London to Brighton Veteran Car Run: Kohlefresser und Hybridautos

London to Brighton Veteran Car Run
Kohlefresser und Hybridautos

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Veröffentlicht am 08.11.2011

Und sobald es um die Tradition geht, ist der Engländer leidensfähig. Sonntagmorgen, sechs Uhr, im Hyde Park. Der Novembertag beginnt mit klirrender Kälte. Was sagt der englische Fan dazu? „Ein schöner Morgen.“ Stimmt, es hätte schlimmer kommen können. Es ist wolkenverhangen, aber es regnet nicht.

Die Emanzipation des Automobils - um nicht weniger geht es hier

Worum geht es hier im Hyde Park? Es geht um die Emanzipation des Autos. 1896 wurde der "Red Flag Act" gestrichen. Bis dahin hatte ein Mann mit roter Flagge vor einem Auto herzugehen und die Passanten vor diesem Ungetüm zu warnen. Schluss damit! Außerdem wurde die erlaubte Höchstgeschwindigkeit vom Schritttempo auf  16 Meilen pro Stunde (22,4 km/h) angehoben. Die Automobilisten der frühen Tage waren begeistert und organisierten eine Fahrt von London nach Brighton.

1927 wurde die erste Erinnerungsfahrt durchgeführt. Und seit damals ist die historische Tour nur zwei Mal ausgefallen -1940 und 1947.

Jutta Benz - Urenkelin von Carl Benz - fährt vorneweg

Zugelassen sind nur Automobile bis 1904. Und in diesem Jahr, 125 Jahre nach der Geburt des Automobils, waren sie wieder alle dabei. Angefangen vom Benz-Dreirad mit Jutta Benz am Volant über die ersten motorisierten vierrädrigen Kutschen. Es kamen Zwitter aus Motorrad und Automobil: Dabei sitzt der Passagier vorn in einem Korbsessel, der Pilot steht dahinter am Lenker. Es gibt Dampfwagen, die so viel Kohle fressen, dass an der Strecke Depots angelegt werden müssen. Dazu gesellen sich die ersten ernsthaften Automobile: Der Mercedes Simplex, der in seiner Rennversion 1903 bereits 60 PS leistete und eine Höchstgeschwindigkeit jenseits von 100 km/h erreichte. Oder der Lohner-Porsche mit Hybrid-Antrieb, den Ernst Piech an den Start brachte.

Nicht der einzige große Name. Mit einem amerikanischen Autocar startete Ex-Formel 1-Pilot Jochen Mass. Und Ex-Formel 1-Weltmeister Nigel Mansell fuhr zusammen mit Mike Penning, Staatssekretär für Transport, den Mercedes Simplex Rennwagen aus dem Jahr 1902.

Orientierung dank der gestrandeten Autos

Der London-Brighton-Run hat für die Oldies im Prinzip zwei Prüfsteine. Erstens: der Stopp-und-go-Verkehr in London. Zweitens: die Steigungen vor Brighton. Das ständige Anfahren ruiniert die Kupplungen und überhitzt die Motoren. Und wenn es in den Hügeln dann steil bergauf geht, dann fehlt einfach die Leistung. Da hilft nur Absteigen und Schieben.

Nicht jeder Oldie ist der 100 Kilometer langen Tortur gewachsen. Ein Navigationssystem braucht man beim London-Brighton-Run übrigens nicht. Man muss sich nur an den gestrandeten Automobilen am Streckenrand orientieren. Überall wird geschraubt und gebastelt. Das gehört bei einer Ausfahrt mit den Veteranen einfach dazu. Wer aber auf sich hält, der erreicht Brighton. Irgendwann, auch wenn es nach Sonnenuntergang ist.