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i-Mobility Rallye 2016
Im VW e-Golf über die Alb

Eigentlich sollte es eine gepflegte Mitfahrt über die Schwäbische Alb in einem T2 Bus werden. Letztendlich wurde es aber eine aktive Fahrt im VW e-Golf. Erkenntnisse und Geständnisse eines Beifahrers.

i-Mobility Rallye 2016, VW T2, Dorstener Arbeit
Foto: Michael Rassinger

Die Nachricht der Rallye-Projektleitung kam kurz nach 8 Uhr morgens: „Du fährst in einem e- Golf als Beifahrer mit.“ Prima, endlich mal in der ersten Reihe sitzen! Der Wermutstropfen: Während der Zeit kann man weder schreiben noch Bilder machen, bearbeiten und einpflegen. Aber was soll's: Du fährst nicht alle Tage in einem elektrischen Golf von Stuttgart auf die Schwäbische Alb und zurück.

Mein Fahrer war Lars Hauschild, der als Karosserie- und Fahrzeugbaumeister eine eigene Werkstatt in Pliezhausen südlich von Stuttgart betreibt. Extra für die i-Mobility Rallye hatte der Auto-Enthusiast einen e-Golf besorgt, um seine erste E-Rallye mitzufahren. Zunächst hörten wir uns das Briefing von Harald Koepke, dem sportlichen Leiter der i-Mobility Rallye, an. Neben den allgemeinen Erklärungen zum Fahren einer Gleichmäßigkeitsrallye, dem Lesen des Roadbooks, dem Ausfüllen der Bordkarte sowie den verschiedenen Wertungsprüfungen waren einige Detailhinweise wichtig. Auf der gesamten Strecke von 117 km hatte das Rallye-Team sogenannte „Stumme Zeugen“ am Straßenrand platziert: Kleine Schilder mit einer Zahl, die abgelesen und auf der Bordkarte notiert werden sollte. Weiterhin gab es Erklärungen zu den Fragen, die unterwegs an den Durchfahrtskontrollen gestellt würden. Dabei gehe es um Allgemeinwissen und Fakten zur Elektro-Mobilität.

Unsere Highlights

Wertungsprüfung 1: Saftig und vitaminreich

Bevor es jedoch ins Auto ging, fand schon die erste Wertungsprüfung im Foyer der Messe Stuttgart statt. Per Muskelkraft musste eine Orangensaftpresse mit Strom versorgt werden, damit sie die Früchte teilen und bis auf den letzten Tropfen auspressen konnte. 60 Sekunden standen für die Prüfung mit dem Namen „Presserad“ zur Verfügung, danach wurde der flüssige Output gewogen. Da ich fotografieren wollte, blieb Lars nichts anderes übrig, als in die Pedale zu steigen. Übrigens mit sensationellem Erfolg, denn am Ende blieben zwei volle Becher Orangensaft für uns übrig. Schnellster bei dieser Prüfung war der ADAC: Nach nur 21,35 Sekunden war die erste Orangenprobe abgefüllt. Gelben Engeln fällt es eben leicht, auch mal nach orange zu wechseln.

Am Auto gingen wir dann das Roadbook im Detail durch. Da der Heimatort von Lars genau zwischen Stuttgart und Bad Urach liegt, kannte er die meisten Abschnitte der Strecke bereits. Im Roadbook ist die gesamte Route in Form von „Chinesenzeichen“ beschrieben. Symbole wie Straßenschilder, Ampeln, Ortsschilder oder markante Wegweiser kennzeichnen den richtigen Weg, der mit Texthinweisen (z.B. „Richtung Sielmingen“ oder „Am Bahnhof rechts in Bismarckstraße“) ergänzt wird. Trotzdem ist es immer noch möglich, sich zu verfahren, denn man kann Wegweiser übersehen oder ähnlichen Schildern und Symbolen auf den Leim gehen.

Start mit zweiter Wertungsprüfung

Im e-Golf waren wir nun für die Rallye präpariert: Roadbook und Bordkarte lagen bereit, der Bordakku war voll. Laut der Bildschirmanzeige im Wagen würden wir nun mit der aktuellen Ladung 184 Kilometer weit kommen. Ob das mit der Realität übereinstimmt, klären wir am Ende des Artikels. Als Startzeit war uns 10.29 Uhr zugewiesen worden. Wir reihten uns in der Wagenkolonne auf, bekamen die Startfreigabe über Uhr und Rallyeflagge und rollten direkt in die zweite Wertungsprüfung mit dem Namen „Blitzschnell“.

Nach dem Passieren der Lichtschranke hinter dem Startbogen mussten wir 20 Meter in genau 8 Sekunden zurücklegen. Der schnelle Rechner denkt nun: „Äh, das sind doch nur 2,5 Meter pro Sekunde, wie öde.“ Stimmt, aber die Zeit ist blitzschnell vorüber und das Ziel von 8 Sekunden sollten wir möglichst auf die Hundertstelsekunde genau treffen. Ok, nach der guten Orangen-Pressung waren wir hier weniger erfolgreich, denn wir unterschritten die Zielzeit um satte 2,14 Sekunden. Ein e-Golf kommt eben ziemlich flott aus den Puschen, wenn man das Pedal nicht behutsam genug streichelt.

Einkaufstour in Nürtingen

Anschließend verließen wir das Gelände der Messe Stuttgart und rollten gemütlich durch den Tunnel unter dem Flughafen in Richtung Filderstadt und Sielmingen. Beim Erreichen von Nürtingen warnte uns das Roadbook: Ein stationärer Blitzer erwartete uns 400 Meter nach der Ortseinfahrt. Er blieb aber bei unserer Fahrweise grau und arbeitslos. In der Nähe eines Einkaufszentrums wartete die dritte Wertungsprüfung namens „Einkaufstour“: Hier ging es um Zeit, denn wir mussten einen vorgegebenen Parcours mit drei verschiedenen Parkszenarien und Einkauf möglichst schnell absolvieren.

Das lief konkret so ab: Starker Druck aufs rechte Pedal, Stimmung wie bei einem Flugzeugstart. 90 Grad nach rechts und vorwärts einparken, beide Achsen über der Linie, eine Helferin wirft mir Ritter Sport beim Fenster rein. Rückwärts ausparken und gleichzeitig 90 Grad rechts einschlagen, mit dem Heck voran in die nächste Parklücke, nun Gummibärchen in Empfang nehmen. Dann mit Volldampf raus, Linkskurve, geradeaus, Linkskurve, geradeaus, Linkskurve und rückwärts in die letzte Parklücke rein, Raffaellos bunkern. Raus aus der Lücke, den gesamten Parcours zurück und die Lichtschranke durchbrechen. Wir hatten bis zuletzt eine prima Zeit, verfehlten aber bei der Rückfahrt die richtige Spur und mussten zurücksetzen. Das kostete uns über 12 Sekunden und damit knapp zehn Plätze.

Fragerunde in Beuren

Nach der Nürtinger Episode verließen wir die Einkaufsstadt und befanden uns wieder auf der Landstraße, wo wir eine kleine Abzweigung suchten, der ein „Sträßle“ folgen sollte. In der Tat traf die Bezeichnung zu, denn vor dem Bau der Landstraße spielte sich der Verkehr zwischen Nürtingen und Beuren auf dem schmalen Sträßle ab. Der angekündigte Blick auf Burg Hohenneuffen dagegen blieb uns verwehrt: Es war neblig wie in einer Suppenküche, wir konnten lediglich den Berg, aber keine Burg erahnen.

In Beuren wurden wir beim Brunnen in der Stadtmitte von beiden Seiten verhört: Die Helfer der Durchfahrtskontrolle wollten uns nicht nur sehen, sondern auch befragen. Lars bekam eine Frage zur Zahl der E-Tankstellen in Deutschland, ich musste den Begriff „Hybrid“ herleiten. Noch beim Schreiben dieser Zeilen könnte ich mich ohrfeigen, die falsche Antwort gegeben zu haben. Da studiert man Latein, kann sogar im Vatikan eine Pizza bestellen, denkt aber beim Hybrid an die Griechen. Ärgerlich, aber auch Lars griff daneben. Über 14.000 herkömmliche Tankstellen gibt es in Deutschland, aber inzwischen auch über 4.000 E-Ladestationen. Wieder was gelernt.

Bad Urach mit Wertungsprüfung Achterbahn

Die Strecke führte nun in Richtung Erkenbrechtsweiler, wo wir zwischendurch die Steigung einer Passage notieren mussten. Beim Hochklettern auf die Schwäbische Alb ging die Reichweitenanzeige des e-Golf in den Keller: Während wir bis dahin locker mit einem Verbrauch von weniger als 12 kWh/100 km ausgekommen waren und eine Restreichweite von über 120 km hatten, rauschte die Anzeige bei der Bergfahrt auf rund 70 km runter. Unangenehm, weil uns noch mehr als 80 km bevorstanden. Jetzt begann aber das Rekuperieren bei der Abfahrt. Lars nutzte die verschiedenen Rekuperationsstufen des e-Golf mit Blick in den Rückspiegel geschickt aus, sodass wir uns einen Teil der umgewandelten Energie wieder zurück in die Batterie holen konnten.

Nach der Ankunft in Bad Urach zählten wir noch schnell die Wildschweine am Schloss (Eintrag in die Bordkarte) und fuhren zur Wertungsprüfung „Achterbahn“, die vor und nach der Mittagspause anstand. Wir mussten eine liegende Acht auf einem Parkplatz abfahren. Die Zeit der Runde war dabei völlig egal, musste aber nach dem Mittagessen möglichst exakt wiederholt werden. Wir legten eine elegante 49.58 auf den Asphalt und schafften bei der Wiederholung 49.23 Sekunden. Gar nicht schlecht, aber das Team im Nissan Leaf holte sich den Sieg mit nur einem Hundertstel Abweichung.

Nach 75 Minuten Pause ging es auch schon weiter, der Nebel hatte sich auf den Landstraßen teils immer noch hartnäckig gehalten. Den laut Roadbook „wunderschönen Ausblick“ vor Neuffen konnten wir daher nur vermuten. Die Restkilometeranzeige im e-Golf zeigte inzwischen knapp 90 Kilometer. Unser Ziel der „E-Rallye ohne Nachladen“ schien also realistisch. Nach den Ortschaften Kohlberg, Grafenberg und Riederich ging es auch schon wieder in Richtung Messe Stuttgart.

Unterbrochen wurde die Fahrt von weiteren stummen Zeugen und einer erneuten Fragerunde, bei der man gleich drei Fragen pro Mann beantworten musste. Kostprobe gefällig? Das erste Hybridauto der Welt stammt von ...? Richtig, Porsche. Der sogenannte Lohner-Porsche war anfänglich ein reines Elektromobil, wurde aber von Porsche wegen der geringen Reichweite mit einem Verbrenner ergänzt und als Mixte-Wagen bekannt. Nicht Toyota, sondern Porsche entwickelte also den ersten Hybrid, und das bereits vor mehr als 115 Jahren.

Ritterspiele in Waldenbuch

Nach dem Durchqueren der Golfanlage bei Walddorfhäslach und Dörnach näherten wir uns über Schlaitdorf, Aich und Burkhardtsmühle der Stadt Waldenbuch, wo bei Ritter Sport die vorletzte Wertungsprüfung „Ritterspiele“ ausgetragen wurde. Bei dieser Prüfung musste sich ein Mitglied des Teams fünf Ritter Sport-Sorten in der richtigen Reihenfolge innerhalb von 15 Sekunden einprägen und dann an einem Tisch in möglichst kurzer Zeit nachbauen. Dazu griff man in einen Korb mit den kleinen 2x2 Täfelchen und warf die richtigen Farben anschließend der Reihe nach in fünf Schüsseln. Ich nahm mich dieser Prüfung an, wühlte nach dem Gedächtnisanker (blau – dunkelblau – rot – weiß – gold) im Korb und katapultierte die Schokoladen-Ritter in die Schüsseln. 12,84 Sekunden. Klingt ok, aber der Sieger schaffte es in 8,18 Sekunden. Der Trost: So mancher Rallye-Profi brauchte über 20 Sekunden und hatte dann auch die Reihenfolge falsch. Oder vielleicht unterwegs alles aufgegessen.

Das Rallye-Team hatte 20 Minuten Aufenthalt bei Ritter Sport vorgesehen, damit sich die Teilnehmer im Fabrikladen mit Schokolade versorgen konnten. Hier begingen wir den großen Fehler: Wir schauten nicht auf die Uhr. Als wir nach einem Kaffee zum e-Golf zurückkamen, fuhr gerade der vorletzte Teilnehmer wieder auf die Strecke. Wir dagegen sollten schon in fünf Minuten am Ziel, der Messe Stuttgart, eintreffen. Da es Geschwindigkeitslimits und andere Verkehrsteilnehmer gibt, war schnelles Fahren nicht mehr drin. Wir kamen somit rund 18 Minuten zu spät an und begingen den letzten Fehler 30 Meter vor dem Ziel: Direkt hinter einem anderen Teilnehmer fuhren wir im guten Glauben an seine Orientierung in seinem Windschatten. Da er sich aber verfuhr, blieben wir an ihm kleben, bevor wir das Hirn einschalteten und die Anweisungen im Roadbook lasen. Nochmal zwei Minuten verschwendet. Wie sagte mal eine Lehrerin von mir: Selber denken macht schlau. So ist es.

Ankunft auf der Messe Stuttgart bei „Lichtspielen“

Die letzte Wertungsprüfung „Lichtspiele“ kam nach der Zieldurchfahrt: Zwei Lampen, ein Schalter und eine Stromquelle mussten so verkabelt werden, dass beide beim Einschalten leuchteten und bei Ausfall einer Lampe die andere nicht ebenfalls dunkel wurde. Lars schaffte die Prüfung in 37 Sekunden und bestand den Funktionstest. Der Sieger war 9 Sekunden schneller, andere hingegen verkabelten ungünstig, sodass entweder die Zeit von 60 Sekunden aufgebraucht war, ein Kurzschluss entstand oder einfach keine Lampe brennen wollte.

Als wir die Ziellinie überquerten, zeigte der e-Golf noch 28 km Restreichweite an. Wir hatten die Gesamtdistanz von 117 Kilometern ohne Nachladen bewältigt. Bei den Höhenmetern, die uns auf der Schwäbischen Alb abverlangt wurden, ein respektables Ergebnis. Unserer Schätzung nach holten wir etwa ein Viertel der umgesetzten Energie durch Rekuperation auf Gefällestrecken und beim Bremsen wieder in den Stromspeicher. Alltagstauglichkeit ist definitiv gegeben, jetzt müssten nur noch erheblich mehr öffentliche Ladestationen (besonders auf dem Land) verfügbar sein. Übrigens belegten wir mit unserer Startnummer 18 auch den 18. Rang in der Gesamtwertung.

Gesamtergebnis der i-Mobility Rallye 2016

Gesamtsieger bei der ersten i-Mobility Rallye wurde das Team Hyundai im ix 35 Fuel Cell mit Bernd-Wilfried Kießler und Immanuel Schneeberger mit insgesamt 108,86 Strafpunkten. Auf den zweiten Platz kamen Oliver Bausch und Wolfgang Heinrich in der Mercedes-Benz B-Klasse Electric Drive mit 109,82 Punkten. Dritte wurden Jürgen und Johannes Lang im Tesla Model S und 113,24 Strafpunkten.

Anlass für die Rallye war die i-Mobility 2016, eine Messe für intelligente Mobilität der Zukunft, die im Rahmen der Nachhaltigkeitsmessen der Messe Stuttgart vom 31. März bis zum 3. April 2016 auf der Landesmesse Stuttgart stattfindet.

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