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Zum Tode von Albert Uderzo (1927-2020)
Asterix-Erfinder und Ferrari-Sammler

Comiczeichner Uderzo ist tot. Auto Motor und Sport hat ihn 1985 besucht. Denn der Asterix-Erfinder war begeisterter Ferrari-Fahrer. Sammeln alleine wäre ihm zu langweilig gewesen. Die Geschichte von damals über einen rasanten Mann.

Albert Uderzo (1927-2020)
Foto: Wolfgang Wilhelm

Auto Motor und Sport hat Albert Uderzo 1985 in seinem Landhaus bei Paris besucht. Anlass des Besuchs war das Hobby des Zeichners: Uderzo fuhr Ferrari. Sammeln alleine wäre ihm zu langweilig gewesen. Mit Mut und festem Gasfuß bewegte er einen Ferrari 512 BB Le Mans, zum Beispiel über die Strecke Monthléry. Für die Straße besaß er einen 400i, in der Garage parkte außerdem ein blauer Renn-308. Autor Uwe Brodbeck beschrieb Uderzo damals als still, freundlich und begeisterungsfähig. Die Geschichte erschien erstmals in auto motor und sport 23/1985 und dann noch einmal als eine der besten Geschichten aus der Geschichte des Hefts, als der Titel zum 70-jährigen Bestehen eine Edition herausbrachte.

Unsere Highlights

Von Uwe Brodbeck

Die feuerfest verpackten Hände umklammern das kleine Lederlenkrad, der rechte Fuß lässt mit rhythmischen Stößen das 450 PS starke Zwölfzylinder-Triebwerk aufbrüllen. Der Mann mit den Ferrari-Aufnähern auf dem blauen Renndress und der dezenten Aufschrift "uderzo" über dem Herzen wartet auf das Zeichen seines Mechanikers, legt dann den ersten Gang ein und gibt Gas: Der feuerrote Ferrari 512 BB Le Mans entfernt sich mit durchdrehenden Rennwalzen, man hört den Fahrer bis in den 5. Gang hochschalten.

Erfinder der erfolgreichsten Comic-Serie der Welt

Albert Uderzo (1927-2020)
Wolfgang Wilhelm
Albert Uderzo war begeisterter Ferrari-Fahrer.

Als nach wenigen Minuten der Renner aus Modena mit dem aggressiven Ton aus den vier armdicken Auspuffrohren auf der heruntergekommenen Rennstrecke Montlhéry nahe Paris vorbeidonnert, sagt Christian Philippsen, Verleger der nach Micky Mouse erfolgreichsten Comic-Serie der Welt: "Das braucht er, da schöpft er neue Kraft."

Aus dem 512, der im Jahre 1978 nach 20 Stunden und in guter Position liegend das 24 Stunden-Rennen von Le Mans vorzeitig beendete, steigt nach zahllosen Runden schließlich, erschöpft und zufrieden, jener Mann, den Millionen Kinder lieben und Erwachsene schätzen: Albert Uderzo, 56jähriger Franzose und durch seine legendären Figuren Asterix und Obelix weltberühmt.

Uderzo fuhr einen Ferrari 512 Le Mans

Warum sich der freundliche, stille Ferrari-Fan mit seinen Rennautos regelmäßig auf diversen Rennstrecken Europas in Gefahr begibt und dabei kein Risiko scheut, hängt mit seiner ganz speziellen Philosophie zusammen. Während andere begüterte Menschen ihre automobilen Träume kaufen und hinter Glas stellen, lehnt Uderzo das bloße Sammeln total ab. "Ich liebe Renn-Ferraris und will sie auch entsprechend einsetzen. Was habe ich beispielsweise von einem 512 Le Mans, wenn er nur in der Garage herumsteht?"

Da der Schöpfer der streitbaren und verfressenen Gallier, zu deren Lieblingsbeschäftigung auch das Verhauen der römischen Legionäre zählt, stets das Limit auf der Rennstrecke sucht und gelegentlich auch überschreitet, sind Ausrutscher mit Folgen "schon mal drin".

Ein P2 ist ihm in Imola abgebrannt

Sein bislang eindrucksvollstes Erlebnis hatte Uderzo, der regelmäßig bei Ferrari-Clubrennen in Hockenheim, am Nürburgring und auf anderen Rennstrecken in Belgien und Italien seine Autos mit vollem Einsatz bewegt, auf dem italienischen Rundkurs Imola. Die erste Probefahrt mit seinem 1977 erworbenen Ferrari P2, der 1965 mit Bandini und Vacarella am Steuer die Targa Florio gewonnen hatte, endete dort tragisch: Mit dem für sehr viel Geld in Modena überholten Klassiker bremste Uderzo bereits die erste Schikane zu spät an, geriet über die Begrenzungssteine und riss sich dabei eine Benzinleitung ab. Das Ergebnis: der ansonsten völlig unbeschädigte P2 fing augenblicklich Feuer und verbrannte vor den Augen seines entsetzten Besitzers.

Kleines Glück im großen Unglück: Weil das Fahrgestell mit der Nummer 0828 so ziemlich als einzig größeres Teil die Flammen überlebte, kaufte es ein italienischer Ferrari-Sammler dem französischen Unglücksfahrer ab, um auf dem Fragment einen neuen P2 aufzubauen.

Die Erfolge seiner Comic-Serie haben den Franzosen Albert Uderzo reich, glücklich und unabhängig gemacht, bescheiden ist er dennoch geblieben. Seinen Fuhrpark zeigt er mit natürlicher Freude, und dass er auch von diesem Handwerk etwas versteht, verdeutlicht beispielsweise die Anlassprozedur seines blauen Ferrari 308 GTS, den er Anfang 1983 vom französischen Ferrari-Importeur Pozzi erstand und den zuvor das Rallyeteam Andruet/Biche pilotiert hatte.

Uderzo: "Ich bin halt ein echter Fan."

Albert Uderzo (1927-2020) Ferrari 308 GTS
Wolfgang Wilhelm
In Uderzos Garage parkte ein blauer Renn-308.

Uderzo, an jenem Tag mit einer blauen Jacke mit Ferrari- Aufnähern – "Ich bin halt ein echter Fan" – operiert in der unterirdischen und mit zahlreichen Autoteilen vollgestopften Garage im Motorraum des Rallye-Autos, lässt dann das hochgezüchtete Aggregat gekonnt an und steuert es – nach einer exakt dosierten Warmlaufphase – vor die prächtige Kulisse seines knapp eine Stunde von Paris entfernten Landhauses, das umrahmt ist von einem Tennisplatz, dem Hausmeister-Haus, einem großen Schwimmbad und einem überdimensionalen Hinkelstein im sorgfältig gepflegten Rasen.

Dass Uderzo heute über zwei reinrassige Renn-Ferrari und einen neuen 400i für die Straße verfügen kann, verdankt er ausschließlich seinen liebenswerten Helden, die von ihm und seinem Partner und Freund René Goscinny im Oktober 1959 in Paris gezeugt wurden. Zu jener Zeit war Uderzo ein Autofan ohne Geld, der mit Goscinny zusammen eine kleine Jugendzeitschrift namens "Pilote" herausgab, die beide Verleger als "Alternative zu den Plastikhelden der US-Comics" verstanden.

Mit Goscinny Asterix erfunden

Die Geburtsstunde von Asterix und der Beginn einer neuen Comic-Ära mit späterer Ferrari-Sammlung schlug, als Goscinny und Uderzo auf der Suche nach einem neuen Comic-Star die Geschichte durchstöberten – "von der Steinzeit an", erinnert sich Uderzo heute noch mit Vergnügen an diesen Abend in Paris.

Als Hobby-Rennfahrer Uderzo irgendwann auch mal den gallischen Nationalhelden Vercingetorix erwähnte, der – von Uderzo in dem Band "Asterix und der Avernerschild" recht plastisch gezeichnet – dem römischen Welteroberer Cäsar nach einem langen, aber verlorenen Gemetzel seine Waffen als Zeichen der Aufgabe vor die Füße warf, kam von Goscinny spontan: "Das ist er."

Er war es dann doch nicht. Die beiden Freunde wollten im Comic-Alphabet weiter vorne stehen und verfielen schließlich nach längerem Nachdenken auf den einprägsamen Namen Asterix.

Und Uderzo, der nie einen Beruf erlernt hat, dessen Vorbild von frühester Kindheit an der amerikanische Zeichner und Micky Mouse-Schöpfer Walt Disney war und der schon im zarten Alter von 14 Jahren die Schule verließ und sich als Zeichner recht und schlecht durchs Leben schlug, schmunzelt: "Wir hatten damals in der Anfangsphase schon so viel Spaß an unseren Figuren, dass wir zumindest von einem gewissen Erfolg dieser Comic-Helden überzeugt waren."

Dass es freilich eimal über 160 Millionen Asterix-Käufer auf der Welt geben dürfte, daran dachte damals keiner der beiden auch nur im Traum. 1959 hauten Asterix und sein dicker Freund Obelix in der Zeitschrift "Pilote" erstmals die Römer, dann erschien – mit einer Auflage von 10.000 Stück – der erste Band. Später ging es Schlag auf Schlag: 1965 waren es 20.000 Stück, 1967 wurde erstmals mit einem Band die Millionengrenze überschritten. Heute werden die Geschichten der tapferen Gallier in 29 Sprachen übersetzt.

Erster Ferrari war ein 365

Mit der ersten Auflage und dem Erfolg kam auch reichlich Geld ins Haus des Mannes ohne Beruf ("Den Kindern sollte man meine traurige Schulzeit eigentlich nicht erzählen"). Aber erst im Jahre 1975 leistete sich Uderzo seinen ersten Ferrari, ein Modell 365 B5, zuvor hatte der in Reims geborene Franzose die Straßen mit diversen Jaguar- und Lamborghini-Modellen unsicher gemacht.

Als der Texter René Goscinny Ende 1977 starb, schien die Serie ernsthaft gefährdet. Doch Albert Uderzo übernahm schließlich auch den schreibenden Part, seither sind alle Asterix-Abenteuer von ihm erdacht, gezeichnet und getextet. Im Durchschnitt braucht der sympathische Franzose mit dem heißen Hobby und der wunderschönen Stadtwohnung in der französischen Metropole rund zwei Jahre für ein neues Asterix-Abenteuer.

Rennen fahren zur Entspannung

Albert Uderzo (1927-2020)
Wolfgang Wilhelm
Rennen fuhr der Zeichner zur Entspannung.

Neue Ideen schöpft Uderzo, so sagt er jedenfalls, gelegentlich auch beim Rennfahren. Regelmäßig lässt er einen seiner derzeitigen Renn-Ferrari in seinem Landhaus abholen und zur unweit entfernten Uralt-Rennstrecke Montlhéry transportieren. Dort erholt er sich bei einigen flotten Runden vom Zeichen-Stress und kehrt dann gut erholt und gut gelaunt zur Arbeit an seinen Zeichentisch nach Paris zurück.

Auch sein neuestes Werk, der Band "Der Sohn des Asterix", der sinnigerweise in exakt neun Monaten von Uderzo und seinen Helfern zustande gebracht wurde, enthält einige Ideen aus schnellen Rennrunden. Wenn Rennfahren befruchtet, dann bei Uderzo: Der neue Band geht reißend, die ausgehungerte Asterix-Gemeinde kaufte im ersten Monat weltweit schon über zwei Millionen Hefte.

Solch ein Erfolg kann nicht nur mit klingender Münze belohnt werden. Der 56jährige Ferrari- Fan Albert Uderzo, dessen Landhaus zahlreiche Ferrari-Zeichnungen ziert und der neben seinen drei Modena-Modellen für den hautnahen Paris-Verkehr einen Renault 5 Turbo bevorzugt, wurde jetzt von den Chefredakteuren der französischen Comic-Schriften mit dem "Prix du Genie" ausgezeichnet – der alljährliche verliehene "Genie-Preis", so jubelte die französische Presse, traf dieses Jahr den Richtigen.

Hoffentlich, das meint aus begreiflichen Gründen auch Asterix-Verleger Philippsen, endet die erfolgreiche Serie der unbesiegbaren Gallier nicht auf irgendeiner Rennstrecke. Denn Albert Uderzo, der sanfte und freundliche Franzose mit der zügigen, aber gesitteten Fahrweise im Ferrari 400i, legt beim Besteigen einer seiner lautstarken Rennautos jeglichen Sanftmut ab. Vor allem in Montlhéry, jener ohne Leitplanken und Auslaufzonen gesicherten Mini-Ausgabe des alten Nürburgring, fährt Uderzo mit dem unbekümmerten Mut seines rauflustigen Helden Obelix um den Kurs. Eine superschnelle Linkskurve beispielsweise mit tückischen Bodenwellen bewältigt der moderne Gallier im fünften Gang und mit Tempo 280 – viel mehr geht auch bei einem Profi nicht.

Fazit

Albert Uderzo ist tot. Der 1927 in Reims geborene Comiczeichner erfand gemeinsam mit René Goscinny Asterix und Obelix, zwei Gallier, die Römer verprügeln, Wildschweine essen und zusammen ihr kleines gallisches Dorf verteidigen. Goscinny starb 1977. Ab da schreib Uderzo auch die Texte. Er war gemeinsam mit Goscinny der Erfinder einer der beliebtesten und erfolgreichsten Comic-Serie überhaupt, die mit ihrem Witz und ihren liebevoll gezeichneten Helden Kinder wie Erwachsene begeisterte. Er wird uns fehlen.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 21 / 2024

Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten