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Hyundai Kona Elektro und Tesla Model 3 Performance
Zwei Mittelklasse-Revoluzzer im Test

Ein Elektromotor besteht aus Rotor und Stator. Entscheidend ist aber, was man daraus macht. Mit dem Model 3 will Tesla das E-Auto-Fahren revolutionieren, Hyundai will es mit dem Kona Elektro demokratisieren. Wir klären im Vergleichstest, wer von beiden großer Sport ist: Revoluzzer oder E-voluzzer.

Tesla Model 3, Hyundai Kona
Foto: Sebastian Renz

Der Weg in die Zukunft ist ja bemerkenswert schlecht ausgeschildert. Wahrscheinlich empfehlen daher viele so oft, lieber erst einmal abzuwarten, was da auf uns zukommt – als hätten sich Ereignisse in ferner Zukunft aufgemacht, um uns jeden neuen Morgen einen Tag näher zu kommen. Umso bemerkenswerter ist es da, wenn einer mutig voranschreitet, auf einem eigenen Weg mit dem kühnen Mut zum Risiko. Unter allen Autoherstellern gibt es keinen, der es da mit Tesla aufnehmen kann. Oder will. Das neueste Model in der jungen, an Risiken nicht armen Geschichte des Unternehmens ist der Model 3 – das Auto, mit dem Tesla zum Volumenhersteller werden will. Womöglich war das Warten nie gespannter als nun – auf die breite E-Revolution einerseits, auf grandioses, endgültiges Scheitern andererseits. Die Begeisterten sagen, es sei Zeit für ein Auto, das alle Regeln bricht. Die Kritiker behaupten, man müsse Regeln erst mal beherrschen, bevor man sie brechen darf.

Tesla Model 3, Hyundai Kona
Sebastian Renz
Alltagsheld oder Sportler? Im Vergleichstest stehen sich der Tesla Model 3 und der Hyundai Kuna gegenüber.

Es wäre einfach, einer der beiden Seiten recht zu geben. Doch es gibt nicht die einfache Wahrheit, weder über Tesla an sich noch über das Model 3. Vor allem aber: Das hier ist auto motor und sport, wir haben es nicht so mit einfachen Wahrheiten. Wir hinterfragen, messen nach, testen, vergleichen. So entsteht am Ende aus vielen Einzelkriterien ein Gesamtergebnis, das nicht auf eilfertiger Begeisterung oder Ablehnung wankt, sondern auf einem objektiven, reproduzierbaren Wertefundament steht.

Nach dem Test (Heft 5/2019) muss sich das Model 3 seinem schärfsten Rivalen stellen, dem Hyundai Kona Elektro. Der ist mit großer Reichweite, hoher Reife und Alltagscleverness für 39.000 Euro das erste erschwingliche erstwagentaugliche E-Auto.

Mit dem Hyundai Kona auf der sicheren Seite

Hyundai Kona, Exterieur
Sebastian Renz
Trotz einiger Mängel sollte der Kuna nicht nur auf seine Fahrdynamik reduziert werden.

Bei Hyundai nehmen sie den vorsichtigen Weg in die Zukunft. Der Elektro ist eben ein elektrifizierter Kona, nutzt bis auf kleine Modifikationen Karosserie und Fahrwerksunterzeug der Verbrenner. Unter der Motorhaube sitzt nun aber eine 150 Kilowatt starke permanenterregte Synchron-E-Maschine, die ihre Energie vom 64 Kilowattstunden großen Lithium-Polymer-Akku bezieht. Über ein Reduktionsgetriebe treibt das E-Werk die Vorderräder an. Geht der Fahrer vom Fahrpedal, arbeitet der Motor als Generator – wie ein Dynamo, der einen Teil der Bewegungsenergie des Autos in elektrische Energie umwandelt und in den Akku speist. All das hat nichts Revolutionäres an sich, dieses besteht im Kona einzig in der Langstreckenreichweite vom 454 Kilometer. Dass es weniger ist als beim Test letzten Herbst, liegt auch daran, dass die Heizung lief.

Der Tesla Model 3 ist einen Sprung voraus

Tesla Model 3, Exterieur
Sebastian Renz
Im Test zeigte der 3 eine ausgezeichnete Fahrdynamik mit schneller Übersetzung. Beim Pilotprojekt ist in Kurven jedoch Mut gefragt.

Der Tesla schafft – ebenfalls mit wärmender Heizung – exakt 400 Kilometer und lebt die Hochspannung. Während Hyundai rät, die Batterie nur in Ausnahmefällen per CCS schnellzuladen und ansonsten mit gemächlichen 4,6 Kilowatt an einer Wallbox Energie zu bunkern, wählt das Model 3 stets die maximale Ladestärke. Wie der Kona kabelt er serienmäßig mit Typ-2-Stecker und kann ebenfalls an CCS-Gleichstrom-Ladestationen andocken und den 75-Kilowattstunden-Akku mit bis zu 125 Kilowatt laden. 30 Minuten an den firmeneigenen Superchargern sollen für 270 Kilometer Reichweite genügen.

Im Alltag lässt sich die Energie beim Model 3 schneller speichern als beim Kona – der braucht an einer 22-Kilowatt-Wallbox 15,5 Stunden für eine Vollladung, der Tesla sieben Stunden und 40 Minuten. Auch sonst geht es erheblich schneller voran beim Model 3, das hier als Performance antritt – mit Sportfahrwerk und -bremse, dazu 20-Zoll-Rädern sowie mit 358 statt 335 Kilowatt (487 statt 456 PS). Die stromern zwei Motoren zusammen, die jeweils an den Achsen sitzen. Ein 147 Kilowatt starker Asynchronmotor treibt die Vorderräder an. Bei ihm wird der Rotor per Induktion bestromt. Den Antrieb der Hinterachse übernimmt ein 211-Kilowatt-Synchronmotor. Der hat Permanentmagnete, braucht also keinen Motorstrom. Der Grund für die zwei unterschiedlichen Motoren: Bei sachter Fahrt genügt die Kraft des hinteren Motors, dann lässt sich die vordere Asynchronmaschine einfach abschalten, weil sie frei mitläuft. Dagegen müsste der Synchronmotor über eine Kupplung aus dem Antrieb herausgeklinkt werden. Sonst liefe er als Generator weiter und arbeitete so gegen das andere Triebwerk an.

Hyundai Kona, Interieur
Sebastian Renz
Bei der Bedienbarkeit liegt der Kuna mit einfachen Befehlen vorn.

Der permanenterregte Synchronmotor des Hyundai rotiert 150 Kilowatt zusammen. Mehr gibt es über den Antrieb kaum zu sagen – aus Mangel an Komplexität. Überhaupt zeigt der Kona, wie leicht E-Auto-Fahren sein kann. Er bringt die ganze Bedienbekanntheit bei Infotainment und Assistenz mit. Ansonsten: Wer einen Kaffeeautomaten bedienen kann, kommt auch mit dem Kona zurecht – einschalten, entscheiden, was man will (vorwärts oder rückwärts), Taste dafür drücken („D“ oder „R“), ab dafür.

Umständliche Bedienung im Tesla Model 3

Dagegen sollte man die ganzen 212 Seiten der Tesla-Bedienungsanleitung gut durchlesen. Wie sonst sollte man darauf kommen, zum Aufsperren die Schlüsselkarte an die B-Säule zu halten? Oder dass es keinen Startknopf gibt, der Wagen abfahrbereit ist, wenn die Karte auf der Mittelkonsole liegt? Fuß auf die Bremse, den Wählhebel auf „D“ , dann kann es losgehen. Oder könnte. Denn erst gilt es, sich einzurichten. Klar, so ein Model 3 kauft man nicht wie einen Golf, da bereitet man sich auf die Besonderheiten vor. Aber selbst wenn man die kennt, ist die Bedienung umständlich. So muss man sich zum Verstellen der Außenspiegel in ein Touchscreen-Untermenü fingern, um die Spiegel dann über die Roll-Drück-Schiebetaste auf der linken Lenkradspeiche zu positionieren. Und dass eine Kamera den Innenraum filmt – laut Tesla ist sie nicht aktiv (ja nee, ist klar) –, zeigt eine eher amerikanische Einstellung zum Datenschutz.

Etwas Normalität findet sich endlich auf Seite 53 der Anleitung, dort heißt es: „Wenn sie hupen möchten, drücken Sie auf das mittlere Polster am Lenkrad.“ Tutuuut! Nun aber los.

Die Wucht des Watt ist im Tesla enorm

An sich wollten wir noch erwähnen, wie bequem Pilot und Co sitzen, dass zwei Passagiere auf der tief montierten Rückbank ordentlich unterkommen. Dass der Kofferraum 425 Liter fasst – wobei Liter im Fall des knarzenden, rustikal verarbeiteten Testwagens als Einheit für das Ladepotenzial passt, denn es sickerte Regenwasser in den Kofferraum. Doch ein Tritt aufs Fahrpedal, und der Tesla entreißt sich im Sportmodus jeder Kritik.

Selbst die besten Verbrenner lassen zur Vorbereitung des Fahrers eine kurze Anberaumungszeit, bis sich Gassäulen erhoben, Wellen in Bewegung gesetzt und Zahnräder sortiert haben. Der Tesla aber pfeilt einfach voran. Das ist, wie wenn du das Licht anknipst: Du hast noch nicht das Klicken des Schalters gehört, und es ist schon hell. Die Wucht, nullhundert in 3,9 Sekunden, fühlt sich noch schneller an – etwa so, als säße man beim Eishockey auf einem Puck.

Innerhalb von 0,1 Sekunden kann die Elektronik die Kraftverteilung der E-Motoren steuern – viel schneller, als das über ESP-Eingriffe gelingt. So charakterisieren die Ansatzlosigkeit und der enorme Grip das Fahren im Tesla. Mit der scharf ansprechenden, direkten, aber rückmeldungsmatten Lenkung biegt er hastig in Kurven. In denen kann man schon vor dem Scheitelpunkt Watt geben – mit hervorragender Traktion und der brillant geregelten Kraftentfaltung klettet sich der 3 an der Linienvorgabe der Lenkung fest, zentrifugt durch die Kurve und beamt sich auf die nächste Gerade. Im Slalom kann es das Model 3 mit dem fahrdynamisch ja nun durchaus ambitionierten neuen BMW 330i M Sport aufnehmen.

Lag Tesla bisher bei klassischen Abstimmungsthemen – Fahrwerk, Lenkung, Federung – weit hinter dem Niveau traditioneller Hersteller, so haben sie nun klar aufgeholt. Da hilft es, auf hochwertigen Komponenten aufzubauen: Doppelquerlenker vorn und die Mehrlenkerachse hinten sind ja schon mal eine gute Basis. Die Entwickler haben das Sportfahrwerk betont straff abgestimmt, das Wanken in Kurven minimiert. Kurze Unebenheiten überrempelt die Federung, doch bietet sie auf Autobahnen angemessenen Reisekomfort. Auch die Bremse lässt sich gut dosieren, mit fein überblendetem Übergang zwischen Rekuperations- und Bremsverzögerung. Allerdings kann die Anlage das hohe Verzögerungsniveau bei Folgebremsungen nicht halten.

Ein Pilotprojekt

Doch dann gibt es noch eine andere Art der Weiterentwicklung. Neben vielen anderen Assistenzsystemen baut Tesla in alle Model 3 auch die Technik für den Autopiloten – für 3.100 Euro lässt sie sich freischalten. Das System übernimmt die Lenkung und bestimmt das Tempo. Tesla vermeldet, es werde mit der Zeit per Update „weiter ausgebaut und verbessert“. Man mag argumentieren, auch darin zeige sich, wie stark sich Tesla die Identität eines Start-ups bewahrt habe. Andererseits dürften es selbst Fans der Marke schätzen, wenn, sagen wir, Boeing in die neue 787 einen Autopiloten einbaut, der nicht mit der Zeit tauglich wird, sondern von Anfang an perfekt funktioniert.

Tesla Model 3, Exterieur
Sebastian Renz
Im Kurventest überzeugt der 3 durch seine direkte Lenkung.

Stimmt, Tesla warnt, es sei nur eine Beta-Version. Aber die werden die Besitzer natürlich ausprobieren. Nun sind wir gut vertraut mit den verschlungenen Straßen, die sich durchs Hohenlohische hügeln. Doch gelang Tesla, dass wir die Straßen ganz neu erlebten. Geht der Autopilot doch mit tollkühner Unbedarftheit zu Werke, Straßen ohne Mittelstreifen nutzt er in ganzer Breite – wie die erlaubte Höchstgeschwindigkeit selbst kurz vor Kuppen und Kurven, für die er wiederum ganz eigene Linien wählt. Ja, das ist nur eine Nebenfunktion des Model 3, aber hier wird der Mut zu Innovation zum Risiko.

Was umso mehr im Vergleich zum Kona auffällt, der sich in allen Belangen bemüht, Elektromotoren als die normalste Antriebssache der Welt erscheinen zu lassen. Wobei auch er den Fahrer mitreißt durch die Wucht des E-Antriebs. Klar wirkt die milder, wenn man zuvor das Model 3 fuhr. Aber für sich betrachtet geht es auch im Elektro mit strotzender, ununterbrochener Vehemenz voran.

Schlechtere Kraftübertragung im Kona

Jedoch bekommt der Kona die Kraft nicht so gut geregelt auf die Straße. Die 395 Newtonmeter überfordern die Vorderräder beim Anfahren und in engen Kehren, die Antriebseinflüsse dringen bis in die Lenkung – so ziemlich das Einzige übrigens, was sie an Rückmeldung weitergibt. Anders als beim Tesla regelt das ESP Schlupf erst mühsam weg, wenn er da ist. Auch an anderen Stellen fordert es Kompromisse, einen E-Antrieb in ein bestehendes Auto einzubauen.

An sich ist der Kona ja ein leichter Subkompakt-SUV. Nun wiegt er aber mit den schweren Batterien über 1,7 Tonnen und nur 137 Kilogramm weniger als der größere zweimotorige Tesla. Wenngleich die Batterie in den Unterboden verräumt ist, hat der Kona doch einen deutlich höheren Schwerpunkt. Im Versuch, damit das Wanken in den Griff zu bekommen, haben ihn die Hyundai-Techniker straff abgestimmt. So straff, dass die Federung vor allem Stöße von kurzen Unebenheiten nur unvollkommen absorbiert. Lange Wellen bekommt er besser hin, Handling dagegen eher nicht. Das liegt an der indirekten Lenkung, zudem wankt der Kona eben doch stark, schubbert früh ins Untersteuern. Und er bremst auch wegen der Reifen viel schwächer als der 3.

Doch ebenso wie den Tesla sollte man den Kona nicht auf seine Fahrdynamik reduzieren. Der Anspruch des Kona besteht ja nicht in betörender Kurvenfahrerei, sondern in der vollwertigen, erschwinglichen Umstandslosigkeit der E-Mobilität. Für die erweitert Hyundai die Ausstattung um clevere Funktionen: die Heizung lässt sich zum Fahrer zentrieren, was bei der Klimatisierung ebenso Akku-Reserven spart wie die Wärmepumpe. Das Navi zeigt Aktionsradius und Ladesäulen an. In den Fahrmodi Eco und Eco+ lässt sich die Effizienz weiter steigern. Das klingt nicht so verwegen wie die „lässig“ und „Sport“ genannten Leistungsprogramme beim Tesla, doch im Alltag hat man davon mehr Nutzen.

Hyundai Kona, Interieur
Sebastian Renz
Für die Passagiere bieten sowohl Kona (im Bild) als auch der 3 genug Platz.

Den bietet auch die große Heckklappe, zudem haben die Passagiere trotz kompakterer Abmessungen – bis auf den knapperen Normsitzraum im Fond – so viel Platz wie im Tesla. Vor allem ist der Hyundai viel solider verarbeitet, wenn auch nicht mit der üblichen Materialanmut dieser Preisliga, da wirkt der harte Kunststoff doch etwas unterambitioniert. Und obwohl keiner in Geldnot ein E-Auto kauft: Der Kona ist in der Topausstattung eben auch 20.760 Euro günstiger als der Tesla Model 3 Performance.

Der ist auch im Unterhalt viel teurer. Günstig sind die Energiekosten: Für die 15,6 Kilowattstunden/100 Kilometer beim Kona fallen 4,52 Euro für Strom an, für die 20,3 Kilowattstunden beim Model 3 sind es 5,89 Euro. Bei beiden gibt es acht Jahre und 200.000 km Garantie auf den Akku.

Das reicht für ein gutes Stück auf dem Weg in die Zukunft. Auf dem, wie im Vergleichstest, ist das Model 3 schon weiter vorangekommen.

Fazit

1. Tesla Model 3 Performance
440 von 1000 Punkte

Ja, der Tesla Model 3 beamt die E-Mobilität in eine neue Zeit, mit klasse Handling, enormen Fahrleistungen und schnellem Laden. Nicht so seine Stärken: Verarbeitung, Bedienung und Preis.

2. Hyundai Kona Elektro Premium
427 von 1000 Punkte

Nein, das ist keine Niederlage. Der solide Hyundai Kona ermöglicht unkomplizierte, erschwinglichere, weitreichende E-Mobilität. Glamour? Braucht er nicht, bessere Bremsen schon.

Technische Daten
Tesla Model 3 Performance PHyundai Kona Elektro Premium
Grundpreis61.480 €48.450 €
Außenmaße4694 x 1849 x 1443 mm4180 x 1800 x 1570 mm
Kofferraumvolumen425 l332 bis 1114 l
Höchstgeschwindigkeit261 km/h167 km/h
0-100 km/h3,9 s7,5 s
Verbrauch0,0 kWh/100 km0,0 kWh/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 15 / 2024

Erscheinungsdatum 03.07.2024

148 Seiten