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Nio-Start in Europa
Drei Modelle, Wechselakkus, eigene 500-kW-Lader

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Nio bringt zunächst drei E-Autos nach Europa und will neben Batteriewechsel-Stationen auch eine eigene Ladeinfrastruktur mit 500-kW-Superschnellladern aufbauen.

Nio ET7
Foto: Nio

Was bei Tesla Battery Day heißt, nennen VW und der chinesische Autobauer Nio Power Day – und genau den zelebrierten die Asiaten am 6. Juli 2022 und stellten neben einigen Neuheiten vor allem ihre Pläne für die Zukunft vor. Weitere Infos zum europäischen Marktstart lieferten die Nio Days in Berlin Anfang Oktober 2022.

Nio baut eigene Ladeinfrastruktur in Europa

Anders als die deutschen Autobauer, geht Nio einen besonderen Weg. Denn nicht nur, dass sie auf den Akku-Wechsel beim Auto setzen, sie wollen auch ihre eigenen Ladestationen aufbauen und ein eigenes Ladenetz etablieren. Hierzu entwickelt der chinesische Autobauer sogar eine eigene Ladesäule, deren Leistung gewaltig ist. 500 kW bei 650 A soll sie leisten und stellt damit quasi alles in den Schatten, was bisher auf dem Ladesäulenmarkt zu sehen ist. Denn aktuell kommen die meisten DC-Schnellladesäulen hierzulande nur auf 300 kW Ladeleistung, manche auf 350 kW und ein paar ganz vereinzelte, wie die ABB Terra, bringt es auf 360 kW - und sie gilt damit als eine der weltweit leistungsfähigsten Ladesäulen der Welt.

Unsere Highlights

3 Modelle, auch im Abo

In Deutschland, sowie auch in Dänemark, den Niederlanden und Schweden, sollen die drei Modelle ET7, EL7 und ET5 angeboten werden. Der ET7 ist eine große Limousine, der EL7 ein Mittelklasse-SUV und der ET5 eine Mittelklasse-Limousine. Alle bauen auf der Nio NT2-Plattform auf. Der ET7 wird bereits ab dem 16. Oktober bestellbar sein. Die anderen folgen zum Jahresende. Die Auslieferungen erfolgen ab Januar respektive ab März 2023. Angeboten werden sollten die Modelle nur im Abo mit Rund-um-Service-Paket und mit Laufzeiten von einem bis zu 60 Monaten. Da es aber wohl viele Nachfragen nach einem Kauf-Modell gab, bietet Nio seine Autos ab dem 21. November 2022 auch ohne Abo an. Die Auslieferung der Fahrzeuge mit der Kaufoption soll im Jahr 2023 beginnen.

Schon zum Jahresende, dann, wenn auch der ET7 in Deutschland an den Start gehen soll, sollen die ersten der Ultra-Schnelllader auch in China und Europa an den Start gehen – und mit ihnen auch die erste Akku-Wechselstation in Deutschland, die im Ladepark an der A8 zwischen Stuttgart und München in Zusmarshausen errichtet wurde. Eine weitere Wechselstation in Berlin steht kurz vor der Fertigstellung. Bis 2025 will Nio 1.000 Wechselstationen außerhalb Chinas bauen, die meisten davon in Europa.

Nio 500 kW Ladestation beim Power Day 2022
Nio
Nio entwickelt eine Ladestation, die mit bis zu 500 kW schnellladen soll.

Welches Auto kann überhaupt 500 kW laden?

Das Problem an der 500-kW-Ladetechnik: Kaum ein Auto kann so schnell laden. Denn selbst der Porsche Taycan, der mit seinen 270 kW Ladeleistung in der Spitze zur Ladeleistungselite zählt, liegt demnach 230 kW unter dem Potential, dass die neue Nio-Säule liefern soll. Der Grund liegt simpel in der Physik und der C-Rate begründet. Diese Rate gibt das Verhältnis von Akku-Größe und Ladeleistung an. So vertragen viele Auto-Akkus eine C-Rate von 2 – also die doppelte Ladeleistung in Bezug auf die Akku-Kapazität, ohne dauerhaft Schaden zu nehmen. Die wenigsten überstehen aufgrund der beim Laden entstehenden hohen Temperaturen dauerhaft eine C-Rate von 3. Wenn man aber einen 100 kW-Akku zugrunde legt, wie er etwa im Nio-Flagschiff ET7 zum Einsatz kommen soll, müsste man von einer C-Rate von 5 ausgehen – und selbst wenn Nio seinen angekündigten 150-kW-Feststoff-Akku ins Spiel bringen würde, würde die C-Rate noch über 3 liegen.

Nio in China fest verankert

Das chinesische Unternehmen Nio mit Hauptsitz in Shanghai hat auf dem Heimatmarkt mit EC6, ES6 und ES8 bereits drei elektrisch angetriebene SUV-Modelle auf dem Markt, seit 2021 gibt's mit dem ET7 auch ein Limousinen-Flaggschiff. Ebenfalls 2021 meldeten die Chinesen, inzwischen 100.000 Fahrzeuge produziert zu haben. Dabei sah es zwischenzeitlich gar nicht gut aus. Noch im März 2020 teilte Nio selbst mit: "Der fortlaufende Betrieb hängt von der Fähigkeit des Unternehmens ab, eine ausreichende externe Eigenkapital- oder Fremdfinanzierung zu erhalten". Das war im Juli 2020 mit Krediten chinesischer Banken über umgerechnet 1,3 Milliarden Euro geschafft. Möglich wurde das durch eine Rahmenvereinbarung mit der Stadtregierung der Provinzhauptstadt Hefei. Darin hatte sich das Unternehmen dazu verpflichtet, Fabriken und Forschungszentren in der Stadt zu bauen. Ursprünglich wollte Nio eine Fabrik in Shanghai, später eine in Peking bauen. Die Kooperation mit der Stadt Hefei aber brachte die Finanzierungszusage.

Seitdem steigen die Verkaufszahlen rasant, auch die Corona-Krise scheint dem E-Autobauer wenig zu schaden: Der Vertrieb läuft ausschließlich online, wenn auch unterstützt durch Stores in chinesischen Großstädten. Da liegt es nahe, sich auf den globalen Märkten umzuschauen. Neu ist die Idee nicht. Praktisch seit der Gründung schielen sie bei Nio auf Elektroauto-Märkte außerhalb Chinas. Inzwischen ist der Schritt nach Europa geschafft, Nio ist seit 2021 im Elektroauto-Vorzeigeland Norwegen aktiv.

Nio-Start von Norwegen aus

Seit Sommer 2021 ist der SUV ES8 über die neue Nio-App vorbestellbar. Die Abmessungen des ES8 (L x B x H: 5,02 x 1,96 x 1,76 Meter) entsprechen ziemlich genau denen des Audi Q7, nur der Radstand (3,01 Meter) ist 1,5 Zentimeter länger. Sein bis zu 100 kWh großer Akku reicht laut Nio für rund 500 WLTP-Kilometer. Das Fahrzeug wird als Sechs- oder Siebensitzer verkauft werden und kommt, wie in China, mit dem dem digitalen Assistenten Nomi, der als bewegliches Mini-Display-Männlein mittig auf dem Armaturenbrett sitzt. Wie sich der Nio ES8 auf deutschen Straßen schlägt, lesen Sie hier.

Nio Expansion Norwegen 2021
Nio
In Oslo entsteht ein vollwertiges Service- und Auslieferungszentrum. Vier weitere Standorte sollen folgen.

Erste Batteriewechsel-Station in Europa

Der chinesische Elektroauto-Produzent Nio bietet seinen Kunden neben dem Aufladen per Kabel auch die Möglichkeit an, die im Fahrzeug verbaute Batterie bei Bedarf gegen einen vollgeladenen Akku zu tauschen. Dieser vollständig automatisierte Vorgang dauert an speziell dafür errichteten Stationen nur wenige Minuten. In China wurde im Dezember 2021 bereits die 700. Nio-Batteriewechsel-Station in Betrieb genommen. Damit hat das Unternehmen sein selbstgestecktes Ziel von 500 Standorten in China bis Ende 2021 übertroffen.

Aktuell arbeitet Nio daran, seine Batteriewechsel-Stationen nach Europa zu bringen. Die entsprechende Typgenehmigung gilt für ganz Europa und umfasst auch die Batteriewechsel-Stationen. Eine erste ist nun in Lier, etwas außerhalb der Hauptstadt Oslo gelegen, eröffnet worden. Weitere Swap-Stationen kommen hinzu, sodass in Norwegen ein Power-Netzwerk entstehen wird, welches unter anderem die fünf wichtigsten Städte und verkehrsreichsten Routen abdecken soll. Zusätzlich will Nio auch sein eigenes Supercharger-Netzwerk in Norwegen aufbauen. Inzwischen haben sich die Chinesen mit Shell zusammengetan, um das Thema Akkuwechsel in Europa und China weiter voranzubringen. Laut der Vereinbarung werden Nio und Shell gemeinsam Batterielade- und -wechselstationen errichten und betreiben. Darüber hinaus können Nio-Kunden künftig auf das öffentliche Shell-Ladenetz in Europa zugreifen. In China sind bereits über 3.000 solcher Stationen am Netz.

Batteriewechsel auch für andere Marken

Gegenüber dem niederländischen Magazin Autovisie hat Nio jetzt bestätigt, dass man grundsätzlich auch dafür offen ist, seine Batteriewechselstationen auch für Elektroautos anderer Hersteller zu öffnen. Voraussetzung ist dafür aber eine Kompatibilität der Komponenten. Die Strategie ist klar: Je mehr Hersteller Autos anbieten, mit denen die Stationen angesteuert werden können, desto rentabler sind Aufbau und Unterhaltung der Infrastruktur. Zudem könnte sich Nio als Zulieferer für die austauschbaren Akkus positionieren.

Ende 2022 soll mit der Limousine ET7 das neue Flaggschiff nach Europa kommen. Das wird in China perspektivisch sogar mit Feststoff-Akkus angeboten und soll bis zu 1.000 Kilometer schaffen. Die Europa-Spezifikationen beinhalten Lithium-Ionen-Batterien. Später folgen dann weitere (kleinere) SUV, die allesamt bereits in China angeboten werden.

Nio sieht sich als Premium-Marke, die ihren Kunden maximalen Service bietet (eigene mobile Service-Fahrzeuge, Hol- und Bring-Dienste). Dafür entsteht in Oslo ein vollwertiges Service- und Auslieferungszentrum. Kleinere Standorte sind in Bergen, Stavanger, Trondheim und Kristiansand geplant. Dort finden sich dann jeweils auch so genannte "Nio Spaces", beziehungsweise in Oslo ein 2.000 Quadratmeter großes "Nio House". Dort können Kunden (und solche, die es werden wollen) tief in die Nio-Welt eintauchen.

Preise in Norwegen ab 51.000 Euro

www.nio.com
Der Nio ES8 kann für umgerechnet rund 51.000 Euro in Norwegen bestellt werden.

Ab sofort kann der Nio ES8 in Norwegen bestellt werden, ab März 2022 werden die Autos ausgeliefert. Dabei hat der Kunde die Wahl, ob er das Auto mit Batterie kaufen will oder ob er den Akku mieten möchte.

Zwei Versionen des Nio ES8 werden angeboten. Das Basismodell mit 75 kWh-Batterie kostet 609.000 Norwegische Kronen, umgerechnet etwa 59.900 Euro. Beim Abschluss eines Mietvertrags für die Batterie beträgt der Kaufpreis des Autos 519.000 Kronen (51.000 Euro). Dazu kommen monatlich 1.399 Kronen (138 Euro) für den Energiespeicher. Der Kauf rechnet sich also erst nach knapp fünfeinhalb Jahren.

Optional ist der Nio ES8 mit 100 kWh-Batterie für 679.000 Kronen (etwa 66.800 Euro) zu haben. Wird hier die Batterie für 1.999 Kronen (circa 200 Euro) gemietet, bleibt der Grundpreis des Auto mit rund 51.000 Euro gleich. Um den Kaufpreis der Batterie einzufahren, muss man das Auto sechseinhalb Jahre halten.

Nio ET7 ab 2022 auch in Deutschland

9/2021, Nio ET7 Sitzprobe 09-2021
Bernd Conrad
In Deutschland startet Nio mit der Elektro-Limousine ET7.

Norwegen hat ein Jahr Vorsprung, bevor Nio einen weiteren europäischen Markt betritt. Im vierten Quartal 2022 soll der Vertrieb in Deutschland beginnen. Hierzulande, wo der chinesische Hersteller bereits mit einem Design-Studio und seiner Europa-Niederlassung beheimatet ist, soll im ersten Schritt der Nio ET7 angeboten werden. Die Limousine basiert auf einer im Vergleich zu den SUV-Modellen weiterentwickelten Plattform. Als neuer Konkurrent zu Tesla Model S, Mercedes EQE und dem kommenden Audi A6 E-Tron wollen die Chinesen nur aktuelle Technologie auffahren.

Kameras und Sensoren, darunter auch ein Lidar-System, sind in das Design des Nio ET7 integriert. In welchem Umfang oberhalb eines erweiterten Autobahnassistenten die automatisierten Fahrfunktionen zum Marktstart in Deutschland zur Verfügung stehen werden, hängt nicht zuletzt von den Zulassungsbestimmungen ab.

Während Nio den ET7 in China ab 2022 auch mit einer 150 kWh großen Feststoffbatterie anbieten will, startet das Modell bei uns mit den von CATL zugelieferten Lithium-Ionen-Akkus. Versionen mit 70 oder 100 kWh Speicherkapazität stehen zur Wahl.

Das Vertriebs- und Kundenbetreuungs-System von Nio sieht auch in Deutschland die Eröffnung von "Nio Houses" vor. In diesen Niederlassungen wird es Showrooms, Arbeitsräume und Gastronomieangebote geben. Kleinere "Nio Spaces" außerhalb der Metropolen und Service Center sollen perspektivisch eine flächendeckende Präsenz der Marke garantieren.

Auch das Konzept der Batteriewechsel-Stationen wird Nio nach Deutschland bringen. Im Rahmen eines Abomodells können Nio-Fahrer an diesen Standorten leere Akkus gegen volle austauschen und innerhalb von wenigen Minuten ihre Reise fortsetzen. Aktuell betreibt Nio auf dem chinesischen Heimatmarkt 471 dieser Stationen. "Unser Plan sieht die Errichtung von 4.000 Batteriewechsel-Stationen vor, davon 1.000 außerhalb Chinas", erklärt Hui Zhang, Vice President Europe und Managing Director der Nio GmbH.

Der Preis des Nio ET7 dürfte sich in einem Zielkorridor zwischen den Konkurrenten Mercedes EQE (wohl ab etwa 70.000 bis 75.000 Euro) und Tesla Model S (ab 96.990 Euro) einordnen.

Fazit

Natürlich ist Nio nicht der erste chinesische Hersteller, der sich nach Europa wagt. Der Start in Norwegen ist nachvollziehbar, das macht die Konkurrenz auch nicht anders. Nio denkt aber von Beginn an eine Nummer größer: Eigene Lade-Infrastruktur, aufwändige Niederlassungen, eigener Fahrzeug-Service und die einzigartigen Batterie-Wechselstationen, die perspektivisch auch für andere Marken geöffnet werden, sind eine echte Ansage. Und durch die Kooperation mit Shell haben Kunden in Europa künftig Zugang zum schnell wachsenden Shell-Ladenetzwerk. Für das vierte Quartal 2022 ist der Start in Deutschland vorgesehen.

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