Historie Eifelrennen: Eifel-Geister

69. ADAC Eifelrennen
Eifel-Geister - Historie des Eifelrennens

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Veröffentlicht am 10.06.2010

Auf dem Nürburgring wird selbst ein alter Haudegen wie Bentley-Boy Stanley Mann pathetisch: "Gut, wir haben in England Strecken wie Brands Hatch oder Silverstone", sagt der Bändiger von Mother Gun, "aber das hier, das ist was ganz Anderes - das ist heiliger Boden."

Die Bentley Boys reisen mit ihren Boliden zum Elefantenrennen an

Weshalb sich der Spezialist aus Radlett nördlich von London in diesem Juni wieder mit einer guten Hand voll weiterer Bentley-Boys per Achse auf den Weg nach Good old Germany machen wird, um am Elefantenrennen anlässlich des 69. ADAC Eifelrennens teilzunehmen. Die dunkelgrünen Giganten des Walter Owen Bentley mit bis zu acht Liter Hubraum treffen dann im alten Fahrerlager und auf der Strecke auf mindestens ebenso viele meist weiß lackierte Mercedes-Benz, deren heiseres Kompressor-Heulen einem durch Mark und Bein geht.

Und dazwischen werden sich einige Bugatti, Riley, MG et cetera tummeln, die die dicken Elefanten vor den Kurven ausbremsen und auf den Geraden darauf achten, dass sie nicht von deren gewaltigen Vergasern angesaugt werden. "Ein Starterfeld aus genau den Autos eben, die in den Zwanzigern gegeneinander gefahren sind", meint Michael Rudnig, Mitorganisator des Elefantenrennens und im flammfesten Gewand üblicherweise ebenfalls auf einem Bentley unterwegs.

Der Lauf der Elefanten zählt für Fahrer wie Zuschauer sicherlich zu den Höhepunkten des an Attraktionen nicht gerade armen Eifelrennens, das sich mit den meisten Läufen gewissermaßen selbst zitiert. Kein Wunder, schließlich reicht die Geschichte der Traditionsveranstaltung zurück bis ins Jahr 1922 - im Grunde ist das Eifelrennen zumindest mitverantwortlich für die Existenz der schönsten und gefährlichsten Rennstrecke der Welt.

Die Legende des nächtlichen Lackabkratzes entsteht

Die ersten Ausgaben nämlich wurden als Eifelrundfahrt auf öffentlichen Straßen rund um den Ort Nideggen ausgetragen. Eine 33,2 Kilometer lange Strecke im Stil der Targa Florio mit sieben Ortsdurchfahrten, die je nach Klasse sechs bis zehn Mal zu durchfahren war. Das führte naturgemäß zu erheblichen Beeinträchtigungen für die Anwohner und gefährdete die Fahrer über Gebühr. Bald kam daher bei den Beteiligten die Idee auf, die Straßen rund um die Nürburg zu einer Rennstrecke zu verbinden.

Davon aber wollte Landrat Dr. Otto Creutz, der sich zuerst für die Bauern und dann für die Autofahrer zuständig fühlte, nichts wissen; er schlug stattdessen den Bau einer völlig neuen Strecke vor, die zugleich als Versuchs- und Forschungsstrecke dienen sollte. Das typische Eifelwetter galt dafür als durchaus willkommen und sorgt ja auch heute noch immer wieder für zusätzliche spannende Momente und Unterhaltung.

Rudolf Caracciola - der König des Nürburgrings

Als dann nach knapp zweijähriger Bauzeit am 18. Juni 1927 der Nürburgring mit dem Eifelrennen eröffnet wurde, war selbst ein Rudolf Caracciola erschrocken über die Ausmaße der Strecke. Was den künftigen König des Nürburgrings nicht davon abhielt, auf der rund 28 Kilometer langen Kombination aus Nord- und Südschleife in einem Mercedes S zu gewinnen.

Drei Jahre zuvor hatte der damals 23-jährige Hotelierssohn aus Remagen bereits die 1.500er-Rennwagenklasse bei der Eifelrundfahrt gewonnen, ebenfalls in einem Mercedes. Damit beginnt auch die lange Reihe der großen Namen des Motorsports, die sich bis heute in die Siegerlisten des Eifelrennens am Nürburgring eingetragen haben. 1933 etwa gewinnt Tazio Nuvolari nach rundenlangem Kampf gegen seinen Alfa-Teamkollegen Louis Chiron; im Jahr darauf sichert sich Manfred von Brauchitsch im W 25 den ersten Sieg für die Mercedes-Silberpfeile, womit auch gleichzeitig die Legende des nächtlichen Lackabkratzens Fahrt aufnimmt.

Am Nürburgring werden Helden geboren

1935 rauscht auf einmal ein junger Ex-Motorradfahrer in einem nach Meinung vieler erfahrener Piloten eigentlich unfahrbaren Monster über die Eifelbahn, dass es nur so raucht - und überholt gar den großen Caracciola. Erst vier Kilometer vor dem Ziel geht der Mercedes-Pilot wieder an Bernd Rosemeyers Auto Union vorbei und gewinnt mit 1,7 Sekunden Vorsprung. Im Folgejahr verblüfft das vielleicht größte Fahrtalent aller Zeiten seine Teamkollegen wie Kontrahenten und Zuschauer gleichermaßen, als er auf pitschnasser Fahrbahn im dichten Nebel dieselben Rundenzeiten fährt wie bei bester Sicht und seinem Hauptkonkurrenten Nuvolari auf Alfa pro Runde 20 Sekunden abnimmt. Als die Zielflagge fällt, hat Rosemeyer mehr als zwei Minuten Vorsprung - die Rennsportgemeinde ist fassungslos.

Heldensagen wie diese gibt es viele beim Eifelrennen, und wie oft am Nürburgring spielt das Wetter bei der Dramaturgie eine Hauptrolle. Weil das Rennen ab den Sechzigern meist recht früh im Jahr stattfindet, müssen sogar immer wieder Trainings und ganze Rennläufe wegen Schneetreiben kurzfristig abgesagt werden. Zunächst aber geht es nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem auf zwei Rädern weiter, wie überhaupt das gesamte Eifelrennnen seit 1922 eine gemischte Veranstaltung für Autos, Motorräder und Gespanne ist - und bei den Zwei- und Dreirädern sind die Namen der Sieger nicht weniger klangvoll als bei den Autos. Erst ab 1975 lassen sich die gegenseitigen Interessen (vor allem in Sachen Sicherheit) nicht mehr in Einklang bringen.

Das Kräftemessen beim Eifelrennen kann beginnen

Zum Publikumsmagnet haben sich da längst die Formel-Rennen entwickelt, zunächst die Formel Junior ab 1959 und ab 1964 die Formel 2. Hier tummeln sich auch viele aktuelle wie kommende F1-Helden, 1969 etwa gewinnt Jackie Stewart im Matra, im Jahr darauf Jochen Rindt im Lotus vor Bell, Stommelen und Fittipaldi, 1972 und 1977 siegt Jochen Mass im March. Und anders als die Königsklasse fährt die Formel 2 noch bis 1983 auf der Nordschleife. Nach Einweihung der neuen Grand Prix-Strecke finden unter dem Namen Eifelrennen noch alle möglichen Läufe statt, insbesondere die DTM in ihren Glanzzeiten.

2004 wird es für kurze Zeit still, bis der ADAC Nordrhein 2008 den traditionsreichen Namen für eine Klassik-Veranstaltung im September wiederbelebt. Am Start ist unter anderem der zweifache Le Mans-Sieger Gijs van Lennep im Porsche 550 Spyder, der sich vor allem auf der Nordschleife über die wuchernde Vegetation wundert: "Nicht zu glauben, wie sich das hier verändert hat. Als ich 1976 zum letzten Mal das 1.000 km-Rennen mit einem RSR gefahren bin, sah alles ganz anders aus."

Vergangenes Jahr feierten die Mercedes-Silberpfeile auf der Grand Prix-Piste mit Hans Herrmann und Jochen Mass am Steuer ihren 75. Geburtstag. Und 2010 findet das Eifelrennen auch wieder am angestammten Termin im Juni statt. Nicht nur Mercedes-Fahrer Jochen Mass kann es kaum erwarten: "Ich freue mich schon auf das Kräftemessen der SSK mit den Bentley. Die Bentley-Boys sind sehr sportlich, das Fahren gegen sie macht immer viel Spaß!"