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Oldtimerrallye Kiss-Parade
Winterspiele

Inhalt von

Ein Jahrhundertwinter in Tirol - an der diesjährigen KISS-Parade des Tübinger Museums Boxenstop hätte man auch mit einem Schneemobil teilnehmen können.

KISS-Ausfahrt, Schneelandschaft, Impression
Foto: Michael Schröder

Der blaue BMW Alpina B10 Touring pflügt als Erster über den 2094 Meter hohen Jaufenpass. Eine Strecke, so vereist und verschneit wie eine Rodelbahn, doch das hat die Besatzung des schnellen Kombis vermutlich nicht einmal gemerkt. Vier angetriebene Räder, frische Winterreifen und gesunde 261 PS. "Da muss schon mehr passieren, um uns zu stoppen", erklärt der sichtlich gut gelaunte Besitzer Mike Groz aus Köln.

So kann man die Sache natürlich auch sehen. Während auf der Alpennordseite im Januar fast schon frühlingshafte Temperaturen herrschen und die Wiesen braun statt weiß sind, sprechen Meteorologen angesichts der extremen Neuschneemassen in Tirol sowie auf der gesamten Alpensüdseite von einem unerwartet extremen Wetterereignis, das nur alle 75 bis 100 Jahre einmal vorkommen würde. Bis zu fünf Meter hoch liegt die weiße Pracht hier oben neben der Straße, deren Verlauf nur noch anhand unzähliger schwarz-gelber Stangen auszumachen ist. Anderswo in Tirol wurden in diesen Tagen sogar Reisewarnungen ausgesprochen.

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Genialer Auftakt

Nach und nach trudeln die weiteren der insgesamt 17 Teams der diesjährigen KISS-Parade auf der Passhöhe ein. Glänzende Augen angesichts der arktisch anmutenden Gegebenheiten besonders während der letzten zehn Kilometer. Unzählige Kurven und Kehren, neun Prozent Steigung und zum Glück kein Streudienst – ideale Voraussetzungen also, um mit alten Autos mächtig Spaß zu haben.

Genau genommen hätte sich Organisator Rainer Klink für seine inzwischen
14. KISS-Parade keinen besseren Auftakt ausdenken können. Schon rein gruppendynamisch ist so ein gemeinsam bestandenes Bergabenteuer eine ziemlich feine Sache: Die Teams lernen sich unterwegs kennen, wissen spätestens ab jetzt, wer welches Fahrzeug bewegt, und haben abends in der Hotelbar einiges zu erzählen – das ist gut, wenn man vier Tage lang gemeinsam durch die Berge toben will.

KISS fährt Erstmals nach Tirol

"Einfach großes Glück gehabt", schmunzelt der Klink dann auch angesichts der Schneemassen auf dem italienischen Alpenpass. Denn eigentlich hat der Mann vom Museum Boxenstop in Tübingen seine KISS-Paraden bisher ausschließlich im Schwarzwald ausgetragen, wo in diesem Januar allenfalls Kunstschnee die Bergspitzen ziert. "Dort hätten wir nicht einmal Winterreifen benötigt", freut sich auch Lars Hauschild aus dem schwäbischen Walddorfhäslach, der zu den Wiederholungstätern zählt und in einem Mercedes-Benz 190 angetreten ist. Die Idee, die KISS-Parade diesmal im bayerischen Ettal zu starten und nach Tirol zu fahren, stößt spätestens jetzt auf grenzenlosen Zuspruch.

Klink, der das Feld in einem VW Golf II begleitet, mahnt zum Aufbruch. Während gestern am ersten Fahrtag bis Innsbruck nur 130 Kilometer zu bewältigen waren, sind es heute bis zum Etappenziel in Bozen immerhin 230. Auf zumeist verschneiten Bergstrecken wie der alten Brennerstraße wohlgemerkt. Also rasch wieder runter vom Jaufenpass. Bei einer Sichtweite von bestenfalls 20 Metern und ohne jegliche Orientierung, weil unten, oben, rechts und links alles einfach nur weiß ist. Vermutlich ist darum niemand außer uns hier oben unterwegs. Drei Teams nutzen diese einmalige Gelegenheit jedoch, um mit ihren Autos – einem Audi Quattro, einem Opel Ascona und einem Talbot Matra Bagheera – die Südrampe des Passes gleich noch einmal rauf- und wieder runterzubrettern.

Vier Tage Fahrspaß

Das Rezept der KISS-Parade – in solchen Augenblicken geht es voll auf. Keine Rallye mit Sonderprüfungen und Pokalen, sondern "nur" eine Winterausfahrt. An der jeder teilnehmen kann, der einen Old- oder Youngtimer besitzt und sich damit im Januar auf die Straße traut. Vier Tage lang unter Gleichgesinnten mächtig Spaß haben, lautet die Klinksche KISS-Devise gegen den Winter-Blues. Um die Nummer in vollen Zügen zu genießen, einigen Kopilot Sebastian Binz und ich uns darauf, dass das Dach meines Dreiers bis zum Ende offen bleibt, egal wie viel Schnee noch fallen und um wie viel die Temperatur noch sinken wird. Auf dem Jaufenpass zeigte das Thermometer 13 Grad an. 13 Grad minus, wohlgemerkt.

Weiter in südliche Richtung. Das Roadbook führt recht verwegen durch die Berge, die im andauernden Schneetreiben heute jedoch einfach nicht zu sehen sind. Egal. Längst haben sich Fahrgemeinschaften gebildet, um gemeinsam eine 14-prozentige Steigung bei Tisens zu bewältigen. Oder den 1518 Meter hohen Gampenpass. Nach 205 Kilometern schließlich der krönende Abschluss, die Abfahrt vom 1363 hohen Mendelpass hinunter nach Bozen: 15 Kehren – eine Trasse wie eine Bobbahn.

Front-, Heck- oder Allradantrieb?

Später an der Bar: Leidenschaftlich werden die unterschiedlichen Antriebskonzepte für derartige Spielereien auf Schnee diskutiert. Front-, Heck- oder Allradantrieb? Oder gar ein Auto mit Mittelmotor wie der Toyota MR2 von Bernfried und Arne Venetta aus dem niedersächsischen Burgwedel? Hat eben alles seine Vor- und Nachteile.

Mike Groz, der Mann mit dem Allrad-Alpina, will im nächsten Jahr jedoch unbedingt wieder mit einem Hecktriebler antreten. Weil er Driften am Ende doch unterhaltsamer findet als eine unerschütterliche Traktion. Eine Meinung, der sich auch die Schweizer Bagheera-Besatzung Andreas Gähler und Patrick Bischof anschließt. Die beiden sind mit ihrem Kunststoff-Sportler bisher keinen Meter geradeaus gefahren, gelten schon jetzt als die inoffiziellen Driftkönige der diesjährigen KISS-Ausgabe.

Das Sellajoch als Finale

Samstag: Rund 205 Kilometer stehen auf dem Zettel, und damit die Teams nicht vergessen, warum sie überhaupt hier sind, schickt der Klink sie gleich wieder den genialen Mendelpass hoch. Zwei Porsche 944, ein Kadett B und ein Mercedes W124 Coupé stürmen als Erste auf und davon, gefolgt von einem Carrera 4, dem ein BMW 528 sowie ein weiteres Dreier-Cabriolet im Nacken sitzen. Nur eine Ausfahrt? Oder doch eine Rallye? Egal. Hauptsache, Spaß. Man sieht es den Gesichtern an.

Casez, Denno, Lavis, Mezzolombardo - Nie gehörte Ortsnamen rauschen vorbei, bis der 1808 Meter hohe Passo Lavaze für heute den geografischen Höhepunkt markiert. Zwischendurch sorgen freundschaftlich ausgefochtene Duelle dafür, dass bis zum Abend keinerlei Langeweile am Steuer aufkommt. Beispielsweise wenn sich plötzlich ein nur 88 PS starker Diesel-Benz (W123) als Kurvenfeger entpuppt. Wer an dem braunen T-Modell von Wolfgang Conzelmann vorbeiwollte, musste da schon bis zur nächsten längeren Steigung warten.

Tag vier, das große Finale: zuerst eine Nebenstrecke mit 20 (!) Prozent Steigung, dann der Nigerpass (1.690 Meter) und schließlich das 2.213 Meter hohe Sellajoch im Herzen der Dolomiten, das trotz einer geschlossenen Schneedecke für den Verkehr freigegeben ist. Schon klasse, wie im nächsten Moment 22 ambitioniert bewegte Old- und Youngtimer diesen Pass niederringen – könnte gut sein, dass so eine Nummer nach einer Wiederholung schreit.

Die nächste KISS-Parade findet vom 15. bis zum 18. Januar 2015 statt. Infos: www.boxenstop-tuebingen.de

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Motor Klassik 10 / 2024

Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten