Auch seine Nobelmarke Cadillac trimmt Konzernmutter General Motors konsequent auf Elektromobilität. Auf den Crossover Lyriq und den Luxusliner Celestiq folgt in absehbarer Zeit die rein elektrisch angetriebene Version des Luxus-SUV Escalade . Die bekommt in ihrer Elektrogestalt ein IQ an den Namen angehängt. Obwohl die Nomenklatur etwas hinkt, soll das IQ die Zugehörigkeit zur Cadillac-Elektrofamilie signalisieren. Offensichtlich wollte das Nobel-Label den bekannten Namen Escalade nicht komplett verwerfen.
In Europa plant Cadillac das große Comeback. Nicht nur mit dem eingangs erwähnten Lyriq, sondern auch mit dem Vistiq, dem Optiq und vielleicht sogar dem Cadillac IQ. Wobei das noch nicht offiziell bestätigt ist. Spekulationen sind jedoch erlaubt, kündigt General Motors doch sogar für den noch größeren Escalade IQL einen weltweiten Vertrieb an. Man darf sich also schonmal die Frage stellen, ob so ein Auto überhaupt für unsere Straßen gemacht ist.
Fahreindruck
Ein Klettergeschirr braucht es zum Erklimmen des Fahrersitzes zwar noch nicht, aber schwindelfrei sollte man als Fahrer doch sein. Hoch erhaben thront man über der Straße, von der kaum etwas bis zum Fahrer durchdringt. Ein klarer Fokus auf Komfort ist nicht wegzudiskutieren. Es müssen schon böse Schlaglöcher her, wenn sich der Untergrund ins Bewusstsein des Piloten drängen möchte.
Auch, weil Asphaltunebenheiten einen erbitterten Kampf um die Aufmerksamkeitsökonomie führen müssen. Es buhlen die Antriebsleistung von 687 PS, das 1,40 Meter breite Displayband im Cockpit und die schiere Opulenz des Escalade IQ um die Rolle als erste Geige im Wahrnehmungsorchester. Leistung ist in diesem Fall übrigens sinnvoll, bringt der Stromer doch an sich schon rund vier Tonnen auf die Waage. Gewicht, das man in flott gefahrenen Kurven deutlich spürt, auch wenn die Eingewöhnung in das für europäische Maßstäbe überproportional große Auto schnell gelingt.
Im "Velocity-Max-Mode" schüttet Cadillac die vielen Pfunde mit einer Extra-Prise Leistung zu. 761 PS und 1.064 Nm Drehmoment pressen den kantigen SUV jedem Luftwiderstand zum Trotz nach vorne. Mühelos gleitet der Elektro-Escalade dahin, wenn keine volle Power gefordert ist. Trotzdem: Wer die Fahrzeuglandschaft Deutschlands gewohnt ist, muss seine Bezugsgrößen im Cadillac neu kalibrieren. Im Kontext breiter Interstates und mehrspuriger Highways kein Problem. Doch auf den gewundenen Sträßchen der schwäbischen Alb mag man sich den Koloss lieber nicht vorstellen.
Obwohl der Escalade IQ auf den ersten Blick Nutzfahrzeug-Eigenschaften vermuten lässt, ist das Fahren im normalen Straßenverkehr erstaunlich Pkw-artig. Nur die Übersichtlichkeit bleibt eine Herausforderung. Die Dimensionen des Autos vom Fahrersitz aus abzuschätzen ist nicht leicht und besonders das Sichtfeld nach hinten ist erstaunlich klein. Immerhin: Die Außenspiegel sind so groß, dass sie auch in der Garderobe eines Herrenausstatters hängen könnten. Die ehrliche Antwort auf die Frage danach, ob wir den Escalade IQ in Deutschland wirklich brauchen, ist "Nein". Aber wäre es trotzdem spannend, ihn hierzulande herumfahren zu sehen? Auf jeden Fall.
Design
Als IQ bleibt der Escalade in der Elektroversion seinen kantigen Linien treu. Die Frontpartie verzichtet auf den riesigen Kühlergrill des Verbrenner-Pendants und zeichnet sich stattdessen durch ausgeklügelte Lichtspiele aus. Die Schulterlinie ist weiterhin hoch angesetzt, allerdings verläuft die Dachlinie etwas niedriger als beim Escalade ohne IQ. Zudem fließt die A-Säule an der vorderen Dachkante stärker abgerundet in das Dach. Die größten Design-Unterschiede zeigen sich am Heck, das beim Elektriker nicht gar so steil abfällt und ein kleineres drittes Seitenfenster sowie eine breitere D-Säule präsentiert. Die Heckleuchten sind ebenfalls vertikal ausgerichtet, aber unterhalb der Fensterlinie unterbrochen.
Das endgültige Erscheinungsbild hängt davon ab, welchen Charakter die Kundschaft für ihren jeweiligen Cadillac Escalade IQ wählt. Die Luxury-Version zeichnet sich unter anderem durch ein Finish mit gebürstetem Aluminium aus. Die Sport-Variante ist an ihrem dunklen Metall zu erkennen. Die General-Motors-Marke bietet sechs Karosseriefarben für den Elektro-SUV an, wobei alle mit einem schwarzen Dach kombiniert werden können.
Dimensionen
Der Escalade IQ steht auf der größten Ausbaustufe der Ultium-Elektro-Architektur von GM, die für schwere Aufgaben vorgesehen ist. Seine Plattformbrüder sind unter anderem der Chevrolet Silverado EV, der GMC Sierra EV und der GMC Hummer EV. Seine mächtigen Dimensionen kann der Cadillac Escalade IQ mit diesem Design kaum verschleiern. Er ist 5,70 Meter lang, 2,17 Meter breit (ohne Spiegel) und 1,93 Meter hoch; sein Radstand beträgt 3,46 Meter. Damit ist er nicht nur deutlich länger als der technisch eng verwandte GMC Hummer EV in dessen SUV-Variante, sondern auch als die ESV-Langversion des Standard-Escalade. Dass der Escalade IQ dennoch der laut Herstelleraussage "aerodynamischste Fullsize-SUV der GM-Geschichte" ist, liegt auch an Details wie dem glatten Unterboden, den bündig mit der Karosserie abschließenden Seitenscheiben und den selbstständig öffnenden und schließenden Klappen in den vorderen Lufteinlässen.
Batterie und Laden
Monströs fällt auch das aus 24 Modulen bestehende und als tragendes Teil in die Karosseriestruktur integrierte Batteriepaket des neuen Cadillac Escalade IQ aus. Die Kapazität des Lithium-Ionen-Energiespeichers umfasst 200 Kilowattstunden, was eine Reichweite von 724 Kilometern ermöglichen soll. Das System verfügt über eine 800-Volt-Architektur, die besonders schnelle Gleichstrom-Ladungen ermöglichen soll. Eine maximale Ladeleistung nennt Cadillac bisher nicht; im Idealfall soll der Escalade IQ in zehn Minuten gut 160 Zusatzkilometer "nachtanken" können. Er kann zudem bidirektional laden und aus seiner Batterie heraus externe Geräte und sogar Häuser mit Strom versorgen.
Antrieb
An jeder Achse sitzt jeweils ein Elektromotor, was den elektrischen Luxus-SUV zum Allradler macht und ihm schon im Normalzustand ausreichend Power beschert. Hier liegt die Systemleistung bei 505 kW (687 PS), das maximale Drehmoment siedelt sich bei 834 Newtonmetern an. Aktiviert die Fahrerin oder der Fahrer den "Velocity-Max"-Modus (maximale Schnelligkeit), steigen die Leistung auf 560 kW (761 PS) und das höchstmögliche Drehmoment auf 1.064 Newtonmeter. Cadillac nennt für den Escalade IQ einen prognostizierten Null-auf-60-mph-Wert (96,6 km/h) von unter fünf Sekunden. Mit dieser Kraft dürften sich zudem Anhänger souverän ziehen lassen; entsprechend weit oben siedelt sich die maximale Anhängelast (gut 3,6 Tonnen) an.
Fahrwerk
Das Fahrwerk des Cadillac Escalade IQ arbeitet mit Einzelradaufhängung, Luftfederung und adaptiven Dämpfern. Damit lässt sich die Bodenfreiheit vom Ausgangswert 17,5 Zentimeter auf Knopfdruck entweder bis zu fünf Zentimeter absenken oder etwa 2,5 Zentimeter anheben. Die elektrisch unterstützte Servolenkung wirkt serienmäßig auch auf die Hinterräder, die bei normaler Fahrt bis zu einem Winkel von zehn Grad einschlagen können. Bei niedrigen Geschwindigkeiten lassen sie sich sogar fast senkrecht im Radkasten positionieren, um beispielsweise leichter aus engen Parklücken herausmanövrieren zu können. Die 24-Zoll-Aluminiumfelgen sind mit Reifen der Dimension 275/50 R24 ummantelt. Dahinter sitzt die XXL-Bremsanlage, deren Scheiben hinten (356,8 Millimeter) größer sind als die vorderen Pendants (355 Millimeter).
Innenraum
Innen glänzt der maximal siebensitzige Escalade IQ mit ausladenden Platzverhältnissen, die sich vor allem beim Gepäckvolumen bemerkbar machen. Bei voller dreireihiger Bestuhlung bleiben immerhin 670 Liter für die Fracht übrig. Ist der E-SUV als Vier- (mit den optionalen Einzelsitzen in der zweiten Reihe) oder Fünfsitzer unterwegs, steigt das Kofferraumvolumen auf 1.958 Liter. Sind die beiden hinteren Sitzreihen eingeklappt, wird der Escalade IQ mit 3.374 Litern endgültig zum Lademeister. Zumal es unter der vorderen Haube ein weiteres Gepäckabteil gibt, das zusätzlich bis zu 345 Liter aufnimmt. Das feste und getönte Panorama-Glasdach optimiert das Raumgefühl zusätzlich. Die Türen öffnen und schließen elektrisch auf Knopfdruck; die Fahrertür öffnet sich sogar automatisch, wenn sich ihr eine Person mit dem Autoschlüssel nähert.
Displays und Infotainment
Als ausladend lassen sich auch die Dimensionen der Bildschirme bezeichnen. Im Armaturenbrett wölbt sich das Curved Display über fast die gesamte Breite, die insgesamt 55 Zoll (fast 1,40 Meter) beträgt. Darunter sitzt ein weiterer Bildschirm, über den spezielle Fahrzeugfunktionen kontrolliert werden, während im Fond neben Klapptischen zwei zusätzliche 12,6-Zoll-Monitore untergebracht sind. Die Bedienung funktioniert sowohl über Touch-Befehle als auch über einen Dreh-/Drück-Steller auf der Mittelkonsole. Als Gehirn hinter der Infotainment-Technik sitzt sowohl GMs neue Ultifi-Software-Architektur, die sich kontinuierlich per Over-the-air-Updates aktualisieren lässt, als auch die neueste Generation von Snapdragon-Chips aus dem Hause Qualcomm Technologies. Die Google-Technologien Assistant, Maps und Play sind ebenfalls an Bord.
Assistenzsysteme
Die Software ist auch wichtig für das Super-Cruise-Assistenzsystem, das auf weiten Teilen des nordamerikanischen Straßennetzes (GM nennt fast 644.000 Kilometer) freihändiges Fahren zulässt. Indem die Lidar-, Kamera-, Radar- und GPS-Systeme des Escalade IQ zusammenarbeiten, beschleunigt oder bremst der E-SUV eigenständig, hält den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug, bleibt mittig in der Spur oder wechselt diese, wenn es angebracht ist. Darüber hinaus ist ein prallvoll gefülltes Paket an weiteren Fahrassistenten an Bord, welche die Sicherheit auch dann erhöhen sollen, wenn der Escalade IQ nicht im Super-Cruise-Modus unterwegs ist.
Marktstart und Preis
Es dauert allerdings noch bis zum Sommer nächsten Jahres, bis die Serienfertigung des Cadillac Escalade IQ startet, der dann bereits ins Modelljahr 2025 eingegliedert wird. Der Konzern baut ihn im kürzlich für viel Geld für die Produktion der großen GM-Elektromodelle umgerüsteten Werk Detroit-Hamtramck, wo unter anderem auch der GMC Hummer EV gebaut wird. Der Hersteller nennt einen Basispreis von ungefähr 130.000 Dollar, was aktuell umgerechnet knapp 118.500 Euro entspricht.