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Unser Stromnetz kommt an seine Grenzen
Reicht der Strom für die Elektromobilität?

Je mehr E-Autos unterwegs sind, desto größer wird auch der Strombedarf. Problematisch ist dabei jedoch nicht die benötigte Energiemenge, sondern deren Verteilung.

Mobilitätstest, E-Auto, Moove 0119
Foto: Dino Eisele

Liest man aktuelle Studien und Hochrechnungen, kann man schon ins Grübeln kommen. Von drohenden flächendeckenden Stromausfällen ist da die Rede – und dass das deutsche Stromnetz die steigende Zahl an E-Autos in fünf bis zehn Jahren nicht mehr bewältigen könne. In anderen Quellen heißt es dagegen, dass pro eine Million E-Fahrzeuge der Stromverbrauch in Deutschland nur um rund ein halbes Prozent steige oder um etwa 15 Prozent, würden alle 40 Millionen Pkw von nun an rein elektrisch fahren.

Die Wahrheit liegt wie so oft irgendwo dazwischen. So ist nicht die reine Strommenge das Problem, sondern deren Verteilung. Denn das Stromnetz ist besonders in der Niederspannungsebene zum Großteil noch auf ein völlig anderes Verbrauchsverhalten ausgelegt und könnte dadurch tatsächlich schnell an seine Grenzen kommen. Zum Vergleich: Ein Wasserkocher zapft für wenige Minuten etwa drei Kilowatt Strom – ein E-Auto zieht dagegen für mehrere Stunden bis zu 22 kW an einer Wallbox und belastet das Stromnetz damit viel mehr.

E-Autos belasten das Netz

Werden in den Abendstunden meh-rere Fahrzeuge gleichzeitig angeschlossen, können die Spitzenlasten mitunter in den kritischen Bereich steigen. Vor allem wenn man bedenkt, dass an ein Niederspannungskabel rund 20 Haushalte angeschlossen sind. Ein Trafo mit zehn Leitungen, der die Netzspannung auf unser haushaltsübliches Maß bringt, muss durchschnittlich also etwa 200 Abnehmer bedienen.

Für die Netzbetreiber liegt die Herausforderung nun somit darin, die Stromnetze zu modernisieren und an das neue Verbrauchsverhalten anzupassen. Die Netze BW hat daher Anfang 2018 ihre Planungsgrundsätze geändert und rüstet seitdem alle Neubaugebiete für die Ansprüche der E-Mobilität aus.

Doch auch in Gegenden mit älterer Technik muss es nicht zwangsweise zu Problemen kommen. Das zeigen zumindest die Zwischen- ergebnisse des Projektes "E-Mobility-Allee". Die Netze BW hat dort zehn Haushalte mit einem E-Auto, einer Wallbox sowie einem Batteriespeicher ausgestattet. Zwar stieg in der Folge die Maximalleistung im Netz um bis zu 22 Prozent, obwohl nie mehr als vier der zehn Fahrzeuge gleichzeitig am Stecker hingen. Es wurde aber auch deutlich, dass Pufferspeicher das Netz deutlich entlasten können.

Viel wichtiger ist es, für E-Fahr-zeuge zukünftig ein intelligentes Lade-management zu nutzen, das den Strom gleichmäßig verteilt. Stehen beispielsweise mehrere Autos die ganze Nacht, könnten sie entweder nacheinander oder mit stark reduzierter Leistung geladen werden. Laut einer Oliver-Wyman-Analyse wäre der Netzausbau sogar überflüssig, würden mindestens 92,5 Prozent der E-Autos flexibel aufgeladen. In Kombination mit speziellen Tarifen, die zu lastschwachen Zeiten den Strom günstiger anbieten, ließe sich damit sogar Geld sparen.

Ist das nun reine Zukunftsmusik? Schließlich kursieren immer wieder Gerüchte, nach denen private Wallboxen und Lademöglichkeiten von den Netzbetreibern regelmäßig abgelehnt würden, angeblich wegen fehlender Kapazitäten. Angesichts einer neuen EU-Verordnung, nach der bei Neubauten und größeren Sanierungen mit mehr als zehn Parkplätzen zwingend Vorverkabelungen für Ladestationen eingerichtet werden müssen, sorgt das oft für Verun- sicherung. Zumal das Schuko-Laden an der normalen Haushaltssteckdose ausdrücklich nur als Notlösung vorgesehen ist.

Engpässe beim Netzausbau

Fakt ist, dass alle Netzbetreiber in Deutschland per Gesetz zum Netzausbau verpflichtet sind, falls es nötig ist. Daher gibt es eine Meldepflicht für Wallboxen, um den Strombedarf zu erkennen. Zu Einschränkungen kann es jedoch kommen, wenn der Netzausbau länger dauert als geplant. Dann darf im Zweifel nicht die volle Leistung abgerufen werden. Allerdings bieten einige Netzbetreiber für solche Fälle Überbrückungslösungen wie Batteriespeicher oder spezielles Energiemanagement an.

Ein weiterer limitierender Faktor ist die Anschlusssicherung des Hauses, die für die neuen Anforderungen oft nicht ausreicht. Denn im Normalfall deckt diese bei einem Einfamilienhaus 50 Ampere ab, was einen Leistungsbezug von 30 kW zulässt. Wer nun eine 22-kW-Wallbox installieren möchte, benötigt meist eine Erhöhung der Sicherung auf 63 Ampere. Die gibt es zwar nicht ganz umsonst, doch im Verhältnis zu den übrigen Kosten ist der fällige Baukostenzuschuss von aktuell knapp 430 Euro kaum der Rede wert.

Fazit

Im Prinzip ist genug Strom für alle da. Wird die Technik für dessen Verteilung aber nicht modernisiert und kein intelligentes Energiemanagement genutzt, kommt unser Stromnetz an seine Grenzen.

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Erscheinungsdatum 03.07.2024

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