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Polsterfarben der 70er und 80er
Mut zum Muster

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Autositze sollten vor allem bequem sein. Doch meist gilt der erste Blick dem Sitzmuster. Das ist bei Youngtimern oft schrill. Experten meinen: Es unterstreicht den Zeitgeist des Autos. Das hilft auch der Wertentwicklung.

Polsterfarben, Porsche 928
Foto: Archiv

Es ist nicht unbedingt die Rotmetallic-Spezialfarbe, die dafür sorgt, dass das Sondermodell Mercedes-Benz 190 E Avantgarde Rosso so sehr ins Auge fällt. Es sind vielmehr die gewagten Sitzbezüge "Arkade", die die Blicke auf sich ziehen. Denn Anfang der 90er versuchten die Stuttgarter ihre schon etwas betagte Baureihe mit drei besonders farbenfrohen Avantgarde-Sondermodellen aufzufrischen.

Schon im offiziellen Verkaufsprospekt spricht Mercedes von einem Modell, "zu dem man sich bekennen muss". Orientiert an der New Yorker Graffiti-Malerei, gestalteten die Designer die Sitzflächen im Modell Rosso in einer magenta-, türkis- und gelbfarbenen Tetris-Optik. Die Sitze trafen nicht jeden Geschmack, weder damals noch heute.

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Arrivierte Hippies wollten poppige Designs

Dennoch: Ein charakteristisches Sitzmuster macht einen Youngtimer authentisch, selbst wenn das Design nicht mehr dem aktuellen Zeitgeist entspricht. Das zeigen nicht nur die Sonderserie des 190 E, sondern auch viele andere Modelle der 70er-, 80er- und 90er-Jahre.
"Das Interieur der 70er-Jahre war stark von der Jugendkultur beeinflusst. Die Farben waren bunt, die Muster auffällig", sagt Lutz Fügener, Professor für Transportation Design an der Hochschule Pforzheim.

Einstige Hippies hatten sich in der Gesellschaft etabliert, wünschten sich für ihre Autos jedoch peppige Farben, so Fügener. Opel kombinierte beim Manta A beispielsweise ein mattschwarzes Instrumentenbrett mit knallroten Stoffsitzen. Auch französische Kleinwagen von Citroën bis Peugeot verwöhnten ihre Kunden mit bunten Farben – nicht nur außen, auch im Innenraum.

Heute orientieren sich Polster-Designs an aktueller Architektur

Ein Jahrzehnt später zeigte sich allerdings ein anderes Bild. Die Muster und Farben der Vorjahre galten als ideell verschlissen. "In den Achtzigern setzten die Designer eher auf kalte Farbtöne wie Türkis oder Magenta. Die Sitzmuster wurden flächiger, oft in Gestalt geometrischer Formen", so Fügener. Bestes Beispiel ist der Porsche 928 im Pascha-Sitzdesign mit weißschwarzem Karo-Muster. Auch Ford ging mit der Zeit und bot im Capri 3 Sitze mit Streifenkaros an.

Ein Trend blieb jedoch auch damals bestehen: Die Designer orientierten sich stark an der Mode der Kleidung. Keine Frage, dass sich im Zeitalter der Jeansjacken auch im Auto vermehrt Jeansstoff wiederfindet. So stattete unter anderem Seat den Marbella mit Sitzen und Türflächen aus dem blauen Stoff aus. Vorreiter war jedoch der Käfer gewesen, der bereits 1973 als Jeans-Sondermodell auf den Markt kam. "In der heutigen Zeit ist die Mode allerdings zu schnelllebig geworden, um als Trendsetter für die Autobranche zu funktionieren", sagt Design-Professor Fügener. Inzwischen orientiere man sich eher an aktueller Architektur.

Wertsteigerung möglich

In den 90ern versuchte Renault mithilfe von bunten Sitzbezügen mit floralen Mustern das neu entwickelte Innenraumkonzept des Twingo mit verschiebbaren Einzelsitzen an junge Leute zu vermarkten. "Die Käufer waren jedoch meist älter als die Werbezielgruppe. Ich denke eher, dass das Modell trotz seiner Sitze zu einem Erfolg wurde", sagt Design-Experte Fügener.

Sich an Retro-Elementen zu bedienen, hat hingegen auch nicht immer Erfolg. "Das Karo-Muster des VW Golf I GTI funktioniert nur deshalb heute noch, weil es einen klaren Bedeutungsinhalt transportiert: Sportlichkeit", sagt Fügener. Ein solches Merkmal hat zudem einen positiven Nebeneffekt. Je schräger und charakteristischer ein Sitzbezug für ein bestimmtes Automodell war, desto gefragter sind solche Ausstattungsdetails. "Wir schätzen, dass ein VW Golf I GTI mit gut erhaltenen Karo-Sitzen heute beim Verkauf rund 500 Euro mehr einbringt als ein Modell mit nachgerüsteten Ledersitzen", sagt Frank Wilke vom Gutachterinstitut classic-analytics.

Nicht immer wird der Kundengeschmack getroffen

Wie schwierig es ist, den Geschmack der europäischen Kunden zu treffen, merkten vor allem japanische und koreanische Hersteller. Eine Balance zu finden zwischen bunten Polstern mit Graffiti-Effekten und schlichtem Velours, zeigte sich als schwieriges Unterfangen. Ein Beispiel eines mutigen Musters bietet etwa der Spaß-Offroader Suzuki Vitara X90.

Doch eines ist sicher: Sitzmuster mögen zwar ungewöhnlich, schrill und für manche Autofans sogar stillos sein. Besser als ein Schonbezug sind sie jedoch allemal.

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