Ford reaktiviert gerade glanzvolle Auto-Namen und versteckt unter dem Blech VW-Technik. Ein echter Aufreger, sagen manche. Dabei nutzt auch Skoda für das Enyaq Coupé die MEB-Plattform. Und schon sind wir mittendrin im Vergleichstest, zu dem sich noch der Polestar 2 gesellt. Alle drei E-Autos setzen hier auf Heckmotoren mit mehr als 200 kW Leistung sowie Akku-Kapazitäten von 82 kWh. Es wird also spannend.
Schon vor dem Einstieg in den Ford kommt VW-Feeling auf: Der schwarz glänzende Schlüssel schreit "Volkswagen!". Auch Türgriffe, Sitzverstellung samt Massage- und Memorytasten, Außenspiegelsteuerung und Head-up-Display stammen unübersehbar aus dem Wolfsburger Teilelager. Schlimm? Nicht wirklich – im Enyaq ist’s ja ähnlich. Problematisch wird es erst bei den Touchflächen im Ford: Die aus den ID-Modellen bekannten Slider und vor al- lem die berührungssensiblen Flächen sorgen im Capri für Fehlbedienungen. Los geht’s mit dem ungewollten Aufheizen des Lenkrads durch den Handballen auf der Touchfläche beim Abbiegen – "we call it a Klassiker". Nächster Fauxpas: die Verstellung der Lichtautomatik beim Griff an den linken Lüftungsausströmer. Das sind nur zwei Beispiele aus einer längeren Liste.
Hochkant = hochkarätig?
Ford setzt aber auch eigene Highlights: Im Kölner Werk – einst Heimat des Fiesta – wird ein Hochkant-Zentraldisplay montiert. Das lässt sich aufrichten, was Spiegelungen reduziert. Im Infotainment-System selbst steckt zwar VW-Software, doch Ford hat die Oberfläche in seiner Sync-Optik designt, die größeren Touchkacheln machen die Bedienung leichter als im Skoda. Allerdings muss die Klimaanlage bei allen drei E-Autos via Screen geregelt werden.
Das Armaturenbrett des Capri wirkt aufgeräumt: Zwischen dem kleinen Fahrer- und dem Head-up-Display wertet eine B&O-Soundbar den Innenraum auf. Überwiegend jedoch breiten sich harte, teils billig wirkende Kunststoffe aus. Nein, so fein wie der Skoda oder so edel wie der Polestar mit seinen Echthölzern und Stoffoberflächen ist der Ford lange nicht. Ablagen sind dafür im Gegensatz zum Polestar reichlich vorhanden, besonders in der Mittelkonsole. Überhaupt liegen Platzangebot und Variabilität nah an denen des Skoda. Der Einstieg hinten gelingt im Capri am einfachsten, dank großer Türausschnitte. Im Fond geht es dabei spürbar luftiger als im engen Polestar zu, wenngleich der Enyaq noch mehr Sitzraum und die bequemere Bank mit mehr Seitenhalt bietet.
Und was ist mit dem Raum für Koffer? Nun, alle Klappen öffnen natürlich elektrisch, die Rücksitzlehnen bieten Durchladefunktionen und klappen im Verhältnis 40 zu 60 um.

Skoda hat Talent dafür, das meiste Volumen aus dem MEB herauszuholen.
Unterschiede zeigen sich nicht nur im Volumen (Ford: 572-1.505 l; Polestar: 364-1.054 l; Skoda: 570-1.610 l), sondern auch im Aufbau. Der Ladeboden des Ford ist höhenverstellbar mit zwei herausnehmbaren Elementen und in zwei Ebenen aufgeteilt; zudem gibt es wie im Polestar 2 einen Stauraum unter der Fronthaube. Der Enyaq hat diesen Frunk zwar nicht, dafür aber mehrere Fächer unterm Ladeboden. Optional sorgen Netze oder eine Kabeltasche für Ordnung, im Polestar sogar ein aufstellbarer Taschenhalter. Der Capri darf deutlich mehr zuladen, nämlich 608 kg statt 504 kg (Skoda) und 466 kg (Polestar). Letzterer kann jedoch mit 1,5 Tonnen schwerere Lasten ziehen als die beiden MEB-Autos (Ford und Skoda eine Tonne).
Skoda holt mehr raus
Dass man nicht alle günstigen Lösungen eins zu eins aus dem VW-Baukasten übernehmen muss, beweist Skoda. Die Tschechen sind ohnehin dafür bekannt, das meiste aus den Konzern-Plattformen herauszuholen. Beim frisch gelifteten Enyaq nimmt der Fahrer auf klimatisierten Sitzen mit ausfahrbaren Kopfstützen und elektrischer Verstellung Platz. Für die Fenster gibt es separate Schalter und auf dem Lenkrad echte Tasten und Walzen. Der Fahrer blickt auf ein noch größeres Head-up-Display als im Capri, und der Mittelscreen breitet sich hier im Kinoleinwand-Format aus, statt aufrecht zu thronen wie im Polestar. Dessen Tablet-artiger Touchscreen bietet die übersichtlichsten Bedienstrukturen: große Kacheln, übersichtliche Menüs – das klappt bestens. Auch die Lenkradbedienung ist schnell verinnerlicht. Zudem setzt der Polestar beim Navigieren und bei der Sprachbedienung ganz auf Google – inklusive zuverlässiger Ladeplanung sowie schneller Suche nach freien Ladestationen.

Weniger als 30 Minuten Ladezeit für 300 km Reichweite.
Bis die Akkus leer gefahren sind, dauert es jedoch: Bei hochsommerlichen Temperaturen stromern die drei mehr als 400 km weit – auf der Eco-Runde sind sogar rund 500 km und mehr drin. Und auch das Schnellladen klappt im akzeptablen Zeitrahmen (siehe Kasten rechts).
Und wie sieht es mit dem Fahren aus? Genügend Kraft ist überall vorhanden. Ein Elektromotor an der Hinterachse liefert 210 kW (286 PS) und 545 Nm bei Ford und Skoda – 220 kW und 490 Nm sind es im Polestar. Von 0 auf 100 km/h sprintet der Capri in 6,4 Sekunden – so sortiert er sich mit je einem Zehntel Abstand zwischen dem etwas stärkeren Polestar 2 und dem schwereren Enyaq ein. Allerdings werden die MEB-Autos bei 180 km/h abgeregelt, während der Polestar 205 km/h erreicht.
Beim Bremsen aus 100 km/h liefern Capri und Zweier mit rund 36 Metern (warm) stabile Werte ab. Der Enyaq braucht über einen Meter mehr. Dafür regelt der Tscheche die Reku praktisch via Lenkradwippen statt nur über einen B-Modus wie der Ford. Nahezu widerstandsloses Rollen und Einpedalfahren beherrscht jedoch nur der Polestar – einstellbar leider nur via Touchmenü.

Der Capri fährt sicher, hat einen kleinen Wendekreis und ist am schnellsten im doppelten Spurwechsel. Am harmonischsten kurvt insgesamt das Enyaq Coupé. Am Fahrspaßigsten wirkt der Polestar 2, auch wenn seine Lenkung wenig Rückmeldung bietet.
Als Einziger in diesem Trio setzt Skoda auf adaptive Dämpfer. Zwar spreizen die sich auf Wunsch ins Sportliche, doch harte Schläge sind im Enyaq im Gegensatz zum straffen Polestar nie zu erwarten. Auf Landstraße und Autobahn federt und kurvt der Skoda sehr harmonisch. Der Capri bewegt sich dagegen vor allem auf unebenem Asphalt viel zu stark und gerät in Kurven merklich ins Wanken; auch seine Lenkung agiert längst nicht so präzise wie jene im Enyaq. Die bietet die beste Rückmeldung, und die E-Maschine an der Hinterachse setzt ihre Kraft sehr gezielt ein. Die Traktionskontrolle regelt am effektivsten, ohne den Fahrspaß ganz zu kappen. Eine runde Sache also, zumal das Geräuschniveau anders als im schlecht gedämmten Capri angenehm niedrig ist.
Die feinere Alternative
Wer es einen Tick sportlicher mag, der steigt in den Polestar. Auch der Zweier wurde bereits überarbeitet – oder besser gesagt: umgebaut. So wanderte die Hauptantriebsquelle beim Single-Motor-Modell von der Vorder- an die Hinterachse. Tatsächlich kommt damit mehr Schwung ins Heck. Zwar verzichtet der 2 auf Fahrmodi, doch mit Sport-ESP erlaubt er, wie der Capri, leichte Heckbewegungen – beim kräftigen Herausbeschleunigen aus Kurven zaubert er dem Fahrer gerne mal ein Grinsen ins Gesicht.

6,3 Sekunden für den Spurt von 0 auf 100 km/h und 205 km/h Topspeed: Damit ist der Polestar 2 einen Hauch schneller als Ford und Skoda, die bei 180 km/h abregeln.
Der sitzt im Polestar 2 angenehm integriert. Die Lenkung dürfte aber mehr rückmelden, zumal sie indirekter übersetzt ist als die des Ford. Wenig verändert hat der Antriebsumzug am Platzangebot: Im Fond wird es überm Scheitel eng, und Aussteigen verlangt mitunter schlangenmenschliche Gelenkigkeit wegen der schmalen Türöffnungen. Dafür fühlt sich der Polestar in dieser Runde am hochwertigsten an.
Ob man das auch am Preis merkt? Kaum. Zwar ist der Capri mit einem Grundpreis von 55.400 Euro am kostspieligsten – vergleichbar ausgestattet sind alle drei aber rund 60.000 Euro teuer. Das ist viel Geld für Mittelklasse-E-Autos. Da wünscht man sich nicht nur die Namen, sondern auch die Preise von früher zurück.
Skoda Enyaq Coupe 85 | Ford Capri Extended Range Premium | Polestar 2 Long Range Single Motor | |
Grundpreis | 51.150 € | 55.650 € | 52.690 € |
Außenmaße | 4658 x 1879 x 1623 mm | 4634 x 1872 x 1626 mm | 4606 x 1859 x 1479 mm |
Kofferraumvolumen | 570 bis 1610 l | 572 bis 1505 l | 364 bis 1054 l |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h | 180 km/h | 205 km/h |
0-100 km/h | 6,5 s | 6,4 s | 6,3 s |
Verbrauch | 0,0 kWh/100 km | 0,0 kWh/100 km | 0,0 kWh/100 km |
Testverbrauch | 19,7 kWh/100 km | 20,3 kWh/100 km | 20,9 kWh/100 km |