Eins schon mal vorneweg: Wer wann und wie in Ingolstadt und Zuffenhausen an der PPE-Plattform und Software-Architektur entwickelte, durch Eis und Schnee fräste oder Patente einreichte – und warum Mercedes jetzt noch keine 800-Volt-Technik bietet? Spielt jetzt keine Rolle, jetzt wird getestet, wobei wir einige Unterschiede zwischen den Plattform-Geschwistern Q6 e-tron und dem ersten elektrifizierten Macan herausarbeiten.
Schön, dass zum Jahresende ohnehin gerade saisonale Besinnlichkeit durchs Land weht, also können wir uns für die Beurteilung der drei SUV Zeit nehmen. Wobei der etablierte Mercedes EQE 500 4Matic sozusagen als Ruhepol zwischen den beiden Neulingen und zugleich als Vorbild für Komfort und Qualität dient.

Bezogen auf den Testverbrauch von 27,4 kWh/100 km muss der Audi für 300 Kilometer Reichweite 33 Minuten tanken.
Schwächster und günstigster Kandidat?
Starten wir also mit dem Q6 e-tron als Quattro, mit einem Basispreis von 74.700 Euro. Ein Allradler also mit zwei Elektromotoren. Genauer: eine permanenterregte Synchronmaschine (PSM) an der Hinterachse mit ordentlich Leistung und Drehmoment (280 kW, 580 Nm); vorne ein Asynchronmotor, der verlustarm mitläuft oder je nach Fahrstil zusätzliche Schubkraft (275 Nm) garantiert. Als Maximalleistung verspricht Audi 285 kW (Porsche: 300 kW). Mit vollem Energiespeicher (beide PPE-SUV mit 95 kWh, aber unterschiedlichen Zellproduzenten) genug Power für einen 0–100-Wert von 5,8 Sekunden. Seine Kontrahenten sind dennoch schneller.
Den Audi-Piloten sollte es nicht weiter plagen, denn bis auf minimale Vibrationen bei rund 100 km/h harmoniert die geschmeidige Leistungsentfaltung prächtig mit dem gesamten Fahrzeug. Der Q6 ist ein geräumiger Audi mit viel Nutzwert und wenig Allüren, vereint mit einem musterhaft verarbeiteten und adretten Interieur. Lob verdienen beispielsweise die eher einfachen und doch gelungenen Sportsitze und die große Display-Komposition, umrahmt von hölzernen Dekoren und Lichtleisten. Oder die große Ablage mit zwei gut erreichbaren USB-Buchsen unter der Mittelkonsole. Dass es auch komplizierter geht, beweist übrigens der Macan.

Der Q6 überzeugt mit großen Monitoren und einer logischen Bedieneinheit in der Mittelkonsole.
Bis auf das Lenkrad und die überfrachtete Touchtastenleiste für Kindersicherung, Sitze, Spiegel und Scheinwerfer
in der Türbrüstung beim Fahrer stört im Q6 wenig. Die Bedienung des vielseitigen Infotainments ist ohnehin schnell erlernt. Selbst ein Drehknopf für die Lautstärke gönnt Audi seinen Kunden. Ein paar Zentimeter weiter sitzen die Getriebe-Wippe und eine Taste, um die Fahrmodi zu ändern.Im Falle dieses plasmablau lackierten Audi wurde sie oft gedrückt, meist zum Tausch zwischen "Comfort" und "Dynamic". Mit dem optionalen Luftfahrwerk gibt sich der Oberbayer als gemütlicher Cruiser, den kaum eine Welle aus der Fassung bringt und der nervige Stöße sorgsam pariert. Oder er strafft im sportlichen Modus seine Kennlinien, reduziert die Aufbaubewegungen und fährt sich deutlich handfester. Das Stabilitätsprogramm nimmt seine Aufgaben derweil nicht ganz so ernst und erlaubt auch mal einen zarten Drift. Wenn dich also der Hafer sticht, enttäuscht Q6 nicht. An der HPC-Ladesäule dagegen schon. Bekanntermaßen feiern Audi und Porsche ja ihre 800-Volt-Architektur, die in einer Ladeleistung von 270 kW gipfeln soll. Doch an diesem kühlen Tag zieht er maximal 213 und im Durchschnitt von 10 bis 80 Prozent lediglich 167 kW. Bezogen auf den Testverbrauch von 27,4 kWh/100 km muss der Audi für 300 Kilometer Reichweite 33 Minuten tanken. Der Macan, das sei verraten, sieht die Stromzufuhr mit 196 kW im Mittel viel sportlicher.

Größtes Manko des E-Mobils sind der Verbrauch von 29,9 kWh/100 km (Reichweite bei winterlichen Temperaturen: 357 km) und sein schwaches Ladesystem. Mehr als 170 kW Ladeleistung kann der EQE nicht bieten.
Sanft und nicht gelassen
Jetzt prüfen wir aber zunächst den EQE 500 4Matic. Mit einem Preis von 99.841 Euro, einer Länge von 4,86 Metern, 2,65 Tonnen Leergewicht und 96-kWh-Akku zählt der windschnittige SUV zu den wirklich mächtigen Stromern im Lande (und darüber gibt’s ja noch den EQS SUV). Dass Kunden ein kleines Fach unter der stark ausgeformten Motorhaube fordern, war vor rund zwei Jahren wohl nicht klar (oder technisch nicht realisierbar). Der Ladeanschluss ist hinten rechts, verborgen unter einer kleinen Klappe, die anstandslos öffnet und (elektrisch wieder) schließt – flinker und leiser übrigens als die der 800-Volt-Konkurrenten. Also müssen die Kabel in den Kofferraum, idealerweise in das Unterbodenfach, das sich im Gegensatz zu Q6 und Macan bis vor zur Rücksitzbank erstreckt und zugleich das Laderollo beherbergen kann.
Maximal erlaubt der Benz mit 1.675 Litern Volumen den Transport von reichlich Gepäck. Selbst der kantige Audi liegt 146 Liter drunter, wobei der mit einer Anhängelast von 2,4 Tonnen zur Not einen Doppelachser plus A1 Sportback zerren könnte. Aber zurück zum EQE und rein in den Fond. Der ist leicht zu entern, dank großer Türausschnitte und einer hohen Sitzposition, und so gemütlich eingerichtet, dass man gern mal innehält. Zwei kuschelige Kissen, dazu weiche, kräftig ausgeformte Sitz- und Rückenflächen, bezogen mit braunem Nappaleder, Vierzonen-Klima und sehr viel Beinfreiheit – klasse!
Noch bequemer reist man in der ersten Reihe, wenn die Multikontursitze montiert sind. "Vielfach verstellbar" wäre angesichts der Funktionsfülle noch untertrieben. Doch was ist das? Der Stoffbezug vorne links unterhalb der Oberschenkel- auflage löst sich. So, dass man (ohne große Bohrarbeiten) den bloßen Schaumstoff erfühlt. Bitter für einen fast 120.000 Euro teuren Testwagen, der ansonsten recht prachtvoll auftritt. Highlight ist natürlich der 141 Zentimeter breite Hyperscreen mit superscharfen Anzeigen und großen Widgets, die die Bedienung des umfangreichen MBUX-Infotainments erleichtern. Störend fällt nur das Lenkrad mit seinen Touchflächen auf, das Mercedes gerne abschaffen darf.

Best in class dagegen die teils frei schwebende Mittelkonsole mit großen Fächern, induktiver Ladestation und die sauber eingepasste und nützliche Bedienkonsole. Fahrmodi, Assistenten, Ladeplanung und Lautstärke lassen sich hier fast schon intuitiv regeln. Oder man lockt unterstützend die MBUX-Sprachbedienung hinzu, die kaum einen Fehler begeht und aktuell sogar vermeldet, dass der Weihnachtsmann am Nordpol wohne. Ladeplanung bis dorthin gefällig? Ähnlich Audi und Porsche vorbildlich dargestellt, inklusive Wettervorhersage und Stromkosten.
Nun sollte so ein Mercedes auch entsprechend fahren. Unser Eindruck? Ja, so ein EQE fährt mindestens imposant und in jedem Fall vielfältiger als der agile Audi. Mittels zweier PSM-Maschinen (zusammen 300 kW und 858 Nm) und geschickter Untersetzung tritt der 500er extrem vehement an. Im Sprint auf 100 km/h nimmt er dem ebenso starken Macan ganz beiläufig 0,4 Sekunden ab. Trotz 218 Kilogramm mehr auf den Achsen. Runter gen Tempo null rekuperiert der SUV in drei Stufen oder adaptiv bis zum Stillstand.
Die Bremsanlage selbst verzögert mit rund 35 Metern aus 100 km/h kräftig, sollte sich aber besser dosieren lassen. Noch bemerkenswerter ist die aufpreispflichtige Hinterachslenkung. Der Wendekreis verringert sich von 12,3 auf 10,4 Meter. Rangieren in Tiefgaragen fällt da verblüffend leicht, und über Land aus engen Kehren heraus ist der große SUV unglaublich wendig. Ist dann noch das Luftfahrwerk montiert, imponiert der EQE meist mit einem famosen Abroll- und Federungskomfort. Gullydeckel vor der Haustür oder eilig überfahrene Querfugen auf der Autobahn bringen den SUV nicht aus der Ruhe. Nur auf Landstraßen mit allerlei Verwerfungen und kleinen Wellen gerät sein Aufbau in Bewegung, wankt und wogt beträchtlich.
Besser lief es auf einer 500 Meter langen, anspruchsvollen Schlechtweg-Prüfstrecke im Bosch-Testzentrum Boxberg. Bis zum letzten Fladen (so die interne Bezeichnung) meistert er die Tortur beschwerdefrei, während Q6 und Macan einige km/h früher ans Limit geraten und kurzzeitig über ausfallende Systeme berichten.
Größtes Manko des in Alabama produzierten E-Mobils sind der Verbrauch von 29,9 kWh/100 km (Reichweite bei winterlichen Temperaturen: 357 km) und sein schwaches Ladesystem. Mehr als 170 kW Ladeleistung kann der EQE nicht bieten, und die Hoffnung darauf macht er mit maximal 144 zunichte. Entsprechend länger die Standzeiten bei den Reise-relevanten Teilladungen bis maximal 80 Prozent. Dafür füllt er seinen Stromspeicher an der Wallbox mit 22 kW zügiger wieder auf als die PPE-Geschwister mit 11 kW.

Schneller, weiter, besser?
Der Macan 4, angetrieben von zwei permanenterregten Synchronmaschinen, zeigt mit einer Ladeleistung von 286 kW im Peak, 196 kW im Schnitt und einem Energiekonsum von 27,8 kWh/100 km, wozu er fähig ist. Zur Freude des Piloten, denn umso eher kann er wieder ins Lenkrad greifen und sich am erfrischend agilen Handling erfreuen. Im ersten Test war der Macan, angetreten als Turbo, ja rüde federnd und mit Knarzgeräuschen unterwegs. Dieser 300 kW starke Vierer gibt sich handzahmer. Keine Quersperre, keine extra-performante E-Maschine hinten, aber weiterhin Luftfederung, Adaptivdämpfer und eine Hinterachslenkung mit einem maximalen Einschlagwinkel von bis zu fünf Grad – schon passt das Package.
Der Macan 4 hier fährt sehr sauber, lenkt direkt ein, hat vorne immer Grip. Untersteuern? Keine Chance. Also ruhelos auf der Geraden? Selbst das nicht. Eher verlockt er, das Heck mehr oder weniger keck quer zu stellen. Lebhafter noch als der tolerante Q6, dem die mitlenkenden Hinterräder und der kräftige PSM (175 kW) an der Vorderachse verwehrt blieben. Da verwundert es niemanden, dass der 220 km/h schnelle Macan im Sprint und im Slalom bessere Werte abliefert. Markenpolitik eben. Nahezu Gleichstand herrscht auf der Bremse.
Von Rekuperationsmodi im Stile des EQE oder Audi hält Porsche traditionell wenig. Gleiten ist angesagt oder moderat verzögern mit 0,6 m/s², aktiviert per Touchscreen, oder kräftiger mittels Adaptivtempomat, der sich ähnlich dem des Audi klassisch per Hebel und damit einfach bedienen lässt. Wichtig zu wissen: Eben auf diesem Hebel findet sich eine kleine Taste, um den aktiven Spurhalter zu regeln.

Noch wichtiger ist der Drehknopf am fabelhaften Lenkrad, um die unterschiedlichen Fahrmodi aufzurufen. Für den Alltag und die rüde Landstraße, die den EQE so hilflos erscheinen ließ, empfiehlt sich der Normal-Modus. Dann meistert der Sportstromer selbst solche Strecken angemessen verbindlich, viel ruhiger als der Mercedes und mit mehr Bodenkontakt. Ebenso akzeptabel der Federungskomfort in der City. An die gemütliche Auslegung von EQE und Q6 kommt er nicht ran. Und soll er auch nicht. Porsche bleibt Porsche.
Fein, aber auch klein
Diese Aussage wirkt noch stimmiger, sobald man den Macan abstellt und den hochwertigen Innenraum checkt. So formatfüllend der SUV auch ist, luftiges Platzangebot und ein fernreisetaugliches Innenleben standen nicht oben im Lastenheft. Vielmehr sitzt der Fahrer tief eingebettet in straffen Sportsitzen vor markentypischen Rundinstrumenten, blickt rechts auf einen nicht ideal einsehbaren Touchscreen oder sucht nach größeren Fächern. Die Fondpassagiere müssen die Beine einziehen, die schräge Dachlinie ver- eitelt den Transport sperriger Güter. Mit 1.348 Litern fällt zudem das maximale Ladevolumen nicht üppig aus. Zumindest punktet der Porsche mit einer dreigeteilten Lehne, Spannbändern und Netzen im Stile des Q6.
Und wie immer am Ende folgt nun: die Rechnung. Kunden, die einen Macan 4 mit einem ähnlich freudvollen Handling steuern wollen wie wir, müssen in jedem Fall mindestens 10.000 Euro mehr einplanen. Der Testwagenpreis liegt mit 121.674 Euro sogar über dem des EQE. Und Audi verlangt für seinen exzellenten Allround-Stromer in Vollausstattung rund 20.000 Euro weniger.
Investieren oder sparen? Schwierig. Den ersten Platz fährt jedenfalls der Porsche ein. Na, dann ist das ja geklärt. Guten Rutsch ins neue Verkaufsjahr. Für alle drei natürlich.
Porsche Macan 4 | Audi Q6 e-tron quattro | Mercedes EQE SUV 500 4Matic | |
Grundpreis | 84.100 € | 74.700 € | 99.841 € |
Außenmaße | 4784 x 1938 x 1622 mm | 4771 x 1939 x 1685 mm | 4863 x 1931 x 1685 mm |
Kofferraumvolumen | 540 bis 1348 l | 526 bis 1529 l | 520 bis 1675 l |
Höchstgeschwindigkeit | 220 km/h | 210 km/h | 210 km/h |
0-100 km/h | 5,3 s | 5,8 s | 4,9 s |
Verbrauch | 0,0 kWh/100 km | 0,0 kWh/100 km | 18,9 kWh/100 km |
Testverbrauch | 27,8 kWh/100 km | 27,4 kWh/100 km | 29,9 kWh/100 km |