Gleich hinterm Eingang knistert, lodert und flackert es. In einer nachgebauten Scheune donnert ein schwerer Hammer nieder und bringt Eisen in Form - Willkommen im Museum von Studebaker.
Ihr Pferd braucht neue Sohlen? Ihr Planwagen neue Räder? Der Präsident eine weitere elegante Kutsche? Kein Problem - Studebaker hilft. Das Unternehmen - am 16. Februar 1852 von fünf Söhnen gegründet – basiert auf eine erfolgreichen Familie von Hufschmieden, die sich zukunftsorientiert auf den Bau von jeglichen Pferdewagen spezialisieren. Sie arbeiten hart und gut und erhalten einige Großaufträge – unter anderem von der Union Army, um Pferdewagen für den amerikanischen Bürgerkrieg herzustellen.
Der Ein-Millionen-Dollar-Service
In der überschaubaren ersten Etage des Museums dominieren hölzerne Wägen die Ausstellung, sie stehen in einem großen Kreis und lenken die Besucher geschickt durch die Zeit. Um 1870 stammt rund ein Viertel aller Planwagen von Studebaker, für ein weiteres Viertel stellen die Jungs Metallbeschläge her. Das Geschäft brummt, und füllt die Kassen. In South Bend entsteht eine neue moderne Fabrik. Um weiterhin mit der Mode zu gehen, beschäftigt sich Studebaker ab 1897 mit Elektrofahrzeugen, genauer: mit elektrisch angetriebenen Kutschen. Sie werden bis 1911 im Programm bleiben.
Neue Geschäftsführer drängen die alternden Inhaber, auch ins Autogeschäft einzusteigen, es kommt zu einem Deal mit der Everett-Metzger-Flanders Company (E-M-F).
E-M-F stellte die Fahrzeuge her und Studebaker verkaufte sie über ihr bereits existierendes Händlernetz. Was in der Theorie nach einem guten Plan klingt, hat in der Praxis ein gewaltiges Problem: Die Autos von E-M-F sind unzuverlässig, der Volksmund nennt sie irgendwann „Every Morning Fix-it“, (zu deutsch: Jeden Morgen reparieren). Um den eigenen Ruf nicht zu schädigen, übernimmt Studebaker 1910 die Kontrolle über den Laden, verbessert die Abläufe und führt heilenden Service ein: Mechaniker im Außendienst helfen den Kunden bei auftretenden Problemen. Der Ein-Million-Dollar-Plan geht auf. Außerdem heißen die Autos ab sofort Studebaker.
Die zweite Etage des Museums ist deutlich blechlastiger. Ebenfalls im Kreis gestellt, lassen sich die automobilen Meilensteinen der Marke bestaunen. Auf hohe Wagen mit hölzernen Rädern (Flander 20) folgen schnell sportliche Limousinen wie der Comander Roadster von 1928, den Studebaker erfolgreich auf Langstreckenrennen einsetzt.
Erster US-Hersteller mit kontrollierter Teststrecke
1921 bis 1933: Albert Erskine leitet das Unternehmen und erwirtschaftet sowohl höchste Gewinnen als auch herbe Verluste. 1926 eröffnete Studebaker als erster amerikanischer Automobilhersteller eine kontrollierte Teststrecke, 1937 wird die erste nachhaltige Werbung gepflanzt: die 5.000 Kiefern ergeben den Namen Studebaker, der von Flugzeugen aus zu sehen ist.
1934 bis 1942: Studebaker überlebt knapp einen Bankrott und schafft mithilfe des Designers Raymond Loewy den Umschwung. Die Marke wird binnen kürzester Zeit das Aushängeschild im Automobildesign, erreicht mit dem modernen sowie günstigen 1939 Champion neue Käufer und verdoppelt ihre Verkaufszahlen.
1947 bis 1954: Nach dem zweiten Weltkrieg schießen die Autoverkäufe in Amerika in ungeahnte Höhen, auch Studebaker wirtschaftet glänzend, verpasst es aber, entscheidende Prozesse in der Herstellung zu verbessern.
Studebaker-Händler hissen 1966 die Mercedes-Flagge
1954 bis 1962: Die amerikanische Autoindustrie boomt, doch Studebaker zerreibt sich am harten Wettbewerb. In der Hoffnung, den Abwärtstrend aufhalten zu können, wird 1954 mit Packard fusioniert. Die Studebaker-Packard Corporation hält allerdings nur vier Jahre, danach steigt Packard wieder aus und wird der amerikanische Vertreter von Mercedes-Benz. 1958 lässt Studebaker schwer angeschlagen den Flugzeugbauer Curtiss-Wright in das Unternehmen.
Doch das frische Kapital kann es nicht ändern: Neue Modelle wie der Kleinwagen Studebaker Lark (1959) und der Sportwagen Studebaker Avanti (1963) erscheinen zu spät. 1963 gibt das Unternehmen die Betriebe in South Bend auf und verkauft die Marke Avanti an Nate Altman, der den Avanti II weiter produzieren lässt. Studebaker arbeitet nun nur noch am verbleibenden Standort in Hamilton, Ontario (Kanada), bis sich die Marke im Mai 1966 aus dem Autogeschäft zurückzieht. Die verbleibenden Händler hissen die Flagge von Mercedes Benz.