Der Kia EV6 GT ist seit Ende 2022 auf dem deutschen Markt, die zivile Version als EV6 ist bereits 2021 eingeführt worden. Im Dezember 2024 hat Kia den Vorhang gehoben und das Facelift des sportlichen Topmodells vorgestellt. Und das bringt vor allem auf technischer Seite einen ordentlichen Nachschlag im Vergleich zum bisherigen Modell.
Das Facelift des regulären EV6 hatte Kia bereits im Oktober 2024 präsentiert. Analog dazu bekommt auch der neue Kia EV6 GT als Rudelführer die Optik-Updates der Baureihe. Der überarbeitete EV6 und das GT-Modell zeigen das "Star Map"-Tagfahrlicht, dessen Grafik an Sternbilder erinnern soll. Die Frontansicht wird zusätzlich durch ein neues, flügelähnliches Stoßfängerdesign geprägt, das auch am hinteren Stoßfänger aufgegriffen wird. Am Heck wurde der Diffusor ebenfalls angepasst.
So fährt der Kia EV6 GT
Auf gar keinen Fall! Unter keinen Umständen! Es diene schließlich zum Eigenschutz, so ein Führerschein könne ja durchaus nützlich sein. Deshalb rät Kia beim Erstkontakt mit dem überarbeiteten EV6 GT, sollte auf einer öffentlichen Straße die neongrüngelbe GT-Taste (nun links statt rechts am Lenkrad) nicht gedrückt werden. Denn wenn man dann vergessen habe, den Fuß vom Fahrpedal zu nehmen, würden einen die entfesselte Leistung und die deutlich spitzere Gasannahme schnell in illegale Temporegionen befördern. Na gut, dann lieber auf einer abgesperrten Strecke. Und ja, im GT-Modus tritt einen der äußerlich nur dezent überarbeitete, knapp 2,3 Tonnen schwere Elektro-Crossover mächtig ins Kreuz. Schließlich häufen die beiden E-Motoren (je einer an Vorder- und Hinterachse) eine kombinierte Leistung von 609 PS und ein Drehmoment von 740 Nm auf, feuern beides blitzartig ab.

Die neongrüngelbe GT-Taste am Lenkrad entfesselt die komplette Leistung der beiden E-Motoren und spitzt die Gasannahme deutlich zu.
Wem es jetzt noch nicht die Darmschlingen gerade zieht, der darf gerne die neue Launch Control ausprobieren. Dann liegt die Boost-Leistung von 650 PS und 770 Nm an, die den EV6 GT in 3,5 statt 3,7 Sekunden (ohne Starthilfe, gemessen mit Virtual Gear Shift) von Null auf 100 km/h beschleunigen soll.
Mehr Leistung, mehr Gewicht
Und ja, der aufmerksame Leser hat Recht: Damit kommt der Kia EV6 GT nicht schneller aus dem Startblock als vor der Modellpflege. Weil: Der neue Akku bedingt 95 kg mehr Gewicht. Ehrlich gesagt: Ist vermutlich auch gut so, denn der Apparat fährt eh schwindelerregend schnell. Zählt ja zu den Phänomenen der Elektromobilität. Also konzentriert sich Kia auf eine bessere Fahrbarkeit, will mit einem überarbeiteten Fahrwerk inklusive Lenkung mehr Präzision mitgeben.
Dennoch will das 4,70 Meter lange Topmodell als GT verstanden werden, also als ein Wagen für die große Reise, weshalb der nun 84 kWh große Akku für eine Strecke von 450 km nach WLTP rechen soll (vorher: 77,4 kWh, 424 km). Die maximale Ladeleistung steigt von 240 auf 258 kW, weshalb Kia verspricht, dass sich der Akku von 10 auf 80 Prozent weiterhin in 18 Minuten laden lässt. Klingt gut? Ja, schon. Was auf der großen Reise eher auffallen dürfte: Der eher eingeschränkte Federungskomfort. Den Adaptiv-Dämpfern gelingt es nicht so recht, wirklich Ruhe in den Aufbau zu bekommen, speziell kurzfrequente Anregungen dringen zu den Insassen spürbar durch – und das bereits im Normal-Modus. Dann folgen noch die Straffheits-Grade Sport und GT, wobei sich der Federungskomfort in diesen Modi nicht dramatisch verschlechtert. Heißt also: Die Abstimmung ist grundsätzlich straff, die Spreizung eher gering.
Anspruch und Wirklichkeit eines Gran Turismo
Schlimm? Gar nicht mal, sie steht nur im Gegensatz zum Anspruch des Gran Turismo. Das gilt übrigens genauso für die Lenkung, die im Normal-Modus durchaus ein wenig entspannter agieren könnte. Woran die große Reise auf keinen Fall scheitert: An den straff-bequemen, viel Seitenhalt bietenden und elektrisch einstellbaren Sportsitzen mit Heizung und Belüftung. Und das Platzangebot stimmt sowieso, einzig der Kofferraum (500 bis 1.280 Liter) mag etwas flach ausfallen. Bei Bedarf ließe sich noch ein bis zu 1,8 Tonnen schwerer Anhänger mitnehmen.
Und während du so vor dich hin stromerst, wird dir bewusst, dass es trotz der grundsätzlich exaltierten Optik der EV6-Baureihe derzeit wohl wenig unauffälligere Möglichkeiten geben dürfte, derart viel Leistung spazieren zu fahren. Daran ändern sowohl die serienmäßigen 21-Zoll-Räder als auch die jetzt aufpreisfreie Metallic-Lackierung (einzig das neue, hier gezeigte Yachtblau matt kostet 980 Euro extra) nichts. Der technisch eng verwandte Hyundai Ioniq 5N trägt da schon ein wenig dicker auf.
Apropos: Ähnlich wie der Konzernbruder kann ab sofort auch der EV6 GT-Fahrer den Kurven-Fahrspaß mit einem virtuellen Getriebe zusätzlich versüßen. Es simuliert allerdings sechs statt acht Gänge, was ehrlicherweise auch reicht, passt entsprechend das Motor-Drehmoment an, simuliert also auch einen Schaltruck. Und der Sound dabei? Längst nicht so verbrennerig wie beim Hyundai, deutlich dezenter – was beides wiederum mit der GT-Idee harmoniert. Den Anspruch, auf der Rennstrecke zu beeindrucken, hat weiterhin nur der Hyundai, hält dazu entsprechende Modi für die Akku-Kühlung bereit. Der Kia EV6 GT hingegen mag gerne den leistungsstarken, bei Bedarf unterhaltsamen Alltags-Stromer geben.
Eingebauter Outlaw-Modus
Tatsächlich jongliert der Kia EV6 GT treffsicher mit Kurvenkombinationen, profitiert hier von der tadellosen Aufbaukontrolle des straffen Fahrwerks, vermittelt über die Lenkung eine ordentliche Rückmeldung, hält dich mit seinem passend dimensionierten Sitz stressfrei hinterm Lenkrad – einzig die Sitzposition fällt in Relation zur Instrumententafel selbst für einen GT etwas zu hoch aus.
Wenn jetzt zufällig noch eine Freifläche in der Gegend herumliegt, könntest du noch den Driftmodus ausprobieren. Also Taste drücken, Gas geben, Gegenlenken, Rauch produzieren? Natürlich nicht! Bitte nacheinander abhaken: Akkufüllstand mehr als 70 Prozent? Fahrzeug in P? Sport-Modus aktiviert? ESP vollständig durch langen Tastendruck vor dem linken Knie deaktiviert? Gut. Dann jetzt bei Lenkradpaddel für ein paar Sekunden gezogen halten. Erst dann leuchtet "Drift" im Instrumenten-Display auf. Jetzt kann noch der GT-Mode aktiviert werden, um alle Systeme inklusive des elektronisch gesteuerten Sperrdifferenzials an der Hinterachse (im Gegensatz zu dem des Hyundai ist die Kennlinie nicht manuell wählbar) scharf zu schalten. Dann endlich: Quer. Und wie.

Für die Gaudi auf abgesperrter Strecke steht ein Driftmodus bereit.
Wie generell bei E-Fahrzeugen aufgrund des unmittelbar reagierenden Antriebs braucht’s schon mehr Gefühl als in einer herkömmlichen Ehe, aber da geht schon was. Ordentlich sogar. Und keine Elektronik bewahrt dich vor einem Dreher, die Fahrzeugbeherrschung bleibt klar Sache des Fahrers. Sehr schön! Wichtig aber, trotz sieben Jahre Garantie auf Fahrzeug und Batterie: Nicht auf öffentlichen Straßen ausprobieren. Auf gar keinen Fall! Unter keinen Umständen!
Innenraum überarbeitet
Im Cockpit fällt als erstes neues Detail das renovierte Lenkrad auf, oben und unten abgeflacht, mit drei Speichen und "Rallye-Streifen" auf 12 Uhr-Position. Die gelbe Akzentfarbe, mit der Kia außen auch die Bremssättel des EV6 hervorhebt, zeigt sich außerdem in stärker betonten Mittelstreifen auf den Sportsitzen. Ebenfalls neu gestaltet ist das kombinierte Instrumenten-/Infotainment-Display mit speziell für den GT6 überarbeiteter Grafik und kabelloser Einbindung von Apple Carplay und Android Auto.
Preis und Verkaufsstart
Der neue Kia EV6 GT kommt in der ersten Jahreshälfte 2025 zu den Händlern, und das zu gesenkten Preisen. Trotz größerem Akku und erweiterter Ausstattung sinkt der Grundpreis um 3.000 Euro auf nun 69.990 Euro. Damit bleibt der sportliche Koreaner gerade so unter dem Preislimit von 70.000 Euro, um als Dienstwagen noch steuerlich begünstigt zu werden. Bislang startete der stärkste Kia bei 72.990 Euro. Für die Standard-EV6-Modelle hatte Kia zum Facelift den Einstiegspreis um 2.000 Euro gesenkt.