch Olympiasieger, und wer sich eben den Power Andullator für 5.000 Euro leisten kann.
 
Zum Entspannen passt ja Musik ganz gut, und da hat die Firma Ixoost einige ganz ausgefallenen Stücke zu bieten. Aus Original-Auspuff-Anlagen von Sportwagen oder Kunstflugzeugen bauen die Italiener Soundsysteme inklusive Dockingstations für den iPod. Ein sechsflutiger Maserati MC12 kostet um die 8.000 Euro. Für nur einen Euro gibt’s dazu eine App, wo sich auf dem endgeilen Endtopf auch der Original-Sound des Supersportwagens abspielen lässt.
 
Passend zur Sechs-in-Eins-Anlage einer Extra-Kunstflugmaschine mit integriertem Subwoofer gibt es vom Unternehmen Arteinmotion passende Möbel. Wir entscheiden uns für ein Raketen-Sofa in Chrom und einen Glasschreibtisch, der auf einer polierten Alu-Tragfläche montiert ist.
 
Von dort hat meinen einen guten Blick auf die Exponate des Hauses Lauge Jensen. Die verrückten Dänen bauen nagelneue Motorräder, die wie alte Chopper aussehen, und wir betonen hier ausdrücklich: Keine Schraube stammt von Harley Davidson. Der Hingucker ist natürlich das goldene Prachtstück mit 100 PS und 140 Newtonmetern, was aber keinen interessiert, denn alle starren nur auf das Gold. Und in solches ist die komplette Maschine gekleidet. Das Ding mit einem Motor in 24 Karat ist bereits für 65.000 Euro über den Tresen gegangen. Der Besitzer hat für das Geld einen fünfjährigen Putzservice nach jedem Austritt gleich mitgekauft.
 
Wer heute nicht mehr fahren muss, der geht rüber zum Weingut Devavry und köpft eine Pulle Schampus für 1.200 Piepen. Verkaufschef Alexandre Mea schwört, man biete einen Tropfen der feinsten Sorte, das tut er vor allem, weil alle nur auf die Flasche gucken und sie gar streicheln. Das Glasgehäuse mit wahlweise 1,5 oder 15 Liter ist nämlich von Hand in echtes Karbon gekleidet und klarlackiert. Carbon heißt dementsprechend auch die Marke, die es nur in sehr ausgesuchten Geschäften oder Nachtclubs für Gutbetuchte gibt. In einem solchen ging die Magnum schon mal für 70 Riesen weg, aber dass wir uns nicht missverstehen: Der Preis ist nicht für das Gefäß, sondern für den Inhalt. "Die Flasche gibt es gratis dazu", sagt Mea großzügig.

Rollator mit Kettenantrieb

Derart beschwingt eiern wir auf dem Rückweg am Stand von BPG. Die bauen sonst Bretter für Kitesurfer, haben aber ein äußerst interessantes Exponat ausgestellt. Der DTV Shredder hat einen 300-Kubik-Viertakter, 28 PS und einen Gasgriff. Man stellt sich oben auf ein Skateboard, schraubt am Hebel, und schon brät das Ding mit bis zu 50 km/h los. Dank Kettenantrieb schafft das 115-Kilo-Gefährt Treppen und Böschungen bis 45 Grad. Der Shredder ist das optimale Fluchtfahrzeug für Altersheiminsassen und der coolste Rollator aller Zeiten.
 
Noch sind wir nicht so alt, fühlen uns aber so. Puh, jetzt die ganzen 800 Kilometer zurück nach Stuttgart eiern, da hat der Spaß ein Loch. Aber da parkt ja direkt vor der Messehalle dieser schicke Helikopter von Agusta Westland. Der schafft locker 300 km/h und bei nur zwei Insassen die Distanz von etwa 650 Kilometern Luftlinie bis nach Hause ohne Tankstopp. Mit Klimaanlage, Sofa, Holz, Leder, Bar und Entertainment-System mit Touchscreen-Bedienung in den Sitzlehnen muss man dafür etwa sechs Millionen hinblättern. "Man nennt nicht umsonst unsere Produkte Ferraris der Lüfte",  sagt Marketing-Mann Samuele Tosi.
 
Hmmm. Vielleicht nehmen kaufen wir uns doch morgen gegenüber vom Messegebäude einen Ferrari von der Stange und bleiben noch eine Nacht. Dafür braucht der fußlahme Reporter nicht mal ein Hotel, denn in der Ausstellungshalle wartet schon Marie Antoinette mit strahlend weißer Lockenperücke auf einem königlichen Bett von Savoir, für das 2.000 Kilometer Stoff verarbeitet wurden. Das weiche Lager steht in einem verschwiegenen Winkel am Panoramafenster hinter dem Gumert-Stand. Wenn das Wetter sich bessert, blicken wir morgen früh in die aufgehende Sonne über dem Mittelmeer. Die noble Bettstatt kostet leider stolze 150.000 Euro, aber Firmenchef Leila Cardinal raunt: "Ruf mich in ein paar Tagen an, ich mach dir einen guten Messepreis." Hmmm. Darüber muss ich erst mal schlafen. Träumen ist ja noch erlaubt. "Marie Antoinette, schmeiß das Volk raus und mach das Licht aus. Ach ja, und mach dich schon mal bereit."