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Rallyelegend San Marino
Szenen einer Ehe

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Der deutsche Rallye-Meister Harald Demuth und die Vize-Weltmeisterin Fabrizia Pons sitzen nach 28 Jahren wieder gemeinsam im Rallye-Quattro - und fahren die Rallyelegend San Marino.

Rallyelegend San Marino, Harald Demuth, Fabrizia Pons, Rallye-Quattro
Foto: Arturo Rivas

Ein vierter Platz bei einem Europameisterschaftslauf bietet in der Rallye-Familie von Welt keinen Anlass, als neues Traumpaar zu gelten. So sind die Erinnerungen des deutschen Meisters Harald Demuth und der Vize-Weltmeisterin Fabrizia Pons an ihren einzigen Wochenendausflug anderer Natur. "Sie hatte damals lange blonde Haare", erinnert sich Demuth an den einzigen Start mit der italienischen Copilotin 1985 auf der Insel Elba. "Damit der Schopf unter den Helm passte, musste ich ihr die Haare flechten."

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Pons tut so, als könnte sie sich daran nicht erinnern: "Wenn Harald das sagt, wird es schon stimmen." Die 58 Jahre alte Signora aus Turin, die durch ihre Erfolge mit Michèle Mouton berühmt wurde, meint damit eigentlich: "Meine Herren, ich bin hier, um Rallye zu fahren, und nicht, um alte Geschichten aufzuwärmen." Pons und Demuth ziehen sich in ihr Rallye-Auto zurück und schließen die Türen des Audi Quattro A2 von 1984, der böse brabbelnd zur Startrampe rollt.

Es wird ernst

Eigentlich ist die Rallylegend eine große Drifter-Party mit klassischen Rallye- Autos in San Marino. Wenn allerdings die Lenkradkönige Carlos Sainz, Miki Biasion, Didier Auriol und Markku Alén aufeinandertreffen, wird es ernst, egal wie unterschiedlich die Autos sind oder ob der eine als Vorauswagen ohne offizielle Zeitnahme startet und der andere im WRC-Feld: Irgendwo tauchen alle Zeiten von den Wertungsprüfungen auf und werden verglichen. Auch bei Frau Pons, Zweite in der Rallye-Weltmeisterschaft 1982, schaltete sich automatisch die Adrenalinpumpe ein, sobald sie die Unterschrift unter das Nennformular gesetzt hat.

Schneller als der Audi-Mitarbeiter selbst hatte sie ihren Piloten am Telefon: "Wir fahren zusammen die Rallylegend", vermeldete sie. "Aber Harald, du fährst doch richtig schnell, oder?"

Da kann sie ganz beruhigt sein. Und Demuth freut sich über den ungebrochenen Ehrgeiz, den seine Copilotin offenbar entwickelt. "Für einen Fahrer ist ein Beifahrer, der alles im Griff hat, immer ein gutes Zeichen", betont der 63-Jährige, der sich wie stets sympathisch bescheiden zurückhält.

Glühende Begeisterung für den Rallye-Sport

Seine Beifahrerin wirkt allerdings nur auf den ersten Blick streng wie eine Lateinlehrerin beim Abhören der Vokabeln: Im Gespräch bricht schnell die Begeisterung für den Rallye-Sport und schnelle Autos durch. Von 1981 bis 1985 war sie mit ihrer Freundin Michèle Mouton Teil des Audi-Werksteams. "Eine tolle Zeit", schwärmt sie. "Wir haben die ganze Entwicklung des Quattro bis zur Spitze mitgemacht."

Als Mouton die damals erst 25 Jahre alte Beifahrerin an ihre Seite holte, war diese ein unbeschriebenes Blatt aus der italienischen Szene, zunächst als Fahrerin mit dem neunten Platz im Opel Kadett GT/E beim WM-Lauf in San Remo, dann als Copilotin von "Lucky" in einem privaten Fiat 131 Abarth. Im Februar 1981 kam der Ruf von Michèle Mouton. Pons wagte den Sprung ins kalte Wasser der Weltmeisterschaft und hielt sich fest an ihr Lebensmotto: "Ich schaue immer nur auf das, was vor mir liegt."

Harald Demuth ist in Audis Rallye- Karriere ein Mann der ersten Stunde, er begann schon Ende der Siebziger mit dem frontgetriebenen Audi 80 und half bei der Entwicklung des Quattro mit unzähligen Testkilometern. In seiner bescheidenen Art war er nie ein Mann für die vordere Reihe auf der Weltbühne, stand stets im Schatten des besessenen Genies Walter Röhrl.

Traumpaar für den Audi Quattro

Ihre jeweiligen Vorgeschichten machen Demuth und Pons heute zum Traumpaar für den Einsatz mit dem Königswagen Quattro in San Marino - ein Auto, das mit dem Vierradantrieb und dem Turbomotor einen neuen Abschnitt des Sports einleitete.

Der Audi ist einer der letzten Ur- Quattros mit langem Radstand, aber bereits mit Leichtbauteilen ausgestattet. Der Fünfzylinder-Motor verfügt bereits über einen Motorblock aus Aluminium und eine elektronische Benzineinspritzung. 1984 wurden die späteren Weltmeister Stig Blomqvist und Björn Cederberg mit diesem Auto Zweite bei der Rallye Monte-Carlo hinter Röhrl/Geistdörfer.

Wie im Lkw

Demuth startet den heiser klingenden Turbomotor und rollt hinter einem Lancia Rally 037 zum Start. Den flachen Italiener mit Mittelmotor überragt der Quattro um zehn Zentimeter. Demuth und Pons thronen wie in einem Laster über einem Kleinwagen. 037 versus Quattro war das Duell der Weltmeisterschaft 1983, als Audi mit Hannu Mikkola den Fahrerweltmeister stellte und Lancia mit dem 315 PS starken Flachmann den Markentitel einfuhr. Durch die Luke im seitlichen Schiebefenster bemerkt Harald Demuth: "Es ist nicht nass, sondern schlimmer: rutschig wie auf Eis", sagt er mit lässig heiterer Stimme. So hätte er auch die Lottozahlen vorgelesen.

Der Starter richtet fünf Finger in sein Blickfeld: fünf Sekunden bis zum Abschuss der Quattro-Rakete. Kaum ist der letzte Finger eingeknickt, schießt der Quattro fauchend ins Tal: 4,2 Sekunden braucht er zum Sprint auf 100 km/h. Linksknick auf Schotter, vorbei an frenetisch jubelnden Zuschauern, wieder bergab, in der Senke zurück auf Asphalt. Die Straße ist eng, der Belag rutschig und die Kurven sehr unrhythmisch zu fahren. In einer engen Bergauf- Rechtskurve macht sich die Länge des Audi bemerkbar.

Automobile Helden der Rallye-Geschichte

Doch wen stört das: Bei der Rallylegend treten lauter Autos an, die ihre Meriten längst verdient haben. Dazu gehört auch ein Citroën Xsara WRC, ein ehemaliges Werksauto aus dem Team des französischen Rekordweltmeisters Sébastien Loeb. Ein Wegbereiter für die Erfolge Loebs war sein Landsmann Didier Auriol: 1994 erobert dieser als erster Gallier die Weltkrone der Driftkünstler. Der 55 Jahre alte Auriol will es fast zwei Jahrzehnte nach seinem Titelgewinn noch einmal wissen: Er fährt in der Kategorie für World Rally Cars allen auf und davon.

Wie für den Citroën-Piloten ist auch für den Finnen Markku Alén der Spaß umso größer, je zügiger es über die 14 Wertungsprüfungen geht. Alén ist die wohl tragischste Figur der Rallye-Geschichte: Er war 1978 allen anderen Piloten überlegen, aber der erste Rallye-Weltmeister wurde erst ein Jahr später gekürt.

1983 fuhr der Skandinavier, den alle wegen seines Aussehens und seiner Vorliebe für Tifosi-Teams den "Italiener" nennen, im Team des Markenweltmeisters Lancia und wurde Dritter. Um gegen diese Ungerechtigkeiten der Geschichte anzufahren, zwängen sich Alén und sein Stammbeifahrer Ilkka Kivimäki weiterhin einmal im Jahr bei der Rallylegend in einen Lancia 037.

Quattro-Feuerwerk

Zunächst kommt Alén mit seinem Wahlspruch "Maximum Attack", nur echt mit finnisch gefärbter Aussprache, ins Grübeln: "Zum ersten Mal in meiner Karriere habe ich das Gefühl, das ein Rallye-Auto zu viel Leistung hat." Doch das hindert ihn nicht, die Gegner zu zermürben. Die einen arbeiten ihr Material auf, die anderen lassen sich von Markku dem Großen nervös machen. Alén und Kivimäki gewinnen die historische Kategorie beim Rallye-Festival von San Marino.

Harald Demuth und Fabrizia Pons kommen dagegen bei ihrer zweiten Rallye nach 1985 nur zwei Prüfungen weit: Ein Bremsdefekt legt den Quattro A2 lahm. Die Quattro-Ehre retten die ehemaligen deutsche Vizemeister Michael Gerber und Peter Thul. Im Sport Quattro S1 von 1986 führen sie ein Feuerwerk aus fünf Zylindern auf. Das gibt's exklusiv nur in San Marino zu sehen: Erst im Oktober 2014 wird es wieder gezündet.

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